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Was wird aus der Glaswerk-Brache?

Die Stadt Kamenz sucht nach dem Eigentümer. Sie will das innerörtliche Gelände entwickeln. Über ein neues Konzept.

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© Matthias Schumann

Von Frank Oehl

Da hat der Kamenzer Jürgen Schäfer sozusagen offene Rathaustüren eingetreten. Am SZ-Lesertelefon dieser Woche regte er an, das frühere Glaswerkgelände womöglich als Eigenheimstandort zu entwickeln, gerade auch mit Blick auf die 500-Millionen-Euro-Investition der Daimler AG am Ochsenberg. OB Roland Dantz: „Der Leser hat recht mit seinem Anstoß, dass mit der Fläche etwas passieren muss.“ Dies sei zuletzt auch im Stadtrat, insbesondere im Umweltausschuss angesprochen worden. „Allerdings ist dies nicht so einfach.“ Die Entwicklung einer innerstädtischen Fläche dieser Größe sei ein große gemeindliche Herausforderung. Und hier handele es sich um Privatgelände, auf dem immense Altlasten liegen. „Und es ist niemand am Horizont zu sehen, der diese Aufgabe allein mit privaten Mitteln wird realisieren können.“ In jedem Fall brauche diese Potenzialfläche starkes kommunales Engagement. Anders werde man diese Industriebrache niemals beseitigen können, so Dantz, wie ja auch das gute Beispiel des Kamenzer Herrentales gezeigt habe.

Das Glaswerk-Areal liegt zwischen Bahngleis (l.), Grenzstraße (u.), Macherstraße (r.) und Schwarzem Weg (o.). Es soll und muss entwickelt werden. Nur wie?
Das Glaswerk-Areal liegt zwischen Bahngleis (l.), Grenzstraße (u.), Macherstraße (r.) und Schwarzem Weg (o.). Es soll und muss entwickelt werden. Nur wie? © Grafik: Stadtverwaltung Kamenz

An der Kamenzer Grenzstraße ist die gegenwärtige Lage, die ja auch einen historischen Hintergrund hat, äußerst vertrackt. Mit der Wende endete dort die Glasproduktion abrupt – anders als zum Beispiel in Schwepnitz. „Das war bitter, aber allen Mitarbeitern war damals schon klar, dass es hier nicht weitergehen konnte.“ Viel zu heruntergewirtschaftet war der Kamenzer Betriebsteil. Was durch die folgenden Altlastensondierungen eindrucksvoll unterstrichen worden ist. Auf sechs Meter Tiefe stapeln sich kontaminierte Mauerreste, Kohleguss und Schlacke. Schon Anfang der 90er-Jahre war allein für die Altlastenbeseitigung ein Investitionsumfang von weit mehr als einer Million DM errechnet worden. Schon an einer solchen Summe zerschlägt sich zumeist das private Engagement. Die Fläche wurde von Dritten erworben, aber sowohl die Dino GmbH als auch die Sax Weitzmann GmbH warfen beizeiten das Handtuch. Nicht einmal die nötigsten Sicherungsmaßnahmen wurden durch die Firmen realisiert. Mit dramatischen Folgen, wie man sich erinnert. Vor reichlich zehn Jahren stürzte ein 21-Jähriger beim Paintball-Spielen in den Ruinen vier Meter tief und zog sich schwere Kopfverletzungen zu, die zum Glück keine bleibenden Schäden hinterlassen haben. Schon 2007 blieb die Suche der Stadt nach den Eigentümern erfolglos. „Herr Weitzmann ist bis heute nirgends aufzufinden“, so Dezernentin Elvira Schirack. Die Stadt nahm damals die Absicherung wegen „Gefahr im Verzug“ selbst vor – und blieb für immer auf einigen Tausend Euro an Kosten sitzen. „Wir werden jetzt prüfen, ob die Stadt auch über einen Verwaltungsakt in die Eigentümerschaft treten könnte“, so der OB.

40 Eigenheime sind nicht möglich

Denn das Rathaus will das innerstädtische Gelände mittelfristig sanieren und entwickeln. Es liegt freilich an der strategisch wichtigen Bahntrasse nach Norden, was 40 (!) Eigenheime, die sich Jürgen Schäfer wünscht, natürlich keinesfalls hergibt. „Aber in Richtung Goethestraße wäre Wohnen möglich. In Gleisnähe ist wohl eher eine Renaturierung wie im Herrental anzustreben.“ Die Stadtplanung wird ab 1. November durch Michael Preuß verstärkt, der zuletzt schon für das Büro Dr. Braun & Barth in Kamenz aktiv war. Ein Konzept für das Glaswerk-Areal sollte erstellt werden, so Dantz, durchaus auch mit externer Hilfe, zum Beispiel Hochschulstudenten. Doch selbst, wenn die Eigentumsfrage irgendwann geklärt ist und der Stadtrat wüsste, was er an der Grenzstraße wirklich will, würde die Umsetzung noch dauern. Die Brachensanierung kostet einen siebenstelligen Betrag. Entsprechende Freistaat-Förderprogramme gibt es zwar, aber ein städtischer Eigenanteil ist dafür noch nicht in Sicht. Da geht derzeit anderes vor ...