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Wege übers Land

Im Herbst wurde der neue, alte Kirchweg von Röhrsdorf nach Klipphausen eingeweiht. Jetzt ist er schon wieder zerfahren.

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© U. Lemke

Von Udo Lemke

Klipphausen. Fährt man durch den Kreis – dann kann man leicht den Eindruck gewinnen, sich in einem Land ohne Wege zu befinden. Ein riesiges Feld reiht sich an das andere, die einstigen Feld- und Wirtschaftswege, die bis zur Kollektivierung in den 1950er und 1960er Jahren die unzähligen kleinen Ackerflächen und Wiesen verbanden, sind längst untergepflügt oder aufgegeben worden. Die Folge: Vielerorts kann man sich die Landschaft nicht mehr erlaufen. Das vernetzte Biotopsystem, das die Wege mit ihren Rainen und Bäumen und Büschen darstellten, ist verschwunden. Und damit auch Lebensraum für Kräuter, Insekten und das Niederwild – vom Feldhasen über das Rebhuhn bis zum Fasan. Mit den Wegen und Rainen ist auch ihre Funktion, die Erosion durch Regen und Wind zu bremsen, verschwunden.

Einen weiteren Schlag für die Wege übers Land gab es nach 1989, als viele Besitzer Land verkauften und die bewirtschaftenden Agrargenossenschaften weitere Flächen zusammenlegten. Den letzten Rest allerdings gab es nach 2005. Denn da stellte die EU die Förderung der Betriebe komplett von den Produkten auf die Flächen um. Seit dem ist es nebensächlich, was auf der Fläche wächst, solange nach vorgegebenen Standards produziert wird. Das heißt: Je mehr Fläche ein landwirtschaftlicher Betrieb hat, desto mehr Förderung kann er beantragen. In der Konsequenz verschwanden weitere Feldwege und -raine, ja es wird bis an die Bankette der Straßen herangeackert, um möglichst viel Fläche für die Förderung melden zu können.

Dass neue Wege angelegt oder alte buchstäblich wieder hervorgeholt werden, ist vor diesem Hintergrund die große Ausnahme geworden. Allerdings gibt es immer wieder Beispiele dafür. Eines ist der neue Kirchweg, der die Kirche in Röhrsdorf mit dem Schloss in Klipphausen verbindet. Eigentlich ist der Weg ja uralt, denn schon Anfang des 16. Jahrhunderts hatte ihn die Herrschaft auf Schloss Klipphausen anlegen lassen, um auf der kürzesten Strecke – zwei Kilometer – zum Gottesdienst nach Röhrsdorf zu kommen.

„Der Weg wird in für mich unerwartetem Maße von den Bürgern und von Touristen angenommen“, erklärt Christoph Rechenberg, der Röhrsdorfer Pfarrer und einer der entschiedensten Förderer des Projektes. Ein anderer Förderer war und ist die Gemeinde Klipphausen, die den neuen Weg – der eine etwa fünf Kilometer lange Rundwanderung über die Neudeckmühle ermöglicht – als Baustein in ihrem Tourismuskonzept betrachtet. Immerhin 10 000 Euro hat sie für die Instandsetzung des Weges, dessen Flurstück der Gemeinde gehört, ausgegeben. Als der neue, alte Kirchweg im vergangenen Oktober eingeweiht wurde, waren mehr als 100 Bürger dabei.

Nun allerdings, nur ein halbes Jahr später, gibt es Grund zum Ärger. Der Wanderweg wurde durch Gülle verschmutzt und Traktoren und Anhänger haben zum Teil tiefe Spurrinnen hinterlassen.

Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Der Bewirtschafter der an den Kirchweg angrenzenden Flächen, Bernhard Probst vom Ökolandwirtschaftsbetrieb Vorwerk Podemus, „hat uns zugesichert, dass er künftig rechts und links des Kirchweges einen anderthalb bis zwei Meter breiten Ackerrandstreifen stehenlassen will“, sagt Pfarrer Rechenberg.

Und für Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann ist klar, dass der Kirchweg ein Wanderweg und kein Wirtschaftsweg ist, „denn bis zum vergangenen Jahr konnten ihn die Landwirte ja auch nicht benutzen“.