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Weberin, Aktivistin und Abgeordnete

Die SZ erinnert an Gebäude und Menschen, die jeder kennt, die aber nicht mehr da sind. Heute: Die Zittauer Weberin und Aktivistin Frida Hockauf.

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© SZ/Archiv

Von Dietmar Rößler

Das nicht zerstörte und dicht bewohnte Zittau mit seiner gewachsenen funktionierenden Wirtschaft hatte für die DDR große Bedeutung. So lag es nahe, die 1948 von Adolf Hennecke begründete „Aktivistenbewegung“ ausgerechnet hier „aufzufrischen. Und so sagte Frida Hockauf im September 1953 auf einer Gewerkschaftstagung im VEB Mechanische Weberei Zittau: „So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben.“ Die Weberin versprach, bis Dezember 45 Meter Stoff in bester Qualität über den Plan zu weben: 10 Meter zu Ehren des Weltgewerkschaftskongresses in Wien, 15 Meter galten der „Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft“ und 20 Meter dem Geburtstag von Wilhelm Pieck.

Der einfache Satz „Wie wir heute arbeiten…“ erwies sich in der Folgezeit als äußerst medienwirksam. Kaum eine Losung wurde von der DDR-Führung wohl so bemüht wie diese. Sogar Walter Ulbricht besuchte 1954 die Mechanische Weberei. Vielleicht war es das letzte Mal, dass Zittau als Produktionsstandort „ganz oben“ wahrgenommen wurde. Eine Aufmerksamkeit, die vermutlich der Region nicht geschadet hat. Probleme gab es genug. Und manche Lösungen fielen vermutlich leichter, wenn man so positiv im Gespräch war. Die Initiative der 50-Jährigen wurde deshalb vermutlich auch von manchen „unpolitischen“ Oberlausitzern akzeptiert.

Dass ausgerechnet die Tochter eines Sozialdemokraten diese Initiative begründete, hat nicht allen gepasst. So wurden auch schon mal die Kettfäden an ihren Webstühlen zerschnitten. Aber Frida Hockauf wurde Aktivistin und Volkskammerabgeordnete. Diszipliniert nahm das SED-Mitglied die Aufgaben wahr. Obwohl sie wohl manchmal vermutlich auch gerne wieder die einfache Arbeiterin gewesen wäre. Aber die ganze DDR arbeitete inzwischen nach der „Frida-Hockauf-Methode“. Auch nach ihrer Berufstätigkeit blieb sie „Vorzeigefrau“ und ist bis heute wohl bei den meisten älteren „DDR-Bürgern“ nach Adolf Hennecke der nächste Name, der in Zusammenhang mit „Aktivist“ genannt wird. Selbstverständlich wurde nach ihrem Tod auch eine Straße nach ihr benannt. Heute heißt sie wieder Ziegelstraße. Als weit über die Stadt hinaus bekannte Persönlichkeit der Zeitgeschichte sollte ihr aber in irgendeiner Weise weiterhin gedacht werden.