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Zoff um Sprachkurs-Beteiligung

Die Bundesregierung streitet ernsthaft darüber, ob 1,39 Euro Eigenbeitrag im Monat angemessen und sinnvoll sind.

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© dpa

Von Peter Heimann, Berlin

Angela Merkel kann am Sonntag zur Feier des Tages in Ruhe einen Kuchen backen. Sie hat am 10. Jahrestag ihrer Kanzlerschaft „keine offiziellen Termine“, wie ihr Sprecher amtlich formuliert. Eine ursprünglich vorgesehene Sondersitzung des Kabinetts zur Beratung des zweiten Asylpakets wurde wieder abgeblasen.

Das Kabinett wollte sogar in der arbeitsfreien Zeit zusammenkommen, um das „Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren“ auf den Weg zu bringen. Nur so wäre eine parlamentarische Behandlung im Schnellverfahren innerhalb der nächsten Woche möglich gewesen. Klappt das nicht, kann das neue Gesetz frühestens Ende des Jahres in Kraft treten. Hauptstreitpunkt ist, wie aus Regierungskreisen zu hören ist, der Eigenbetrag von Flüchtlingen an Sprach- und Integrationskursen. Die SZ analysiert die angestrebten Neuregelungen:

Worum geht es bei den Sprach-Kosten für Flüchtlinge ?

CDU-Kanzlerin Angela Merkel, SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel und Bayerns CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer hatten sich Anfang November beim Koalitionsgipfel Asyl unter anderem auch darauf verständigt, Asylbewerber an den Kosten von Sprachkursen zu beteiligen. Die Höhe blieb damals offen. Laut dem Entwurf des Bundesinnenministeriums soll der Kostenbeitrag nunmehr monatlich 1,39 Euro betragen – „zur solidarischen Lastenteilung und zur Entlastung der öffentlichen Hand“. Der den Flüchtlingen in Rechnung gestellte Mini-Betrag folgt einer Absprache zwischen dem Innen-, dem Justiz- und dem Arbeitsministerium. Er entspricht jenem Betrag, der bei den monatlichen Asylbewerberleistungen ähnlich wie bei Hartz IV als rechnerischer Bedarf für Bildungsausgaben zugrunde gelegt wird. In einer inzwischen überarbeiteten Fassung des Gesetzentwurfes ist die Summe offengelassen.

Wer und was spricht gegen eine derartige Rechnung?

Wolfgang Schäubles Bundesfinanzministerium will den Flüchtlingen „einen Kostenbeitrag von 36 Euro im Monat“ von den Asylbewerberleistungen abziehen. Es will von diesen Leistungen auch die monatlichen Anteile für „Freizeit, Unterhaltung, Kultur“ einbehalten. Der Spracherwerb schaffe erst „die elementare Voraussetzung dafür (...), im späteren Verlauf auch andere Angebote in Anspruch zu nehmen“. Das Ministerium veranschlagt daher 0,60 Cent pro Unterrichtsstunde. Bei einem 15-Wochenstunden-Kurs entspreche das monatlich 36 Euro. Außerdem heißt es aus dem Ressort: „Man muss natürlich auch berücksichtigen, dass ein gewisser Bürokratieaufwand verhältnismäßig sein muss.“ So ist die für die Kostenbeteiligung notwendige Anpassung der „Integrationsgeschäftsdatei“ im Gesetzentwurf mit einem Aufwand von 100 000 Euro beziffert. Andererseits heißt es in der Regierungskoalition: Der Schäuble-Vorschlag laufe darauf hinaus, Flüchtlinge zu bestrafen, die mit einem Sprachkurs Anstrengungen zur raschen Integration unternähmen.

Gibt es weitere Unstimmigkeiten beim neuen Asylrecht?

Ja. Beispielsweise war verabredet, den Familiennachzug für bestimmte Flüchtlingsgruppen zu beschränken – nämlich für jene, denen in Deutschland „subsidiärer Schutz“ gewährt wird. Dabei handelt es sich um Menschen, die sich nicht auf Asylgründe berufen können und auch nicht als Flüchtling nach den Kriterien der Genfer Konvention anerkannt sind, aber dennoch nicht in die Heimat zurückgeschickt werden, weil ihnen dort ernsthafter Schaden droht. Für sie sollte der ansonsten mögliche Familiennachzug – von Ehepartner und ihren minderjährigen Kindern – für zwei Jahre ausgesetzt werden.

Und soll nun doch wieder anders gehandhabt werden?

Bei den Beschränkungen des Familiennachzugs war ursprünglich vorgesehen, dass diese auch für Minderjährige gelten sollen, die ihre Eltern – oder/und Geschwister – nachholen wollen. In der überarbeiteten Fassung ist diese Regelung für Minderjährige nicht mehr zu finden. Sie war damit begründet worden, dass Anreize dafür entfallen sollten, dass Minderjährige als eine Art Vorhut zunächst allein auf die Flucht geschickt werden.

Gibt es auch bei den geplanten Asyl-Schnellverfahren Korrekturen?

Nicht ernsthaft. Die Große Koalition will künftig bei vielen Flüchtlingen Asylverfahren im Eiltempo anwenden. Die Betroffenen sollen in „besonderen Aufnahmeeinrichtungen“ untergebracht werden. Sie sind verpflichtet, dort bis zum Abschluss ihres Verfahrens zu wohnen, und sie dürfen den jeweiligen Bezirk in dieser Zeit nicht verlassen. Die Asylanträge in diesen Sondereinrichtungen sollen binnen einer Woche bearbeitet sein. Inklusive der Zeit für einen juristischen Einspruch und einer gerichtlichen Entscheidung darüber sollen die Verfahren nicht länger als drei Wochen dauern – und abgelehnte Asylbewerber direkt abgeschoben werden.