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Brückenbau dauert ein Jahr

Die Ortsdurchfahrt durch Panschwitz-Kuckau ist seit letztem Sommer unpassierbar. Doch am 1. April sollen Osterreiter die Straße nutzen dürfen. Kein Scherz.

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© René Plaul

Panschwitz-Kuckau. Autofahrer zwischen Bautzen und Kamenz nehmen seit letztem Sommer lange Umwege auf sich. Grund sind umfangreiche Bauarbeiten auf der S 100, die voraussichtlich bis Juli andauern. Fahrbahn und Brücke über das Klosterwasser werden erneuert. Gleichzeitig wird der Regenwasserkanal zwischen Poststraße und Klosterwasser vergrößert, um bei Stark-Niederschlägen eine bessere Fahrbahnentwässerung sicherzustellen. Rund 1,6 Millionen Euro investiert der Freistaat in die Baumaßnahme. Die SZ sprach dazu mit Pressesprecherin Isabell Siebert vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv).

Frau Siebert, seit wann ist das Amt mit dem Vorhaben befasst?

Die Planungen starteten Anfang 2016. So eine kurze Vorbereitungszeit für so ein durchaus komplexes Vorhaben, noch dazu mitten in der Ortslage, das war schon sportlich. Denn Ende 2016 ging es ja schon los mit den Bauarbeiten.

Was gehört eigentlich alles dazu, wenn Sie so eine Baumaßnahme vorbereiten?

Wie üblich müssen Ingenieure die technischen Planungen erarbeiten, Bauleistungen müssen ausgeschrieben und beauftragt werden. Und auch wenn wir nur vorübergehend in fremde Grundstücke eingreifen oder sie für die Baustelle brauchen, müssen wir dafür den Grunderwerb abklären. Aber daneben gibt es noch jede Menge Abstimmungsbedarf. Als wir mit den Planungen begannen, haben wir – so wie immer – auch alle anderen gefragt, die im Straßenraum tätig sind. Denn Ziel ist es natürlich, dass die neue Fahrbahn nicht gleich danach wieder von Telekom oder Abwasserzweckverband aufgerissen wird. Jeder, der Leitungen in der Straße hat, wird in der Vorbereitungsphase mit an den Tisch geholt. Wenn die Straßendecke einmal offen ist, sollen möglichst alle ihre Leitungsbestände einmal checken und gegebenenfalls Arbeiten daran durchführen.

Danach konnte es aber losgehen, oder?

Bevor wir den Verkehr einschränken, müssen Polizei und Gemeinde über Pläne für Sperrungen und Umleitungen informiert werden. Die Zustimmung mit allen Details, wie etwa einem Plan über jedes aufzustellende Verkehrsschild, erteilt dann letztlich die Verkehrsbehörde des Landratsamtes. Neben diesen „üblichen“ Partnern gab es im Teilabschnitt 1 noch einen weiterern: das Kloster selbst. Denn im Zuge der Baumaßnahme wurde ein Stückchen Zugangsweg fürs Kloster neu angelegt. Auch Polizei, Kampfmittelbeseitigungsdienst und Landesamt für Archäologie waren von Anfang an wichtige Gesprächspartner.

Verderben viele Köche nicht den Brei?

Nein, keine Sorge. Wir haben im Vorfeld alles koordiniert. Am Ende bekamen wir alle Anliegen unter einen Hut. Im Auftrag der Gemeinde wird die neben der Straßenbrücke liegende Steindeckerbrücke – u.a. auch zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und aufgrund des schlechten Zustands – komplett zurückgebaut. Die Ewag Kamenz hat die bestehende Gasleitung erneuert und eine neue Trinkwasserleitung verlegt. Die Enso ist mit Stromleitungen und der Straßenbeleuchtung beteiligt. Die Deutsche Telekom ist wegen der Glasfaser- und weiterer Leitungen an Bord. Und für den Abwasserzweckverband wurde eine Druckleitung dauerhaft umverlegt. Involviert ist auch die Landestalsperrenverwaltung, weil an der alten wie der neuen Straßenbrücke eine Wasserpegel-Messstelle installiert ist.

Auch mit dem Landratsamt hatten Sie etliches zu klären, oder?

Ja. Wir mussten uns im Vorfeld mit dem Umweltamt und der Wasserbehörde verständigen, weil das Klosterwasser besonders schutzwürdig ist. Die Verkehrsbehörde ist auch immer mit am Tisch, da wir natürlich einerseits für alle bauzeitlichen Eingriffe in den Verkehr und für die verschiedenen Umleitungen eine Erlaubnis brauchen. Andererseits ändert sich innerhalb der Gemeinde im Interesse der Verkehrssicherheit nach unserem Bauvorhaben auch einiges dauerhaft. So ist der Einfahrtsbereich Rosenthaler Straße zur Einbahnstraße und damit zur Kommunalstraße geworden, sie war bislang Kreisstraße. Dafür wurde die Crostwitzer Straße zur Kreisstraße. Die Verkehrsbehörde war auch Ansprechpartner für die Errichtung der Querungshilfe am Kloster-Parkplatz. Darüber hinaus wurde der notwendige Grunderwerb in das ohnehin laufende Flurneuordnungsverfahren des Landratsamtes eingebunden.

