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Was wird aus den Bergwiesen?

Das Naturschutzgroßprojekt im Osterzgebirge läuft aus. Es gibt zwei Optionen, wie es weitergehen könnte.

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© Egbert Kamprath

Von Maik Brückner

Osterzgebirge. Seit fast 20 Jahren bemüht sich Holger Menzer um den Erhalt der Bergwiesen im oberen Osterzgebirge. Der heute 62-Jährige hat sich dafür eingesetzt, dass die Kulturlandschaft wieder aufblüht. Dafür flossen in den vergangenen Jahren elf Millionen Euro. Menzer sorgte unter anderem dafür, dass Steinrücken gepflegt und wieder sichtbar wurden. Und er vermittelt erfolgreich zwischen Naturschützern und Landwirten. Letztere brachte er dazu, auf einigen Wiesen später mit der Mahd zu beginnen, damit die im Gras brütenden Vögel ungestört bleiben. Das alles geschah im Rahmen des im Jahr 2000 ins Leben gerufenen Naturschutzgroßprojektes Bergwiesen im Osterzgebirge. Holger Menzer ist dort seit Beginn als Projektmanager tätig.

Nun steht etwas Neues an, weil das Naturschutzgroßprojekt, das von Bund, Freistaat, Landratsamt, der Stadt Altenberg und dem Förderverein für die Natur des Osterzgebirges finanziert wird, Ende dieses Jahres definitiv ausläuft. Wie der weitere Weg aussehen wird, ist noch offen, sagt Dr. Birgit Hertzog. Sie leitet das Umweltamt im Landratsamt und hat die Federführung über das Projekt. Zurzeit gibt es langfristig zwei Optionen. Demnach könnten die Flächen des Naturschutzgroßprojektes ein Naturpark oder ein Biosphärenreservat werden. Das zeigt eine Studie auf, die das Landratsamt in Auftrag gegeben hat und die Ende 2017 fertiggestellt wurde.

Demnach lasse sich keine der beiden möglichen Nachfolgeorganisationen schnell errichten. Um einen Naturpark auf die Beine zu stellen, werden laut Studie ein bis drei Jahre benötigt, um ein Biosphärenreservat zu etablieren, sollten bis zu fünf Jahre eingeplant werden. Die Forscher haben deshalb dem Kreis als Zwischenschritt empfohlen, zunächst eine Naturschutzstation zu errichten. Diese könne die Arbeit des Naturschutzgroßprojektes weiterführen. Diesen Vorschlag hat das Landratsamt bereits beherzigt. Mit der Unterstützung von vier Umwelt- und Naturschutzvereinen aus der Region wurde eine Naturschutzstation gegründet. Diese nahm im April ihre Arbeit auf, eine Mitarbeiterin wurde angestellt. Fortan soll sie sich um die Biotoppflege und Umweltbildung kümmern. Außerdem soll sie Naturschutzprojekte planen, fördern und realisieren. Die Naturschutzstation soll dem Kreis helfen, eine optimale Nachfolgestruktur für das Naturschutzgroßprojekt zu etablieren.

Naturschutzgroßprojekt „Bergwiesen im Osterzgebirge“

Das Naturschutzgroßprojekt Bergwiesen im Osterzgebirge umfasst eine Fläche von 2858 Hektar.

In der Projektfläche befinden sich die Naturschutzgebiete Grenzwiesen Fürstenau und Fürstenwalde mit 976 Hektar, Geisingberg mit 314 Hektar und Am Großen Galgenteich mit 13 Hektar.

Der Flächenanteil von Vogelschutzgebieten und Fauna-Flora-Habitat-Gebieten im Projektgebiet liegt bei über 90 Prozent.

Die Unterhaltung des Projektes kostete 2017 599000 Euro, 2018 stehen 605000 Euro bereit. Sieben Prozent der Summe wird vom Träger, dem Kreis und seiner Partner, der Stadt Altenberg und dem Förderverein für die Natur des Osterzgebirges, aufgebracht, 65 Prozent kommen vom Bund und 28 Prozent vom Freistaat.

Über das Projekt werden u.a. die Mahd von Berg- und Nasswiesen, der Waldumbau und die Wiedervernässung von Brachflächen finanziert. (SZ/mb)

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Ein Naturpark würde laut Studie die Arbeit des Naturschutzgroßprojektes im Großen und Ganzen in der bisherigen Form weiterführen. Darüber hinaus würde die Umweltbildung noch mehr Gewicht bekommen, indem Wanderwege und Lehrpfade erneuert und ausgebaut werden. Es geht auch um eine bessere Anbindung an den regionalen Nahverkehr und neue Parkplätze. Zudem ist es die Aufgaben eines Naturparks, regionale Produkte zu fördern und besser zu vermarkten. Die Kriterien, um ein Biosphärenreservat einzurichten, sind laut Studie härter.

Demnach bietet ein Biosphärenreservat nicht nur Umweltbildung, sondern auch Umweltausbildung an. Außerdem wird hier wissenschaftlich geforscht und beobachtet. Der größte Knackpunkt beim Einrichten dürfte aber die Flächennutzung sein. Denn ein Biosphärenreservat muss laut Studie mindestens 30 000 Hektar Fläche umfassen, das bisherige Projektgebiet ist gerade mal 2 858 Hektar groß. Zudem gibt es Vorgaben, wie die Flächen in so einem Reservat bewirtschaftet werden dürfen. Mindestens drei Prozent, das wären also mindestens 900 Hektar, müssten zu einer ungenutzten Kernzone werden. In diesem Gebiet muss es möglich sein, dass sich natürliche Ökosysteme ausbilden, sich die Natur dort selbst überlassen ist. Trotz dieses hohen Anspruchs kommt die Studie zum Schluss, dass die bestehenden Kriterien im Osterzgebirge erfüllbar seien. Ein Biosphärenreservat wäre laut Studie das „anspruchsvollste und hochwertigste Ziel“ und für die Region die Optimallösung.

Das sieht auch Holger Menzer so. Für ihn hat ein Biosphärenreservat eine größere Strahlkraft. „Das ist eine Dachmarke.“ Schließlich gibt es in Deutschland knapp einhundert Naturparks, aber nur 17 Biosphärenreservate. Das Osterzgebirge würde ein Alleinstellungsmerkmal bekommen, denn bisher ist nur die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, aber keine Gebirgsregion Sachsens ein Biosphärenreservat. Ob Menzers Wunsch aufgeht, ist unklar. Die Entscheidung fällt der Kreistag, erklärt Umweltamtsleiterin Birgit Hertzog. Auch der Freistaat Sachsen und der Bund haben ein Wörtchen mitzureden. Beide müssen prüfen, ob die Kriterien für einen Naturpark beziehungsweise für ein Biosphärenreservat erfüllt sind, ergänzt sie.

Auf die Flächen im Projektgebiet hat das Ende des Großprojektes keine Auswirkungen. Sie werden weiter gepflegt – allerdings fließen dafür andere Fördermittel.