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Was Lachen und Sex gemeinsam haben

Über ein Tabuthema hat Kabarettistin Tatjana Meissner am Sonnabend fast zwei Stunden lang geredet. Auch Peinliches ließ sie dabei nicht aus.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Döbeln. Einen kurzweiligen, lustigen Abend hat Tatjana Meissner dem Publikum am Sonnabend im ausverkauften Döbelner Theater beschert. Schon beim Vorstellen ihrer Person war die Sympathie der Zuschauer nahezu spürbar. Denn sie bezeichnete sich als Ostdeutsche mit Migrationshintergrund, die von ihren Eltern kaum aufgeklärt wurde und statt die Bravo zu lesen, noch mit der „Trommel“, einer Zeitschrift für die DDR-Jugend, vorliebnehmen musste. Das konnten die meisten Zuhörer gut nachvollziehen, einigen ist es sicher ähnlich gegangen. Dieses Wiedererkennen zog sich bei dem einen oder anderen durch den gesamten Abend. Und das betraf wohl nicht nur die Bettgeschichten.

Solche plaudert die Autorin in ihrem aktuellen Buch „Du willst es doch auch“ aus. Dabei vermischen sich selbst Erlebtes mit dem, was ihr Facebook-Bekannte oder Szenekenner, wie Achim, der Sexshopbesitzer, berichtet haben. Mit ihm und vielen anderen hat sich Tatjana Meissner getroffen und sich deren (Bett-)Geschichten angehört und aufgeschrieben. In ihre Rollen schlüpfte sie als Vorlesende mit verschiedenen Requisiten. Als Erzieherin legte sie sich einen Latz um den Hals. Als sie Gabi vorstellte, die sich nach der Wende ihre Brötchen als Telefonsex-Anbieterin verdienen muss, steckte sie sich einen Reif mit Lockenwicklern ins Haar, um vorherrschende Klischees zu bedienen. Sogar Gabis thüringischen Dialekt bekam die Kabarettistin so gut hin, dass sich jeder vorstellen konnte, dass es Gabi als Domina schlichtweg unmöglich war, die Wünsche eines Kunden aus Schwaben nicht erfüllen. In der Rolle einer Krankenschwester ließ Tatjana Meissner den Unfall mit einem Vibrator vor dem geistigen Auge des Publikums so lebendig werden, dass das aus dem Lachen nur schwer herauskam.

Die Sympathie vieler Gäste galt am Ende Helgard und Volker, schon 45 Jahre verheiratet, sowie Klaus und Frieder. Alle saßen in den Zuschauerreihen ziemlich weit vorn. Schon in den ersten Minuten zog sie die Kabarettistin ins Programm ein, löcherte sie mit Fragen, die Schlagfertigkeit verlangten. Doch wer wäre auf die Idee gekommen, von sich zu behaupten, ausgefallenen Sex zu haben: Montag ausgefallen, Dienstag ausgefallen... Am Ende bedankte sich Meissner mit einer Probe Knistergel bei der Dame und den Herren. Das Gel hatte sie bei einer Dildoparty kennengelernt. Bei solchen Partys werden in häuslicher Atmosphäre und häufig im Freundes- und Bekanntenkreis Sexspielzeuge vorgestellt.

So freizügig, wie die Brandenburgerin über Sex redete, plauderte sie auch Tricks von Frauen mit Figurproblemen aus. Manche hätte die Mühen – etwa wie sie in stützende Unterwäsche hinein- und wieder herauskommt – sicherlich gern als kleines Geheimnis für sich behalten. Gelernt hat das Publikum an diesem Abend, das Latex-Bodys einen romantischen Abend durchaus verderben können und dass das Lachen und Sex einiges gemeinsam haben: Beides stärkt unter anderem das Immunsystem. Und der eine oder andere wird nach den Erfahrungen von Helgard, Volker, Klaus und Frieder bei seinem nächsten Kabarettabend sicher vorher genau überlegen, ob die hinteren Plätze nicht vielleicht doch die besseren, weil ruhigeren sind.