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Weihnachten beim Töpfer

Familie Kannegießer aus Neukirch schaut auf ein gutes Jahr zurück. Nicht nur wegen der Striezelmarkttassen.

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© Steffen Unger

Von Constanze Knappe

Das Frühstück mit den Kindern ist Familie Kannegießer wichtig. Erst recht heute am Heiligabend. Danach muss Andreas Kannegießer noch einmal in die Firma. Zwar sind in der Neukircher Töpferei seit Montag die Brennöfen kalt und die Mitarbeiter der Produktion bis zum Beginn des neuen Jahres in Betriebsruhe, für den Chef gibt es dennoch einiges zu tun. Im Büro wartet noch ein Stapel Arbeit auf ihn.

In der Auftragsbearbeitung und dem Versand wird ebenfalls gearbeitet. Abgesehen vom Fabrikladen direkt neben der Töpferei und einem Geschäft in Berlin betreibt das Unternehmen keine Direktvermarktung, auch nicht übers Internet. Man beliefert Fachgeschäfte und freie Händler und möchte denen keine Konkurrenz machen. Auch auf Märkten ist das Unternehmen nicht zu finden – mit Ausnahme des Töpferfestes in Neukirch.

Waren gehen bis nach Japan

Die SAXONIA Feinsteinzeug Manufaktur, so der Name der Töpferei, beliefert Läden von Bautzen bis Tokio. Die Japaner mögen Teetassen und Bratapfeldosen ebenso wie komplette Gedecke mit Tellern und Tassen. Hauptsache made in Germany. Die wenigsten Geschäfte haben heutzutage noch große Lager. Im Advent wird richtig viel Keramik verkauft, umso wichtiger sei die pünktliche Nachlieferung, sagt Silke Kannegießer. Was bis heute nicht in den Läden ist, wird zwischen Weihnachten und Neujahr geliefert. So manche Kundin möchte da ihren Gutschein von Weihnachten einlösen. Es wird dann aber auch Keramik gekauft. Besonders gern von Menschen, die auf Weihnachtsurlaub in der Oberlausitz weilen. Ausländer bevorzugen klassische Dekore. Also die Oberlausitzer Schwämmelmalerei, die ausschließlich per Hand aufgetragen wird. Blau mit weißen Pünktchen, so wie es die Kannegießer Keramik seit 1824 gibt.

Alles in allem sind in dem Handwerksbetrieb 1 000 verschiedene Artikel in diversen Dekoren zu haben. Wie das mediterrane Geschirr mit der Olive. Das steht bei Kannegießers auf dem Frühstückstisch. „Auch bei jungen Leuten, die das von ihrer Oma her noch so kennen, geht der Trend wieder zu Keramikgeschirr“, hat Silke Kannegießer beobachtet. Zwischen den Jahren ist der Laden neben der Töpferei geöffnet. Die Neukircher bummeln da gern mit ihren Besuchern hin. Dann steht außerdem die Inventur an, bevor in der ersten Woche des neuen Jahres die Vorbereitungen auf die Messen beginnen. In München und Hamburg, wo im Januar die Trends der Branche vorgestellt werden, ist die Töpferei Kannegießer seit Langem vertreten. Und mit den Ohren direkt an den Wünschen des Fachhandels.

Mails aus ganz Deutschland

Vor einigen Wochen geriet der Neukircher Familienbetrieb in die Schlagzeilen. Ein Großauftrag mit 100 000 Glühweintassen ist für die Töpferei nicht alltäglich. Schon gar nicht für den Striezelmarkt. Dazu kommen in den nächsten Jahren je 50 000 Tassen „für den Schwund“. Von den Verantwortlichen in Dresden ist eingeplant, dass viele Besucher die Tasse als andenken oder Sammelstück mit nach Hause nehmen. Die Töpferei bekam etliche Mails aus allen Ecken Deutschlands. Mit der Bitte nach eben dieser Glühweintasse. „Leider hat nicht jeder verstanden, dass die nicht frei verkäuflich ist“, so Andreas Kannegießer. Die Becher sind begehrte Dresden-Souvenirs. Wer einen haben möchte, muss sich auf den Striezelmarkt begeben und dort einen Glühwein trinken. Bis heute 14 Uhr ist das möglich.

Kannegießers waren auf dem Striezelmarkt und haben dort Glühwein getrunken. Aus den in Neukirch hergestellten Tassen.- „Es war ein schönes Gefühl, wenn man in den Buden unsere Tassen zu Türmen aufgestapelt sieht“, sagt Silke Kannegießer. Ansonsten hatten sie und ihr Mann im Advent wenig Zeit für einen Glühwein. Höchstens mal abends, wenn die Kinder im Bett lagen.

Seit September haben die 30 Mitarbeiter, darunter acht Lehrlinge, in zwei Schichten für den Striezelmarkt gearbeitet. Der Auftrag wurde „ein toller Erfolg“. Die nach dem Design des Dresdners Thomas Kühn gefertigten Tassen kamen super bei den Kunden an. Am Freitag verließ der letzte Becher die Töpferei Richtung Dresden. Der Auftrag ist auf mehrere Jahre ausgelegt. Nachdem er im Spätherbst bekannt wurde, bekam das Unternehmen Anfragen auch aus anderen Städten.

Glühwein am liebsten aus großen Keramikbechern

Die Mitarbeiter im Versand wechseln sich ab beim Dienst über Weihnachten. Diesmal hat Silke Kannegießer ab Heiligabend frei. Sehr zur Freude von Martin und Franz. Mit ihrer Mutter schmücken die beiden am Vormittag den Baum. Wie alle anderen Kinder können es die Jungs im Alter von 8 und 6 Jahren kaum erwarten, dass endlich der Weihnachtsmann kommt. Gegen 14 Uhr schaltet Andreas Kannegießer das Licht in der Firma aus. Wenn der 51-Jährige nach Hause kommt, sind die Kinder ziemlich aufgedreht. Sie werden heute im Kirchenchor mitsingen. „In der Zwischenzeit legt der Weihnachtsmann die Geschenke unter den Baum. Dann geht es zum Essen zu den Schwiegereltern“, erzählt seine Frau. Am Abend wieder zu Hause, heißt es dann Beine hoch, so die 46-Jährige. Für Kannegießers ist Weihnachten ein Familienfest. Sie freuen sich auf ihre Geschwister und die Oma, die weiter weg leben. „Es ist schön, wenn alle mal wieder zusammen sind“, sagen sie. Martin und Franz genießen es, dass ihre Eltern mehr Zeit haben, sie alle zusammen rausgehen, miteinander spielen oder auch mal gemeinsam ein Märchen anschauen. Sicher gibt es da ab und an auch einen Glühwein. Eine Lieblingssorte haben Andreas und Silke Kannegießer nicht, sie probieren gern außergewöhnliche Sorten. Den ersten trinken sie Ende November, wenn es kalt genug ist. Den letzten wohl im Februar. Am liebsten aus großen Keramikbechern. 550 Milliliter passen da rein, deshalb ebenso bestens geeignet für einen duftenden Weihnachtstee. „Es ist auch das richtige Kaffeemaß für den Morgen“, sagt Silke Kannegießer. Sie weiß das aus eigener Erfahrung, hat es aber auch schon von Kunden bestätigt bekommen. Na dann, frohe Weihnachten!