Und seit wann sind Sie vor Ort tätig?

Die Gesamtleistung ist in vier Teilabschnitte geteilt, um zeitlich bestmöglich voranzukommen und Belastungen für Verkehr und Anlieger so gering wie möglich zu halten. Ende 2016 wurde bereits der Teilabschnitt 1 im Bereich des Besucherparkplatzes des Klosters beendet. Dort ist die Fahrbahn erneuert worden, und für Radfahrer und Fußgänger wurde eine Querungshilfe angelegt. Das war ablauftechnisch auch notwendig, um die innerörtliche Umleitung für Anwohner realisieren zu können. Parallel dazu haben wir auf der Reststrecke noch umfangreiche Vorarbeiten realisiert.

Was war denn alles nötig, damit die alte Brücke ersetzt werden konnte?

Die alte Brücke trug ja nicht nur die Staatsstraße, sondern führte auch jede Menge Leitungen über das Klosterwasser. Letzten Sommer haben wir deshalb Umverlegungen für zahlreiche Medien, also Glasfaserleitungen, Gas- und Stromleitungen, Wasser und Abwasser durchgeführt. Damit die Region während des Brückenbaus nicht ins Zeitalter der Rauchzeichen zurückfällt, musste insbesondere die Glasfaserleitung provisorisch gesichert werden. Dazu haben wir extra eine Medienbrücke über das Klosterwasser errichtet, die alle Leitungen überführt. Das alles hat uns in Summe schon drei Monate Bauzeit gekostet.

Wie ist inzwischen der Arbeitsstand?

Neben der schon erwähnten Fertigstellung des Teilabschnittes 1 sind die Arbeiten an dem neuen Regenwasserkanal (Brücke bis Abzweig Poststraße) bereits abgeschlossen. Die folgende Fahrbahnerneuerung ist auf der Kamenzer Seite, also ab der Brücke in Richtung Westen bis zum Bauende „An der Hohle“ weitgehend erledigt. Das neue Brückenbauwerk ist im Rohbau fertig, jetzt folgt die Fertigstellung – einschließlich der Nebenanlagen, also die Herstellung des Flussbettes und die Anbindung angrenzender Stützwände. Als Letztes steht dann noch die Fertigstellung der neuen Fahrbahn auf der Bautzner Seite im Bereich Brückenbau bis zum Kloster-Parkplatz an.

Moment mal, was macht denn das Straßenbauamt in einem Flussbett?

Ja, klingt kurios, ist aber längst Alltag für unsere Fachleute. Der Anteil unserer Arbeit für Umwelt und Nachhaltigkeit wuchs in den letzten Jahrzehnten sehr stark. Wir reißen auch noch die Reste des alten Brückenpfeilers ab. Wenn wir am Ende abrücken, müssen alle Wasserbewohner wieder ein sauberes, naturnahes Flussbett vorfinden.

Wieso müssen Sie eigentlich unter Vollsperrung bauen? Früher ging das auch mit Baustellenampel.

Aufgrund der engen, angrenzenden Bebauung war eine Behelfsbrücke für den Brückenbau nicht möglich. Den beengten Verhältnissen geschuldet kann auch beim Straßenbau aus Gründen des Arbeitsschutzes der Verkehr nicht halbseitig durch die Baustelle geführt werden. Wir müssen die neuen technischen Regeln für Arbeitsstätten bei unseren Bauaufträgen schon jetzt berücksichtigen, weil die formelle Einführung durch den Bund ohnehin bevorsteht. Damit sind für eine halbseitige Verkehrsführung bei Deckenbauarbeiten viele Staats- und teilweise auch Bundesstraßen schlichtweg nicht mehr breit genug. Die Neu-Regelung soll vor allem Bauarbeiter vor Unfällen im fließenden Verkehr schützen, aber auch die Verkehrsteilnehmer vor gefährlichen Bremsmanövern, wenn es mal  eng wird.

Viele Leser fragen sich, warum so wenige Leute auf der Baustelle sind?

Im Bauablauf kommt es zwangsläufig zu Schwankungen im Personaleinsatz. So hat zum Beispiel der Straßenbau einen eher maschinellen Schwerpunkt, der Brückenbau dagegen eher mehr Personalaufwand. Zusätzlich sind technologische Pausen erforderlich, etwa um Beton auszuhärten und weil man bei feuchtem Wetter oder Kälte viele Arbeiten nicht erledigen kann. Wir müssen als öffentliche Hand einen verbindlichen Leistungsumfang einschließlich Fertigstellungstermin ausschreiben, der auch Vertragsbestandteil ist. Solange der Bauunternehmer diesen Termin nicht gefährdet, haben wir kein Recht, in seine Einsatzplanung einzugreifen.

Wie sieht der Endspurt aus?

Wenn das Wetter weiter mitspielt, können wir im Juli fertig werden und die S 100 wieder dem Verkehr übergeben.

Das heißt, zum Osterreiten ist noch kein Durchkommen?

Doch, doch! Wir wollen das Osterreiten am 1. April gern ermöglichen und setzen alles daran, bis dahin Baufortschritt zu schaffen, der die provisorische Nutzung ermöglicht.

Gespräch: Manuela Paul