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Waschbär hat’s auf Enten abgesehen

Die Tiere rauben die Nester der Vögel aus. Deren Bestand sinkt. Für die Jäger ist das keinesfalls eine Arbeitserleichterung.

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Von Tina Soltysiak

Döbeln. Vor diesen Räubern ist kaum ein Kleintier sicher: Waschbären sind wenig wählerisch, wenn es um Nahrung geht. Egal ob Fische, Vogeleier, Krebstiere, Larven, Insekten oder Regenwürmer, die Allesfresser sind geduldige und flinke Räuber. Durch das Fehlen natürlicher Fressfeinde und ihren flexiblen Speiseplan können sich die Tiere nahezu ungehindert vermehren. Deshalb müssen verstärkt die Jäger eingreifen, um die Bestände zu minimieren.

Der Waschbär raubt die Gelege von Stockenten (Foto) aus, so dass deren Zahl sinkt.
Der Waschbär raubt die Gelege von Stockenten (Foto) aus, so dass deren Zahl sinkt. © dpa

Das spiegeln die Zahlen der sogenannten Streckenstatistik für den Landkreis Mittelsachsen wider. Stehen für die Jagdsaison 2008/09 nur 32 getötete Waschbären zu Buche, sind es in der vergangenen 2016/17 schon 1 250. Mario Tröger, Sprecher des Kreisjagdverbandes Döbeln, weiß um das zunehmende Problem. „In der Streckenstatistik sind nicht nur die Tiere erfasst, die wir schießen, sondern auch Unfall- und Fallwild. Bei Letzterem handelt es sich um Totfunde“, erklärt er.

Kleingärtner verärgert

Aus der Statistik des Landkreises geht außerdem hervor, dass die Zahl der gestreckten Stockenten um etwa zwei Drittel gesunken ist: von 703 auf 219 Vögel. „Dies hängt unmittelbar mit der Vermehrung der Waschbären zusammen. Die plündern die Gelege, sodass die Elterntiere ihre Brut nicht aufziehen können“, erklärt Tröger. Das sei in jedem Fall kontraproduktiv und nicht etwa eine Erleichterung für die Jäger. „Die Stockente geht so als Wildtierart zurück. Sie steht zwar nicht Schutz, ist aber eine Bereicherung“, so Mario Tröger.

Nicht nur Tieren in freier Wildbahn machen die Waschbären Ärger, sondern zunehmend auch den Menschen. „Auf der Suche nach Würmern graben sie Wiesen und Gärten um“, erzählt Uwe Kunze von der Leisniger Jagdgenossenschaft. Zahlreiche Leisniger Kleingärtner hätten sich hilfesuchend an die Jäger gewandt. „Privatpersonen dürfen Lebendfallen aus Draht aufstellen, die Tiere aber nicht töten“, sagt er. Die Jagdgenossenschaft hat zwei solcher Fallen angeschafft und verleiht sie auf Anfrage. „Im Stadtgebiet von Leisnig sind allein im letzten halben Jahr 18 Waschbären auf diese Weise gefangen worden. Im Anschluss hat ein Jäger sie fach- und tierschutzgerecht erschossen“, erzählt Kunze. Im vergangenen Jahr sei das Problem nicht so akut gewesen.

Warum sich die Störenfriede in diesem Jahr so breit machen, kann er sich auch nicht erklären. Die Kleinbären seien teilweise reviertreu. „Allerdings wandern sie auch an Bächen und Flüssen entlang, sodass sich das Revier verschiebt“, so Uwe Kunze. Der Freistaat Sachsen hat angeregt, dass die Ausbreitung des Waschbären und mögliche Bekämpfungsstrategien bundesweit in einer Studie untersucht werden. Die Jäger hoffen, dass dann auch das Jagdgesetz angepasst wird. „Das ist teilweise nämlich recht schwammig“, meint der Leisniger Jagdpächter.

Waschbären haben es sich auch in den Maisfeldern gut schmecken lassen. „Dort haben sie gemeinsam mit den Wildschweinen erhebliche Schäden angerichtet“, berichtet Uwe Kunze. Auf die Schwarzkittel wird nach wie vor Jagd gemacht. Rund 3 300 gingen den Jägern 2016/17 vor die Flinte oder wurden überfahren.

Die Zahl der gestreckten Füchse ist deutlich zurückgegangen. Das sei einerseits ein Indiz dafür, dass sich die konsequente Bejagung auszahlt, so Kunze. Andererseits würden aber Krankheiten wie Räude und Staupe die Bestände auf natürliche Weise dezimieren, ergänzt Mario Tröger. Weil Marderhunde die Fuchsbaue nutzen und die Krankheiten übertragbar sind, sei auch deren Bestand derzeit etwas rückläufig, so der Döbelner Jäger. Das gilt jedoch nicht für den gesamten Landkreis. Im Vergleich zur Vorsaison ist eine nahezu Verdopplung der Streckzahlen von 47 auf 93 Stück zu verzeichnen. „Die Zahlen für Rot- und Damwild gelten zum Beispiel nicht für den Altkreis, da diese Arten bei uns nicht vorkommen“, erläutert Tröger. Die Größe der Population hänge von Lebensraum, -weise und dem Nahrungsangebot ab. „Viele Tiere sind Spezialisten. Nur der Waschbär ist ein echter Allrounder.“