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Weg mit dem Kraut

Dresden verzichtet auf den Einsatz von Glyphosat auf öffentlichen Plätzen und Wegen. Wie sieht es damit in Freital aus?

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Andrea Schawe

Freital. Feucht und warm: Bei diesem Wetter schießt das Gras quasi in die Höhe. Und mit ihm auch das Unkraut. Es sprießt aus den Ritzen des Kopfsteinpflasters, gedeiht an Rändern von Radwegen und Straßen, umringt Laternen und Straßenschilder. Was tun? Jäten oder spritzen?

Die Landeshauptstadt Dresden hat nun angekündigt, ab sofort auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verzichten, die Glyphosat enthalten. Bisher wurde das Pflanzengift in Grünanlagen, auf Spielplätzen, an Straßenrändern und auf Friedhöfen eingesetzt, teilte die Dresdner Stadtverwaltung mit. Das Pestizid steht im Verdacht, krebserregend zu sein. „Gerade in Parkanlagen und auf Spielplätzen kommen etwa Kinder immer wieder mit dem Boden in Berührung. Gift hat dort nichts zu suchen“, begründet Dresdens Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) die Entscheidung. Glyphosat und andere Pflanzenschutzmittel würden jeglichen Wildpflanzenwuchs beseitigen, sodass Insekten und Vögel keine Nahrung mehr finden. „Es ist ein Gewinn für uns alle, wenn wir bedrohten Vogel- und Insektenarten in einer grünen Stadt Lebensräume und Nahrung geben.“

In Freital war man einen Tick schneller. Schon seit Beginn des Jahres verzichtet die Stadt vollkommen auf glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel, sagt Rathaussprecher Matthias Weigel. Bis Ende 2015 hat die Stadt die Wege in öffentlichen Grünanlagen noch mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln spritzen lassen, um einem starken Unkrautwuchs zuvorzukommen – allerdings nur in sehr in geringen Mengen, sagt Weigel. Nötig waren zwei Spritzgänge pro Jahr.

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist auch aufwendig. Wo Pflanzenschutzmittel zulässig sind, regelt das Pflanzenschutzgesetz. Demnach sind nur Flächen erlaubt, die landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden. Für Ausnahmen zum Einsatz im öffentlichen Raum braucht es eine Genehmigung vom Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, erklärt Weigel. Die Einsätze müssen nachweislich dokumentiert werden. „Für das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln bedarf es einer zusätzlichen Qualifikation und einer gesonderten Genehmigung“, sagt der Rathaussprecher. Diese Genehmigung gibt es dann nur für eine begrenzte Zeit und mit sehr hohen Auflagen, etwa indem ganz konkret die Fußwege benannt werden, auf denen das Mittel zum Einsatz kommen darf. Überwiegend wird das Unkraut auf Wegen und Flächen in der Stadt weggebrannt oder per Hand entfernt. Bei ersterem Verfahren rücken die Unkrautvernichter dem Grün mit Abflamm- oder Infrarotgeräten zu Leibe. Das ist vor allem auf befestigten Flächen geeignet, birgt aber Gefahren für benachbarte Pflanzen. Mechanische Verfahren, also das klassische Jäten mit Hackgeräten oder Wildkrautbürsten, brauchen stets jemanden, der sie bedient – und sind deshalb personalaufwendig. Die Freitaler Stadtverwaltung vergibt die Arbeiten an externe Gärtner.

Der Verzicht und geringere Einsatz an chemischen Mitteln könne dazu führen, dass Wildkräuter vermehrt auf öffentlichen Flächen sprießen. „Generell werden keine Spielflächen aufgrund der Nutzer und auch keine Flächen in Gewässernähe gespritzt“, sagt Weigel.

Dass nicht willkürlich Chemie genutzt werden kann, liegt auch am Schutz des Grundwassers. In den Wasserwerken der Drewag untersuchen Fachleute, ob sich Reste von solchen Mitteln finden. Dazu zählen etwa Herbizide, Fungizide und auch Glyphosat, so Drewag-Sprecherin Gerlind Ostmann. „In der Trinkwasserverordnung ist der Grenzwert für einzelne Wirkstoffe mit 100 Nanogramm je Liter, der für die Summe aller Wirkstoffe mit 500 Nanogramm festgelegt.“ Die meisten dieser Stoffe werden aber schon im Rohwasser, also vor der Aufbereitung, nicht nachgewiesen. „Ein tendenzieller Anstieg in unseren Wasserwerken ist nicht erkennbar.“

Freital hat in diesem Jahr die Flächen, die mit Herbiziden gespritzt werden, nochmals stark reduziert. „Es kommt nur noch das auf pflanzlicher Pelargonensäure basierende Finalsan zum Einsatz“, sagt Weigel. Mit diesem Unkrautmittel muss aber etwa fünfmal im Jahr gespritzt werden. Ganz verzichten könne man darauf nicht. Um eingeschleppte Pflanzenarten wie den Riesenbärenklau zu bekämpfen, braucht man weiter Herbizide. (mit SZ/hoe/jf)