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Was der Ausbau der Bundesstraße 96 bewirkt

An der Landwasser-Brücke bei Oderwitz soll künftig Tempo 70 gelten. Doch nicht nur das ändert sich.

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Von Thomas Christmann

Seit 1993 steht sie. Schon damals haben die Planer einen begleitenden Rad- und Gehweg östlich der Landwasser-Brücke integriert. Doch davor und dahinter führt dieser an der Bundesstraße 96 kurz vor Oderwitz nicht weiter. Dasselbe gilt für die Brücke über den Rutschebach in Mittelherwigsdorf. Nun hat das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) den Streckenausbau zwischen beiden Gemeinden vorgesehen und den Entwurf bis 16. April öffentlich ausgelegt. Die SZ fasst die wichtigsten Fakten zusammen.

Warum soll der Streckenabschnitt überhaupt ausgebaut werden?

Die Sicherheit auf der Bundesstraße soll erhöht werden, zumal der Verkehr zugenommen hat. Er stieg seit 2000 von 5 883 Fahrzeugen pro Tag auf 7 397 zehn Jahre später. Auf dem Abschnitt von Mittelherwigsdorf bis zum Landberg ist beispielsweise die Breite der Fahrbahn zu gering, genauso wie der Radius in der Linkskurve. Im Abschnitt bis nach Oderwitz liegen die Probleme bei der Landwasser-Brücke. Dort fehlt ein Übergang in die Rechtskurve. Angesichts der erlaubten Tempo 100 reicht die Neigung der Fahrbahn nicht aus. Zudem schränkt der Bewuchs auf der Böschung die Sicht ein. Die Statistik spiegelt die unzureichenden Straßenverhältnisse wieder. So ereigneten sich von 2004 bis Juli 2013 auf dem Abschnitt 144 Unfälle. Vier Menschen kamen dabei ums Leben. Als Schwerpunkte gelten die scharfe Links- und Rechtskurve mit je 30 bis 40 Unfällen. Diese passierten überwiegend bei schlechten Licht- und Witterungsverhältnissen.

Was für Veränderungen sind auf

und an der Straße vorgesehen?

Der Regionalplan Oberlausitz-Niederschlesien sieht neben dem vorrangigen Ausbau von Bundesstraßen auch auf Strecken mit täglich mindestens 5 000 Fahrzeugen einen begleitenden Radweg vor. Beides hat das Lasuv auf dem Abschnitt geplant, auf einer Länge von 2 306 Metern. Die Breite der Fahrbahn soll künftig 7,50 Meter betragen, die des östlich davon anliegenden Rad- und Gehweges 2,50 Meter. In Oderwitz ist eine Verkehrsinsel vorgesehen. Dort müssen die Radler die Seite wechseln und westlich weiterfahren, weil ab der Scheibestraße bereits ein Rad- und Gehweg verläuft. Die Bushaltestellen davor sollen verlegt werden, um sie behindertengerecht gestalten zu können. Zudem will das Lasuv die Linkskurve am Landberg entschärfen. Um dasselbe bei der Landwasser-Brücke zu erreichen, müsste es den Übergang neu bauen. Dagegen sprechen wirtschaftliche und naturschutzfachliche Gründe, zumal die Prognosen durch den Neubau der Bundesstraße 178 bis Mittelherwigsdorf von weniger Verkehr auf der 96 ausgehen. Deshalb sollen die Defizite gemindert werden, in dem an der Stelle statt Tempo 100 nur noch 70 gilt. Für das nach dem Ausbau zusätzliche Oberflächenwasser ist in Mittelherwigsdorf ein Rückhaltebecken geplant.

Welche Auswirkungen ergeben

sich für die Umwelt?

Durch den Ausbau werden insbesondere wegen des Rad- und Gehweges Bäume gefällt und Flächen versiegelt, wofür Ausgleichsmaßnahmen an anderer Stelle erfolgen. Die Naturschutzbehörden haben dennoch gefordert, ihn wegzulassen. Schließlich geht bereits weitestgehend ein Radweg von Oderwitz über die Scheibestraße durch das Mandautal nach Mittelherwigsdorf. Doch im Entwurf steht dazu sinngemäß, dass die Strecke unverhältnismäßig länger ist. Damit lässt sich nicht ausschließen, dass Radler weiter auf der Bundesstraße fahren. Zudem hat eine Prüfung ergeben, dass die Beeinträchtigungen von Tieren, Pflanzen, Boden, Wasser, Klima und Landschaft durch Maßnahmen minimiert oder in überschaubarer Zeit kompensiert werden können. Davon betroffen sind zum Beispiel acht Vogel- und fünf europarechtlich geschützte Fledermausarten. Um sie nicht zu stören oder zu schädigen, dürfen Baustellen nur vom 1. Oktober bis 28. Februar errichtet und Bäume gefällt werden. Das liegt außerhalb der Hauptbrutzeit und der Nutzung der Nistplätze. Zur Sicherheit werden Aufzucht- und Ruhestätten vorher aufgesucht. Falls Eier oder Bruten in Nestern liegen, sind sie einzusammeln und in ein sicheres Quartier zu bringen.

Welche Einschränkungen ergeben

sich während der Bauzeit?

Die Arbeiten erfolgen weitestgehend halbseitig und abschnittsweise. Doch während der Bauzeit eines Regenwasserkanals und der Fahrbahn muss die Strecke voll gesperrt werden – vorrangig in den Ferien, um den Schülerverkehr zu gewährleisten. Als Umleitung dient die Bundesstraße 178 und Großhennersdorfer Straße.

Wie ist die Sicht der Gemeinden

zum geplanten Vorhaben?

Positiv. Im Fall von Oderwitz wird mit dem Ausbau der fast durch den gesamte Ort gehende Rad- und Gehweg fortgeführt. Das könne nur sinnvoll sein, sagt Bauamtsleiter Christian Wirrig. In Mittelherwigsdorf setzte das Lasuv erst vorigen Herbst die Straße instand. „Das hat zumindest vorübergehend für etwas Entspannung gesorgt“, sagt Bürgermeister Markus Hallmann (Freier Wählerverein). Der Flickenteppich sei erstmal wieder eine geschlossene Decke – zur Freude der Fahrer und Anwohner. Aber das sei keine Lösung für die Ewigkeit, ein Radweg lange gewünscht, nicht nur für den Schülerverkehr.

Wie ist das weitere Verfahren

bis zum Baubeginn?

Das Lasuv rechnet damit, das Vorhaben 2015 oder 2016 umsetzen zu können. Die Kosten liegen bei 3,734 Millionen Euro. Doch momentan liegt nur ein Entwurf vor, zu dem jeder schriftlich seine Einwände erheben kann. Das Verfahren selbst umfasst die Abwägung dieser sowie der gesamten Planung durch die Landesdirektion (LDS), die auch den Beschluss erlässt. Das könnte in einem Jahr soweit sein. „Wenn alles gut läuft“, sagt LDS-Sprecher Holm Felber. So lässt sich neben den Einbringen von Einwänden selbst gegen den Beschluss klagen – und das durch alle Instanzen. Die Eigentümer der Ackerflächen haben sich bereits im Rahmen der jetzigen Planung ablehnend zum Ausbau geäußert.