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Weinböhla hilft

Eine Initiative aus 40 Bürgern engagiert sich seit Juni für Asylbewerber im Ort. Wolfgang Rottig hat sie ins Leben gerufen.

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© Arvid Müller

Von Nicole Czerwinka

Weinböhla. Im Schulungsraum Am Querweg 13 hängen große, eng beschriebene Merkzettel an den Wänden. „Ich bin, du bist, wir sind“, ist darauf zu lesen. Alltägliche Wendungen wie „Guten Tag“, „bitte“ und „danke“, stehen in sauberer Schreibschrift dazwischen. Wolfgang Rottig gibt hier zusammen mit seiner Frau jede Woche Deutschunterricht für die Asylbewerber.

Er hat damit im Juni angefangen, weil er etwas tun wollte. „Das ist meine Antwort auf die Pegida-Bewegung in Dresden“, sagt Wolfgang Rottig. Er war früher Lehrer für Sport und Geschichte am Franziskaneum in Meißen, hat lange im Coswiger Stadtrat mitgewirkt, auch im Kreisrat. Jetzt wohnt er in Weinböhla und hat gesehen, was die Initiative „Coswig – Ort der Vielfalt“ in der Nachbarstadt in kurzer Zeit auf die Beine gestellt hat. „Ich wollte in Weinböhla einfach anfangen, gar nicht erst lange fragen“, sagt er. So begannen er und seine Frau in Absprache mit der Diakonie, Deutschkurse für die Asylbewerber in der Weinböhlaer Sammelunterkunft anzubieten.

Auch eine Fahrradwerkstatt gibt es

„Der Tisch war in der ersten Stunde sofort voll besetzt, etwa zehn Flüchtlinge waren da“, sagt Wolfgang Rottig. Er sagt auch: Nicht jeder kommt regelmäßig zum Unterricht, nicht alle bleiben am Ball. „Unsere eifrigsten Schüler kommen aus Albanien und dem Kosovo. Das sind die, die auch die wenigsten Aussichten haben, hierbleiben zu dürfen“, erzählt er. Dann gab es da eine Familie mit drei Kindern. „So aufmerksame Schüler hatte ich noch nie“, sagt Rottig. Er sei niemand, der alles rosarot male: „Natürlich ist es schwierig, viele Kulturen unter einen Hut zu bringen. Doch oft sind es ganz einfache Dinge, die den Flüchtlingen ihren Aufenthalt hier erleichtern.“

Unter dem Motto „Weinböhla hilft“ ist aus seinem Engagement inzwischen eine Initiativgruppe gewachsen, die mittlerweile rund 40 Mitglieder zählt. Neben dem regelmäßigen Deutschunterricht organisieren sie für die Flüchtlinge eine Fahrradwerkstatt, helfen ihnen bei Behördengängen und haben bereits eine Begrüßungsmappe für die Asylbewerber ausgearbeitet. Die soll ihnen demnächst helfen, sich mittels Stadtkarten, Fahrplänen und den wichtigsten Infos schnell in Weinböhla zurechtzufinden. Daneben ruft die Gruppe auch zur Nachbarschaftshilfe auf, will ältere Mitbürger aus Weinböhla unterstützen. Eine kleine Seniorengruppe trifft sich regelmäßig zum Kaffeekränzchen im Kiz.

Wolfgang Rottig freut sich, dass seine Initiative von den Weinböhlaern so schnell Zuspruch bekommen hat. „Bei jedem Treffen der Initiative sehe ich neue Gesichter, das ist schön“, sagt er. Zudem kommen die Unterstützer nicht nur aus dem Ort, auch ein Kampfsportverein aus Dresden hat seine Hilfe angeboten. „Die haben die Flüchtlinge zu einem Grillabend eingeladen und das Heim in Weinböhla auch besucht. Sie haben Sportgeräte organisiert und Karten für ein Spiel von Dynamo Dresden gesponsert“, sagt Wolfgang Rottig.

Übung für Behördengänge

Er zeigt auf die alte Schiefertafel und ein paar Schulbücher. „Die Tafel haben wir vom Hausmeister der Oberschule gestellt bekommen. Die Bücher habe ich besorgt“, sagt er. Zum Glück konnten die Flüchtlinge alle das lateinische Alphabet. „Mit Englisch kann man sich weiterhelfen, wenn jemand gar nichts versteht.“ Wolfgang Rottig hat für die Asylbewerber einen Personalbogen erstellt, in den sie die wichtigsten Daten zu ihrer Person auf Deutsch eintragen müssen. Eine Übung, die sie auf Behördengänge in Deutschland vorbereiten soll.

Nach wie vor sucht er für die Initiativgruppe aber Unterstützer. „Ich fände es schön, wenn einzelne Personen auch Patenschaften für einen Asylbewerber übernehmen und ihn unterstützen“, sagt er. Interessierte Bürger können sich jederzeit melden oder zum monatlichen Treffen von „Weinböhla hilft“ erscheinen.

http://weinboehla-hilft.xobor.de