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Wanderwegewart schmeißt hin

Gunter Fichte aus Obercunnersdorf schiebt Frust. Er fühlt sich von der Klingenberger Verwaltung im Stich gelassen.

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© Egbert Kamprath

Von Stephan Klingbeil

Klingenberg. Diese Entscheidung kam offenbar unerwartet. Der Obercunnersdorfer Gunter Fichte schmeißt nach fast einem Jahrzehnt hin, vorerst zumindest. Der 65-Jährige lässt sein Ehrenamt als Ortswanderwegewart der Gemeinde Klingenberg ruhen. Ab 1. Januar 2017 steht er bis auf Weiteres nicht mehr zur Verfügung. Darüber informierte er die Gemeinderäte vor wenigen Tagen bei deren Treffen in Höckendorf. Die zeigten sich ebenso überrascht wie Bürgermeister Torsten Schreckenbach (Bürger für Klingenberg), der den Entschluss bedauert.

Fichte hatte sich diesen Schritt indes lange überlegt. Er ist enttäuscht. Schwer sogar. „Ich lasse mein Amt ruhen, solange bis meine Fragen beantwort worden sind“, wirft er der Gemeindeverwaltung Mängel bei der Kommunikation mit ihm vor. „Die Zusammenarbeit ist nicht zufriedenstellend. Der Zustand ist unzumutbar.“

Im Fokus der Kritik steht ein Konzept für die Wanderwege im Gemeindegebiet. Ideen für so ein Papier gebe es schon seit Jahren. 2012 , anlässlich des Jubiläums zum 100-jährigen Bestehen der Talsperre Klingenberg, sollte eine Arbeitsgemeinschaft Tourismus gegründet und genau so ein Konzept auf den Weg gebracht werden. Daraus wurde seither nichts.

Fichte hatte indes seine konkreten Ideen für Wanderwege vor rund einem halben Jahr der Gemeinde übergeben. Seither habe er auf eine Antwort gewartet. „Ein Dialog, der mir zugesichert ist, hat seither nicht stattgefunden“, erklärt er. Stattdessen sei er immer wieder vertröstet worden. Obendrein hätten sich Zuständigkeiten im Rathaus geändert. Mal war das Bauamt zuständig, inzwischen wäre die Tourismusbeauftragte der Verwaltung sein Ansprechpartner. Bewegt habe sich bisher – nichts.

Umfassendes Konzept geplant

Nun zieht der Rentner die Reißleine. Fichte sieht sein Anliegen stiefmütterlich behandelt. Über die Gründe kann er nur rätseln. „Womöglich fehlt der politische Wille für so ein Konzept“, fragt er sich. „Dabei gibt es in Klingenberg und Umgebung so schöne Natur, das touristische Potenzial muss man doch nutzen.“ Als Beispiele nennt er die Lückenschließung des Heiligen Wegs im Gemeindegebiet, die Erschließung der Ortsmitte Ruppendorf über echte Wege, die Vermeidung von Staats- oder Bundesstraßen als ausgewiesene Wanderwege und eine Route an der alten Schmalspurbahnstrecke Klingenberg-Colmnitz-Frauenstein.

Bürgermeister Schreckenbach sieht das Ganze weniger dramatisch. Für die Arbeit, die Fichte geleistet hat, bedankt er sich. Auch sein Engagement sei „herausragend gewesen, vorher habe es so einen Einsatz nicht gegeben“. Jedoch seien die Pläne für ein Wanderwegekonzept nicht ad acta gelegt worden. „Es soll erstellt werden“, versichert Schreckenbach. Das, was Fichte als Konzept vorgelegt habe, wäre eher „ein Anfangsentwurf“. Seine Erkenntnisse würden in die neuen Planungen mit einfließen.

„Wir brauchen allerdings ein ganzheitliches Wanderwegekonzept“, betont der Bürgermeister – und er reicht Fichte die Hand. Dieser sei „herzlich eingeladen“, bei der Entwicklung des Konzepts mitzuwirken. Die Verwaltung habe sich mit seinen Vorschlägen beschäftigt, könne aber „auch nicht jede seiner E-Mails beantworten“.

Fakt sei, dass das Konzept auf den Weg gebracht werden soll. Es stand schon 2013, kurz nach der Fusion von Höckendorf und Pretzschendorf zur Gemeinde Klingenberg, auf der Liste mit Förderprojekten. „Dann ist aber die Förderperiode vom Leader-Vorgängerprogramm ausgelaufen“, erklärt Schreckenbach. Nachdem 2014 aber auch in Sachsen das nächste millionenschwere Leader-Programm der EU angelaufen sei, ergäben sich neue Möglichkeiten.

„Ich möchte jetzt ein Planungsbüro beauftragen, das sich um das Konzept kümmert, das auch nur die Gemeinde Klingenberg betrifft“, erklärt der Bürgermeister der SZ. „Die Idee ist ja gut, aber man kann nicht einfach so Wege aufzeigen und dann loslegen. Das wäre so, als ob man das Haus baut, und erst danach das Grundstück kauft, auf dem es steht.“ Erst müsse abschließend geklärt werden, wem etwaige Wanderwege gehören, ob sie als solche genutzt werden können und ob die Gemeinde sich um die Pflege kümmern soll. „Das alles muss umfassend geklärt werden.“

Das alles kann Fichte verstehen. Er fühlte sich aber bisher als ehrenamtlich tätiger Wegewart etwas im Stich gelassen. Rund 200 Stunden pro Jahr habe er investiert. Als Aufwandsentschädigung erhalte er monatlich 20 Euro für seine Aufgaben, um die Wege zur kontrollieren und kleinere Reparaturen zu erledigen. Doch das reiche eigentlich gar nicht aus. Oft auf Eigeninitiative und im Rahmen von Aktivitäten des Fördervereins Edle Krone wurden Wanderwegeschilder ersetzt oder neu aufgestellt. Als Material hätten Tischlereiabfälle gedient. 300 Schildern seien es gewesen seit 2007 – allein in der Altgemeinde Höckendorf.

Fichte, der als einer von fünf Kreiswanderwegewarten definitiv weitermachen will, wünscht sich nun ein „klares Bekenntnis“ von der Gemeinde zu einem Wanderwegekonzept – mit allem, was dazugehört. Also auch zu Pflege, Instandhaltung und anderem, das er allein nicht stemmen könne und auch für Klingenberg eben nur eine freiwillige und keine Pflichtaufgabe sei. Bewegt sich etwas, will er zurück kommen. Darauf hofft auch Schreckenbach. Die Brücken seien jedenfalls „nicht abgebrochen“.