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Was den Stollen edel macht

Durch Missernten sind Mandeln und Nüsse viel teurer geworden. Warum die Bäcker das derzeit fast kalt lässt.

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© Matthias Weber

Von Anja Beutler

Im Teig der neusten Stollenkreation der Oderwitzer Bäckerei Otto leuchtet es orange: „Wir haben getrocknete Physalis hinzugefügt“, erklärt Babett Otto das ungewohnte Aussehen. Das mache das traditionelle Weihnachtsgebäck fruchtiger und bringe neuen Pfiff, ist die Bäckersfrau überzeugt. Denn für sie steht fest: „Der Stollen ist etwas Besonderes, etwas zum Genießen“, sagt sie. Dass die Kunden in diesem Jahr für die Weihnachtsbäckerei zum Teil etwas tiefer in die Tasche greifen müssen, liegt dabei auch am Mindestlohn, vor allem aber an Klimaproblemen: Seit Jahren leiden die Mandelbauern in Kalifornien unter anhaltender Dürre. Nun ziehen ganze Plantagen in den wasserreicheren Norden um, erklärt Daniel Linke, geschäftsführender Vorstand der Bäko, einem Dienstleister für das Bäckerhandwerk, der die Preise im Blick hat. Aus diesem Grund sind Mandeln in diesem Jahr bis zu 35 Prozent teurer als im Vorjahr.

Auch bei Haselnüssen hat das Wetter in Osteuropa die Ernte verhagelt: Trockenheit und Überschwemmungen führten zu Preissteigerungen von bis zu einem Viertel. Wichtige Zutaten sind damit teurer geworden. An der Qualität der Stollen oder klassischen Weihnachtsplätzchen und Pfefferkuchen zu sparen, kommt für die Bäcker im Süden des Kreises aber nicht in die Tüte: Denn das wäre ein Bumerang, ist sich Innungsobermeister Michael Bachmann sicher: „Die Kunden erwarten Qualität, wenn die nicht stimmt, kommen sie nicht wieder.“ Auch bei der Löbauer Großbäckerei Schwerdtner werde an den Rezepten nichts verändert, nur um ein billigeres Produkt anzubieten, betont Jana Pfennig.

Bäcker probieren Neues aus

Deshalb setzen einige Bäcker die Preise etwas höher, sparen aber nicht an leckeren, hochwertigen Zutaten. Wenn die Kunden dafür offen sind, wird Neues ausprobiert. Allerdings – in Maßen – denn Weihnachten muss nach Tradition schmecken. Was sich bewährt, wird aber durchaus weitergeführt. Die Bäckerei Kolbe aus Oberseifersdorf hat im vergangenen Jahr erstmals Stollenstrudel angeboten. Bei diesem Experiment mit Quark- und Kirschfüllung sind die Kunden gern mitgegangen, freut sich Ralf Kolbe, der die Neuerung nun wieder anbietet. Generell bleibt er neben dem Rosinenstollen dauerhaft den klassischen Mohn-, Quark- und Mandelstollen treu. Letztere sind bei ihm auch für Genießer, die keine Rosinen mögen, akzeptabel.

Rosinen ersetzt in seinem sogenannten Kinderstollen auch Bäcker Bachmann: „Wir fügen stattdessen Schokotröpfchen hinzu, das hat sich bewährt.“ Auch der Eibauer ist kein Fan von allzu ausgefallenen Neuerungen, immerhin arbeite man mit hochwertigen Zutaten, da muss das Backwerk gelingen. „Ich greife da lieber auf Rezepte aus alten Backbüchern zurück“, sagt er. Oft seien gerade diese einfachen Mischungen sehr beliebt und gut.

Experimente mit Beeren und Mehl

Etwas mehr Experimentierfreude kann sich hingegen die Bäckerei Schwerdtner schon leisten. Auch hier gibt es Alternativen für all jene, die Rosinen schmähen: „Wir haben einen Cranberry-Stollen im Angebot, der ist durch die vitaminreiche Beere fruchtig im Geschmack“, erklärt Sprecherin Jana Pfennig. Eine Sparvariante sei das nicht, denn auch die Cranberrys sind teure Zutaten – ebenso, wie inzwischen auch Rosinen einen höheren Preis haben. Die Löbauer experimentieren aber durchaus auch beim Mehl: Seit diesem Jahr bieten sie einen Minidinkelstollen an. Das nur 250 Gramm schwere Stück ist durch das Urgetreide geschmacksintensiver und bekömmlicher, wirbt Frau Pfennig. Und bei der Größe auch gut für kleinere oder gar Single-Haushalte.

Die Frage nach der Stollengröße ist allerdings umstritten. Sowohl die Geschäftsführerin des Landesinnungsverbandes, Manuela Lohse, als auch hiesige Meister halten es für besser, bei den Kilostollen zu bleiben und dann eher halbe Laibe oder aber scheibenweise zu verkaufen: „Das Aroma ist einfach besser und der Stollen bleibt insgesamt feuchter, wenn er größer ist“, sagt Frau Lohse. Zudem, betont Michael Bachmann, hält sich Stollen ja lange. Er selbst hat erst in einer seiner großen Stollentruhen einen Laib aus dem vergangenen Jahr gefunden. „Den haben wir glatt vergessen“, sagt er. Essbar war das gute Stück aber durchaus: „Der hat noch richtig gut geschmeckt“, sagt er. Eigentlich kein Wunder, immerhin wurde früher das Dauergebäck Stollen bis Ostern gern gegessen.