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Vortrag und Lesung im Schloss

Am Freitag geht es im Schloss Lohmen um eine zerbrochene Freundschaft – und ein Stück Literaturgeschichte.

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© Robert Michael

Von Carina Brestrich

Lohmen. Seit Mitte September läuft die Ausstellung „Nicht nur Gegensätze“ im Schloss Lohmen. Gestaltet hat die Schau das Ehepaar Stark aus Stolpen. Während Kunstmalerin Gudrun Stark die Bilder angefertigt hat, verfasste ihr Mann, Matthias Stark, passend zu den Motiven Gedichte. Doch auch anderweitig befasst sich der Autor mit Gegensätzen, nämlich den Gegensätzen zwischen zwei Freunden, die später Feinde wurden: Erwin Strittmatter und Peter Jokostra. Im Schloss Lohmen berichtet Matthias Stark am Freitag von der zerbrochenen Schriftstellerfreundschaft. Im SZ-Interview gibt Stark schon mal einen Vorgeschmack auf den literarischen Abend.

Wer war eigentlich Peter Jokostra?

Jokostra kam 1912 in Dresden zur Welt und wuchs in Spremberg auf. In der Lausitz war seine eigentliche Heimat. Ebenso wie Strittmatter besuchte er dasselbe Realgymnasium. Nach dem Krieg, dem er sich zum Schluss durch Vortäuschung einer Krankheit entzog, war er eng mit Erwin Strittmatter befreundet. Beide verband ihr Interesse an Literatur, Natur und der Wille, eine neue, friedliche Nachkriegsordnung zu errichten. Jokostra war zunächst als Lehrer und Kulturreferent beschäftigt und wurde dann durch die Russen als Kreisschulrat eingesetzt. Daneben schrieb er bereits und veröffentlichte Gedichte. Er starb 2007.

Wie der Titel ihrer Veranstaltung andeutet, zerbrach diese Freundschaft.

Nachdem er 1958 seinen Gedichtband „An der besonnten Mauer“ veröffentlicht hatte, galt Jokostra in den Schriftstellerkreisen der DDR als dekadenter Autor. Auch Strittmatter distanzierte sich zunehmend von ihm. Die zugegebenermaßen teilweise surrealistische Lyrik von Jokostra passte nicht in die offizielle Linie des „Sozialistischen Realismus“. Er floh über die noch offene Grenze. Damit zerbrach die Verbindung zu Strittmatter endgültig.

Gab es danach keine Verbindung mehr?

Nur literarischer Art. Strittmatter benutzt Peter Jokostra als Vorbild zu seiner im dreiteiligen Roman „Der Wundertäter“ auftauchenden Figur des Dichters Weißblatt, der sich in Band drei Jo Ostra nennt. Auch im Roman „Der Laden“ gibt es eine Dichterfigur Peter Persipan alias Heinrich Rübe, die sehr an Jokostra angelehnt ist. Im Gegenzug „rächte“ sich Jokostra, indem er die Veröffentlichung des „Wundertäters“ im Westen durch Intervention beim Verlag verhinderte. Aus der Freundschaft war so eine Feindschaft geworden.

Was hat Jokostra im Westen gemacht? Hat er weitergeschrieben?

Von Peter Jokostra sind viele Kurzgeschichten und mehrere Bücher erschienen. Zu den wichtigsten Werken gehören die Romane „Das große Gelächter“, in dem er seine Erlebnisse verarbeitet, als er zum Kriegsende hin eine Geisteskrankheit vortäuscht. In seinem Roman „Damals in Mecklenburg“ dienen seine Erlebnisse als Landwirt auf einem devastierten Hof in der Einsamkeit Mecklenburgs als Vorlage. Außerdem hat sich Jokostra zeitlebens vehement literarisch gegen den Krieg und für die deutsch-jüdische Dichtung eingesetzt.

War Peter Jokostra im Westen so bekannt wie Erwin Strittmatter im Osten?

Die Frage ist so leicht nicht zu beantworten, da sich die Literaturszenen der beiden Staaten grundsätzlich unterschieden. Zweifellos gehörte Strittmatter zu den ganz Großen der DDR-Literatur. Peter Jokostra hingegen machte sich in der BRD einen Namen als Literaturkritiker und Herausgeber. Er war mit vielen wichtigen Schriftstellern des 20. Jahrhunderts befreundet.

Wie wird Jokostras literarisches Erbe weiter gepflegt?

Es gibt deutschlandweit einen kleinen Kreis von Literaturfreunden, die sich mit dem Werk von Peter Jokostra beschäftigen. So haben wir beispielsweise angeregt, eine Gedenktafel am Elternhaus in Spremberg anzubringen. Leider tut sich die Stadt Spremberg aufgrund der umstrittenen Kriegsvergangenheit Strittmatters ziemlich schwer mit ihrem literarischen Erbe. Wir hoffen trotzdem, dass neben Erwin Strittmatter irgendwann auch noch Platz ist, einem weiteren Dichter aus der Lausitz die Ehre zu erweisen.

Vortrag und Lesung „Der Schriftsteller Peter Jokostra und die zerbrochene Freundschaft zu Erwin Strittmatter“: 9.10.,19 Uhr, Rittersaal Schloss Lohmen, Eintritt: 4 Euro.