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Waschbären breiten sich rasant aus

Die Tiere dürfen bis Juni nicht gejagt werden. City-Trapper Thomas Schröder kennt Tricks, um sie trotzdem zu bändigen.

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© Christian Juppe

Von Julia Vollmer

Sie sind wieder da. Die Waschbären sind im Frühling besonders aktiv. Sie wühlen in Mülltonnen, fressen die Eier von heimischen Vögeln und richten jede Menge Schaden an. Wenn es dunkel wird, klettern sie durch die Katzenklappe ins Haus und naschen Wurst aus dem Kühlschrank.

City-Trapper Thomas Schröder ist den putzigen Tieren überall in der Stadt auf der Spur. In der Neustadt, am Elbepark, in Loschwitz und sogar auf der Hauptstraße hat er mit seinen speziellen Waschbärenfallen schon Tiere gefangen. Die erwachsenen Tiere dürfen nicht geschossen werden, da die Weibchen gerade Nachwuchs bekommen haben. Fallen für die Waschbären darf der Trapper das ganze Jahr aufstellen. Doch fängt er damit eines der Tiere, muss er es in der Schonzeit, die noch bis 15. Juni geht, wieder freilassen.

Sein Telefon ist im Dauereinsatz, denn die Tiere breiten sich rasant aus. Wie viele in der Stadt leben, lässt sich schwer schätzen. Ablesen lässt sich der Anstieg an der Zahl der geschossenen Waschbären. Waren es 2010 noch 20 im Jahr, meldet die untere Jagdbehörde der Stadt für die letzten 12 Monate 146 Tiere. Die Plage ist nicht nur ein Dresdner Problem, sondern auch ein sachsenweites, sagt Jan-Walter Heikes, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes. Erschossen die Jäger im letzten Jahr rund 7 230 Waschbären in ganz Sachsen, waren es 1997 gerade einmal fünf.

Der City-Trapper hat in der Schonzeit seine eigenen Tricks, um die Waschbären zu bändigen. Ähnlich wie bei den Mardern setzt er auf die sogenannte Verbrämung, also das Verscheuchen der Tiere. Schröder setzt das Verfahren auf Dachböden oder in Kleingartensparten ein, wo die Tiere unterwegs sind. „Die Tiere müssen den Druck merken, um sich zurückzuziehen“, erzählt er. So stellt er zum Beispiel ein Radio auf dem Dachboden auf, aus dem den ganzen Tag über menschliche Stimmen klingen. „Deutschlandfunk ist dafür bestens geeignet“, erzählt der Jäger mit einem Schmunzeln.

Grelles Licht und blinkende Lämpchen mögen Waschbären und Marder überhaupt nicht und lassen sich vergraulen. Die Tiere flüchten zudem vor scharfem Geruch. Thomas Schröder schwört auf ein intensiv riechendes Chili-Wasser, das er versprüht. „Die Tiere haben immer eine Art Notfallbehausung. Wenn sie aus einem Quartier verjagt werden, ziehen sie weiter in ein nächstes.“

Die Jagdbehörde kennt die Verbrämung auch für andere Tiere. So sollen Elektrozäune Wildschweine von Maisfeldern abhalten, Drähte die Tauben von Dächern. Winzer setzen in Weinbergen druckluftbetriebene Knallgeräte ein, um Vögel von den Reben fernzuhalten. Reflektierende Gegenstände wie CDs sollen Spechte von Holzverkleidungen an Häusern verscheuchen. Die Vögel mögen wie die Waschbären keine blitzenden Lichter.

Doch warum gibt es plötzlich so viele Waschbären in der Stadt? Das ist eines der Forschungsfelder von Sven Herzog, Professor für Wildtierökologie an der TU Dresden. Seit fünf bis zehn Jahren beobachtet er extrem schnell wachsende Bestände in Sachsen. Mögliche Ursachen sieht er in den günstigen Bedingungen für die Vierbeiner. Sie haben in Deutschland keine natürlichen Feinde. In den USA werden sie zum Beispiel von Krokodilen und Schlangen gefressen. Sie finden außerdem überall Nahrung, sei es Obst, Regenwürmer, Vogeleier oder eben Essensreste aus Mülltonnen. Eine mögliche Ursache könnte auch die Verbreitung der Katzen als Haustiere sein. Für diese stellen deren Besitzer Milch und Leckerbissen vor die Tür. Das lockt Waschbären an. Die Jagd sei aber nicht die Lösung, so der Forscher. Sie bringe nicht viel. Besser sei es, die Bären nicht mehr mit Milch und Essensresten in die Nähe der Wohnungen zu locken.

Bei den Waschbären ist es besonders wichtig, die Ausbreitung zu kontrollieren und einzugreifen. Denn neben der Gefahr für die heimische Vogelpopulation können sie auch Krankheiten auf Menschen und Haustiere übertragen. Sie sind potenzieller Überträger der Tollwut und von Viren. Allerdings ist Dresden seit über 10 Jahren tollwutfrei, so Stadtsprecher Karl Schuricht. Die Jagdbehörde rät dennoch dringend dazu, Wildtiere nicht anzufassen. Hinterlassen Waschbären ihren Kot in den Gärten, sollte dieser nicht mit bloßen Händen weggeräumt werden. Hunde- und Katzenbesitzer sollten darauf achten, dass ihre Vierbeiner keinen Kontakt zu den Waschbären haben. Über diese könnten sich die Besitzer mit Keimen der Bären infizieren.