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Kunstgüter wechseln den Besitzer

Gemälde und Möbel aus dem Schloss Wachau wurden jetzt in Lkw verladen. Einige Dinge bleiben als Leihgaben.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Wachau. Die Aktion verlief unspektakulär: Am Dienstag und am gestrigen Mittwoch hielten Lkw vor dem Wachauer Schloss. Speditionsmitarbeiter trugen Kisten in die Wagen. Kein großer Auflauf. Nach wenigen Stunden war alles vorbei. Was nach simplem Paketversand aussah, war der letzte Akt in einer mehrere Jahre andauernden Auseinandersetzung um den Besitz des letzten Eigentümers des Rittergutes und Schlosses Wachau, Robert Hugo Gotthelf Hans Kühne.

Auf der Aufnahme ist zu sehen, wie reich das Schloss ausgestattet war.
Auf der Aufnahme ist zu sehen, wie reich das Schloss ausgestattet war. © privat
Kunstvolle Skulpturen wurden den Erben zugesprochen.
Kunstvolle Skulpturen wurden den Erben zugesprochen. © privat
Wertvolle Wandteppiche schmückten die Räume.
Wertvolle Wandteppiche schmückten die Räume. © privat
Dieser kunstvolle Gong gehörte zum Inventar des Schlosses.
Dieser kunstvolle Gong gehörte zum Inventar des Schlosses. © privat

Eine Erbengemeinschaft hatte sich seit den 60er-Jahren um eine Herausgabe des Inventars von Schloss Wachau bemüht. Ohne Erfolg. 1990 stellte sie beim Amt für offene Vermögensfragen erneut einen Antrag. Im vergangenen Jahr erließ die Landesdirektion Sachsen in Dresden schließlich den Bescheid. Das Amt für offene Vermögensfragen war inzwischen der Behörde angegliedert worden.

Nach dem Papier muss sämtliches Inventar des Schlosses an die Familie zurückgegeben werden. Um wie viele Gegenstände es sich handelt, teilte die Landesdirektion nicht mit. „Diese Angaben unterliegen dem Datenschutz“, sagt Ingolf Ulrich, stellvertretender Sprecher der Landesdirektion in Dresden. Auch zum Wert der Gegenstände machte die Behörde keine Angaben.

Die Kunstwerke, Möbel und Einrichtungsgegenstände hatten die Eigentümer zurückgelassen, als sie Ende des Zweiten Weltkrieges vor den heranrückenden Truppen flohen. In den folgenden Jahren wurde ein großer Teil zerstört, beispielsweise als das Schloss von 1945 bis 1947 Sowjetische Kommandantur war.

Auch Galerie Alte Meister betroffen

Der verbleibende Teil wurde in die Depots der Sammlungen der Alten und der Neuen Meister in Dresden aufgenommen. Andere Kunstgegenstände lagerten im Schloss Klippenstein und im Pirnaer Schloss. Auch dort wurden in den vergangenen Tagen Kunstgüter verladen. „Wir sind froh, dass wir nach mehr als 70 Jahren unser Familieneigentum zurückbekommen. Da hängen ja viele persönliche Erinnerungen dran. Leider ist ja nicht mehr viel übrig“, sagte Michaela Wirtz, eine der Erbinnen. Sie lebt in Stolberg im Rheinland und gehört zu einer der einflussreichsten Familien Deutschlands. Vorfahren sind die Gründer des Kosmetikherstellers Mäurer & Wirtz, der Waschmittelfabrik Dalli-Werke und des Pharmaunternehmens Grünenthal. Letzteres wurde durch den Contergan-Skandal bekannt.

Nach Angaben von Michaela Wirtz ist von den noch vorhandenen Dingen vieles in schlechtem Zustand. „Um die Möbel beispielsweise hat sich ja all die Jahre niemand gekümmert.“ Einige Gegenstände bleiben als Dauerleihgaben im Schloss. „Zwei Kronleuchter, ein großer Schrank und meterhohe Medaillons mit Porträts lassen wir in Wachau. Sie gehören einfach ins Schloss.“ Das Haus selber will die Familie nicht zurück. Zu hoch sind die Kosten für eine Sanierung. „Wir sind in einem Alter, in dem so ein Projekt zu groß wäre.“ Michaela Wirtz wünscht sich jedoch, dass wieder Leben in Schloss Wachau einzieht. Die Chancen stehen nicht schlecht. Nach Angaben der Gemeinde Wachau laufen derzeit Verhandlungen mit mehreren Interessenten über einen Verkauf. Der Wachauer Bürgermeister Veit Künzelmann (CDU) sieht in der Rückgabe der Kunstgüter einen Akt der Wiedergutmachung. „Es handelt sich um Eigentum der Familie Wirtz. Das wurde ihr wieder zurückgegeben. “ Stimmen, die sich für eine gerichtliche Klärung der Rückübereignung starkgemacht hatten, erteilt er eine Absage. „Hier wird nach Recht und Gesetz gehandelt. Ein Gang vor den Richter hätte nichts gebracht. Sicher bedauern wir, dass es jetzt einige Gegenstände nicht mehr im Schloss geben wird, doch es ist nun einmal fremdes Eigentum.“

Überraschte Kommunalpolitiker

Nach Einschätzung von Steffen Jakob, Gemeinderat der Offenen Bürgerliste (OBL) aus Wachau, werden jedoch auch Gegenstände an die Familie herausgegeben, die eigentlich in Wachau verbleiben müssten. „Es handelt sich um Sandsteinfiguren aus dem Schlosspark sowie kunstvolle Sandsteinsockel. Sie gehören nicht zum beweglichen Inventar des Schlosses.“ Die Gemeinde hätte noch während des Rückgabeverfahrens dagegen vorgehen müssen. „Auch hätte ich mir gewünscht, dass wir als Gemeinderat über den Vorgang noch einmal diskutieren. So sind wir von der Rückgabeaktion in dieser Woche geradezu überrascht worden.“