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Was kommt nach Stasi-Vorwürfen?

Seit voriger Woche ist das Klima in einem Ortschaftsrat vergiftet. Und in der Sache gibt es noch viele offene Fragen.

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© Jens Wolf

Strehla. Es war ein Paukenschlag: Vorige Woche musste sich ein Ortschaftsrat der Freien Wählergemeinschaft Strehla von einem CDU-Kollegen den Vorwurf anhören, er habe zu DDR-Zeiten für die Staatssicherheit gearbeitet. Belastbare Beweise für die Behauptung fehlen bisher. Der Angegriffene hat unterdessen eine Tätigkeit für den DDR-Geheimdienst auf SZ-Anfrage bestritten. Licht ins Dunkel soll eine Überprüfung der Stasi-Vergangenheit aller fünf Ortschaftsräte bringen, die bereits vorige Woche gefordert wurde. Ob es diesen Stasi-Check tatsächlich geben wird, steht aber bis jetzt in den Sternen.

Die SZ hat die wichtigsten Fragen zum Thema zusammengetragen und sie beantwortet.

Ist eine Stasi-Überprüfung 25 Jahre nach der Wende überhaupt nötig?

Die Meinungen dazu sind geteilt. Die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen aus dem benachbarten Sachsen-Anhalt nannte eine Überprüfung von politisch Verantwortlichen im Vorjahr einen „Akt der politischen Hygiene und Transparenz“. Allerdings haben Politiker verschiedentlich die Durchleuchtung ihrer Biografie abgelehnt. Manche mit der Begründung, dass sie schon mehrfach überprüft worden seien.

Muss es jetzt eine Überprüfung der Vorwürfe in Strehla geben?

Nicht unbedingt. Das Stasi-Unterlagengesetz sieht vor, dass kommunale Vertretungen selbst entscheiden, ob Mitglieder auf eine frühere Tätigkeit für die Stasi hin überprüft werden. Dazu braucht es ein Mehrheitsvotum des Gremiums. Der Beschluss kann vorsehen, dass alle Mandatsträger überprüft werden – oder nur jene, die sich dazu bereiterklären. Da aber im fraglichen Ortschaftsrat die Freie Wählergemeinschaft mit drei Stimmen eine Mehrheit hat, zweifeln der CDU- und der AfD-Vertreter daran, dass eine Mehrheit für die Überprüfung zustande kommt. Umstritten ist allerdings, ob der Ortschaftsrat im rechtlichen Sinne überhaupt eine kommunale Vertretung wie ein Kreis- oder Gemeinderat ist. Nach Meinung des Sächsischen Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen ist er es nicht. Deshalb könnten die Ortschaftsräte nicht per Mehrheitsvotum zu einer Überprüfung gezwungen werden.

Wie lange dauert die Recherche, bis das Ergebnis vorliegt?

Das variiert, voraussichtlich aber mehrere Monate. Eine Intervention des Landesbeauftragten könnte helfen, die Bearbeitungsdauer zu verkürzen.

Muss veröffentlicht werden, was die Stasi-Unterlagenbehörde herausfindet?

Nein. Sollte es dazu kommen, dass eine Überprüfung des Ortschaftsrates stattfindet, dann müssen die zugehörigen Recherche-Ergebnisse der Stasi-Unterlagenbehörde nicht publik gemacht werden.

Verlieren überführte Ex-Stasi-Mitarbeiter ihr Mandat?

Nein. Selbst wenn sich bei einer möglichen Überprüfung herausstellen sollte, dass jemand hauptamtlich oder inoffiziell für die DDR-Staatssicherheit tätig war, zieht das keinen Mandatsverlust nach sich. Die Entscheidung, in diesem Fall das Amt weiter zu behalten oder es niederzulegen, trifft jeder selbst.

Ist nicht die Wahlprüfung durch das Landratsamt schon ein Stasi-Check?

Nein. Eine „ehemalige Mitarbeit in der Staatssicherheit der DDR schränkt die Wählbarkeit zum Ortschafts- oder Gemeinderat nicht ein“, so eine Sprecherin des Landratsamts Meißen. (ewe)