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Warum ich gerne Köchin bin

Küchenchefin Katja Kahl über den Fachkräftemangel in ihrer Branche, die Löhne und das wenige Trinkgeld.

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Dresden. Sechs Wochen lang gab es jeden zweiten Tag Rinderroulade. Zur Übung. Am Ende konnte es keiner in der Familie mehr sehen, aber die Prüfung zur Köchin bestand Katja Kahl. Das Prüfungsmenü komplettierten neben der Roulade Klöße, Bohnen und ein Schokoladenparfait.

Inzwischen ist sie seit 15 Jahren Köchin und seit sieben Jahren Küchenchefin von vier Köchen im Courtyard Hotel auf der Stauffenbergallee. Körperlich hart und anstrengend sei ihr Job, aber sie möchte den Herd keinesfalls gegen einen Bürostuhl tauschen, sie liebt die Abwechslung. „Das lange Stehen und die hohen Temperaturen sind natürlich fordernd, aber das muss man aushalten“, erzählt die 35-Jährige. Am Herd ist es heiß, im Kühlhaus eisigkalt – mehrmals am Tag laufen die Köche dazwischen hin und her. Als Chefin kommen noch Aufgaben wie Dienstpläne schreiben und Bestellungen aufgeben dazu. Täglich kommt neue Ware, Fisch, Fleisch, Reis in großen Verpackungen – das alles will gehoben werden. Eine Belastung für den Rücken. „Als Koch braucht man einen Ausgleich und muss dem Körper etwas Gutes tun“, sagt Katja Kahl. Ihr Hobby zum Ausgleich und gleichzeitig ihre größte Leidenschaft: Fußball. Sie spielt selbst beim Hainsdorfer SV und besucht, wenn möglich, alle Heimspiele von Dynamo Dresden.

Zu einem Hobby rät sie auch ihren Kollegen und Azubis. Doch genau die sind knapp. Die ganze Gastronomie- und Hotelierbranche kämpft mit einem immer größer werdenden Mangel an Fachkräften. Köche und Restaurantfachleute fehlen allerorten. Einige Hotels wie das Schlosshotel Pillnitz und das Dorinth müssen jetzt sogar tageweise ihre Restaurants schließen. Der Mangel an ausgebildeten Köchen und Restaurantfachleuten beginnt schon bei der Zahl der Azubis. Während 2007 noch 629 Azubis in Dresden ihre Lehre zum Koch begonnen haben, waren es 2016 nur noch 189, so Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer. Das weiß auch Siri Leistner, Schulleiterin am Berufsschulzentrum für Gastgewerbe in Dresden. 2011 begannen noch 192 junge Leute ihre Ausbildung zum Restaurantfachmann oder -frau und 404 Koch-Azubis, im Schuljahr 2016/17 waren es nur noch 106 Kellner und 266 Köche. „Die schlechte Bezahlung hält viele ab.“, so Leister. Laut Stefanie Heckel vom Dehoga-Bundesverband gilt in den meisten Gastronomieeinrichtungen ein Tarifvertrag für Köche und Kellner. Doch es gibt Unterschiede. „In Ostdeutschland liegt der Anteil der tarifgebundenen Betriebe bei 66 Prozent, in Westdeutschland sind 85 Prozent der gastgewerblichen Betriebe direkt tarifgebunden oder orientieren sich an einem Tarifvertrag.“

Viel Geld allein macht mich nicht glücklich, antwortet Köchin Katja Kahl auf die Frage nach der Bezahlung. Sie könne gut von ihrem Gehalt leben, genaue Zahlen will sie nicht sagen. Anerkennung für die Leistung sei wichtiger. Genau hier sieht sie einen der Gründe, warum sich immer weniger junge Menschen für den Koch-Beruf entscheiden. „Die Gastrobranche hat nicht den besten Ruf.“ Die Höhe des Trinkgeldes habe beispielsweise deutlich abgenommen. Sind die Gäste mal großzügiger, teilen es die Kellner mit den Köchen. Auch die Arbeit in Schichten sei für viele Schulabgänger unattraktiv, beobachtet sie. Wenn der Freundeskreis am Wochenende tanzen geht und man selbst arbeiten muss, sei das für viele frustrierend.

Muss sie zur Frühschicht ran, klingelt der Wecker schon mal um 3.30 Uhr, 5 Uhr ist Arbeitsbeginn. Das Frühstücksbuffet muss fertig werden. Die zweite Schicht beginnt um 6.30 Uhr, die Spätschicht startet um 14.30 Uhr, und geht bis 22.30 Uhr. Danach heißt es putzen und aufräumen. Sie hat danach 20 Kilometer Fahrtweg vor sich, aus Dresden in einen kleinem Ort bei Freital. „Gut zum Abschalten“. Katja Kahl hat ihren Weg gefunden, das Beste aus der Schichtarbeit zu machen. „Meistens ändert sich der eigene Freundeskreis bei der Arbeit in der Gastronomie, und Kollegen werden zu Freunden. Die gleichen Arbeitszeiten verbinden.“ Ihr engster Kreis sei eine Mischung aus alten Freunden und Kollegen. Ein gutes Betriebsklima ist ihr am wichtigsten. „Deshalb bin ich hier schon so lange dabei.“ Ab und zu kocht sie für Freunde und Kollegen. Schnitzel, Nudeln und auch mal eine Rinderroulade.