Merken

Weißes Gold als Traumberuf

Gemeinsam mit ihrer Mutter hat Cornelia Mitzlaff die Tradition des Porzellans in Freiberg vor dem Aus bewahrt. Mit dem Geschirr frühstücken Promis.

Teilen
Folgen
NEU!
© Wolfgang Schmidt

Von Ramona Nagel

Die Lust am Schenken beschert auch einem Betriebsverkauf die umsatzstärkste Zeit im Jahr. Da darf nichts schiefgehen. Geht es oft aber doch. Wenn etwa kurz vor dem vierten Advent eine Verkäuferin krank wird, die Chefin einspringen muss und ausgerechnet an dem Tag Redakteurin und Fotograf vor der Tür stehen. „Kein Problem, das schaffen wir“, sagt Cornelia Mitzlaff freundlich bestimmt. „Notfalls müssen wir kurz unterbrechen.“

Das Geschäft in Freiberg ist gut besucht. Unmittelbar vor Weihnachten werden Vasen, Becher und Schalen gesucht, auch komplette Services. Vor allem junge Leute statten sich wieder komplett aus – einige Zeit war das Speise- oder Kaffeeservice in dieser Altersgruppe verpönt. „Schönes Porzellan gehört mittlerweile wieder für viele Menschen zum Alltag“, sagt die Chefin der Freiberger Porzellan GmbH.

Sie kann das gut nachvollziehen, denn sie ist mit Porzellan aufgewachsen. Ihre Mutter Gisela Schubert hat viele Jahre als Finanzbuchhalterin in dem Werk gearbeitet. Eigentlich hatte die Tochter keine Pläne, ebenfalls dort einzusteigen. Das änderte sich, als 1999 das Aus für das Unternehmen kam. Cornelia Mitzlaff hatte damals gerade ihr Diplom als Betriebswirtin in der Hand. Mutter und Tochter entschlossen sich, die Tradition des Freiberger Porzellans nicht sterben zu lassen. „Es wäre schade drum gewesen, wir lieben Porzellan“, sagen beide Frauen. Dass es kein einfacher Weg würde, wussten sie. Ob sich Privatkunden neues Geschirr leisen, das hängt oft auch von der wirtschaftlichen Großwetterlage ab. Und Großkunden suchen zwar schönes Geschirr, es muss aber vor allem billig sein. Und billig, das bedeutet China.

Doch all das schockte Mutter und Tochter nicht. „Meine Eltern waren immer selbstständig, und wir wussten deshalb, was auf uns zukommt“, sagt Gisela Schubert. Ihre Eltern betrieben das weit über die Stadtgrenzen der Bergstadt bekannte Eisenbahn-Spielzeuggeschäft Schöne.

Mit der Unternehmensgründung am 1. August 2000 erhielt die über einhundert Jahre alte Freiberger Porzellantradition eine neue Chance. Sechs Mitarbeiter hatte der neue Betrieb – und zwei Großkunden. Am neuen Standort in der Zuger Straße in Freiberg wurde in moderne Fertigungstechnik investiert. Trotz moderner Technik ist und bleibt Porzellanherstellung Manufakturarbeit in einem sehr aufwendigen Prozess. Aus Kaolin, Sand und Feldspat wird die Rohmasse gemischt. Nachdem der Rohling in der Gießerei, an der Drehmaschine oder in der Druckmaschine gefertigt wurde, wird er zum ersten Mal gebrannt. Danach erfolgen Glasur und Glattbrand. Nun werden die weißen Produkte dekoriert – mit Druckmotiven, Gold- oder Farbrand, durch Handmalerei oder farbiger Gestaltung in der Spritzkabine. Abschließend erfolgt der dritte und letzte Brand. Nach dem Inglasurbrand bei zirka 1 200 Grad ist das Freiberger Porzellan auch spülmaschinenfest.

Mitzlaff gerät ins Schwärmen, wenn sie von der Entwicklung neuer Produkte und dem Verkauf erzählt. „Wir haben viele Ideen und sicher auch das Gespür dafür, was bei den Leuten ankommt.“ Es macht ihr viel Spaß, das auf Messen zu präsentieren. Sie gewann auch prominente Abnehmer. So frühstücken täglich bei „Volle Kanne“ im ZDF Moderatoren und Gäste mit Porzellangeschirr aus Freiberg. Kurz davor verlost das „Morgenmagazin“ Moma-Becher aus der Bergstadt. Als Miniaturen gibt es Freiberger Dom, Semperoper und Dresdner Frauenkirche. Deren Fenster werden mit der Hand ausgeschnitten.

Mit ihrem Marketingtalent waren die Chefin und ihre Mitarbeiter wieder erfolgreich: Beim Semperopernball am 30. Januar wird auf jedem Tisch eine Miniatur des Hauses stehen. „Das wird klasse“, freut sich Cornelia Mitzlaff. Sie weiß, dass jeder der mehr als 20 Mitarbeiter mit Wissen und Können zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Deshalb ist es ihr auch wichtig, dass die Frauen und Männer den Kopf frei haben dürfen, wenn jemand in der Familie krank ist. Den Schritt in die Selbstständigkeit hat Cornelia Mitzlaff nie bereut. Man müsse sich nur sehr gut organisieren. Das schließt auch die Kinderbetreuung ein.

Bei der Geburt des ersten Kindes war sie faktisch vom Betrieb in den Kreißsaal gefahren. Nach 14 Tagen Pause war die junge Mutter zurück. Auch nach der zweiten Geburt gab es nur eine sehr kurze Pause. „Mehr Kinder kann man sich aber als Unternehmerin nicht leisten“, bedauert die Freibergerin. Sie ist sicher, dass der Nachwuchs die Liebe zum Porzellan geerbt hat und in das Familienunternehmen einsteigen wird. „Ich hoffe natürlich auf neue Ideen und auf neue Geschäftsfelder.“ (fp)

Außerdem wurden vorgeschlagen: Andreas von Bismarck, Strickmaschinenfabrik Terrot GmbH in Chemnitz; Carl Berninghausen und Christian von Olshausen, Anlagenbau Sunfire GmbH in Dresden