Von Madeleine Arndt
Bautzen. Radfahrer müssen sich vorsehen. Denn sie sind nach den Fußgängern das nächstschwächste Glied in der Kette. Im September kam es an der Löbauer Straße zu einem tragischen Zusammenstoß von einer Auto- und einer Radfahrerin, die 60-Jährige auf dem Rad wurde tödlich verletzt. Und die Löbauer Straße ist nicht die einzige Gefahrenstelle, wie die Bautzener Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) beobachtet hat.
Die Löbauer Straße
Im Großen und Ganzen bewertet Martin Ritscher zunächst das Radfahren in Bautzen als ungefährlich. Aber es gibt Gefahrenpunkte. Die Löbauer Straße mit ihren Radwegen, die neben den Gehwegen verlaufen, gehöre zu diesen kritischen Stellen. „An allen Kreuzungen und Einfahrten seien dort die Radfahrer hinter parkenden Autos und der Straßenbepflanzung für den kreuzenden oder abbiegenden Autofahrer schlecht sichtbar“,erklärt Ritscher.
Die Stieberstraße
Als weitere adrenalinbehaftete Strecke gilt die Stieberstraße. Dort müssen sich die Radfahrer einen teils schlechten Fahrbahnuntergrund mit tendenziell etwas rasanter fahrenden Autos teilen. Gesonderte Radspuren fehlen hier. Viele Leute weichen deshalb auf den Fußweg aus.
Die Schilleranlagen
Wirklich gefährlich sind laut Ritscher aber die Schilleranlagen. „Die Schrägparker können die Radfahrer auf der Straße beim Ausparken schlecht erkennen. Autos überfahren auch gern die Doppellinie für den Radstreifen in der Gegenrichtung. Dass da noch nie etwas passiert ist, wundert mich“, sagt das ADFC-Mitglied. Vor allem am Anfang und Ende eines Schultages herrscht an den Schilleranlagen viel Gedränge: Die Schüler laufen oft auf den Radstreifen, Fahrradfahrer weichen zur Straßenmitte aus und Autos rangieren schwer überschaubar aus Parklücken heraus.
Die Steinstraße
Die alten Hochbordradwege an der Steinstraße befinden sich in einem schlechten Zustand. Auch deshalb wurde der Radverkehr mittels eines Schutzstreifens auf die Fahrbahn verlegt. Doch der Streifen ist sehr schmal. „Gerade Ältere fühlen sich darauf nicht sicher“, erklärt Ritscher. Die Situation verschärft sich, wenn breite Laster über die Steinstraße fahren.
Die Seminarstraße
Ungünstig ist die Verkehrsregelung auf der Seminarstraße. In der Einbahnstraße wurde jetzt links zeitweise das Parken erlaubt, weiterhin wird aber regelwidrig rechts geparkt. Im schlechtesten Fall müssen Radfahrer im Slalom die Autos passieren. So rücken sie in die Straßenmitte. Das mache es für sie gefährlicher, vor allem dort, wo Autos in die Straße einbiegen, so Ritscher.
Viele Unfälle
Nach Angaben der Polizei kam es dieses Jahr in Bautzen zu 91 Unfällen mit Radfahrern. Dabei wurde ein Mensch getötet, 13 Personen erlitten schwere und 44 leichte Verletzungen. Die Bilanz der vergangenen zwei Jahre ist ähnlich: „2014 registrierte die Polizeidirektion 91 Verkehrsunfälle unter der Beteiligung von Fahrradfahrern in Bautzen. Dabei wurden ein Mensch getötet, 18 schwer verletzt und 57 leicht verletzt“, teilt Polizeisprecher Tobias Sprunk mit. Im Jahr 2015 zählte man 95 Unfälle, bei denen 15 Radfahrer schwer und 63 leicht verletzt wurden.
Umfrage gestartet
In letzter Zeit wurde in der Spreestadt Einiges zugunsten der Radfahrer geändert. So wurde die Einbahnstraßenregelung für sie aufgehoben. Lästige Umwege fallen damit weg. Ob sich die Bedingungen wirklich verbessert haben, können Bautzener im aktuellen Fahrradklima-Test beurteilen. Die Internet-Umfrage läuft noch bis Ende November. In Form von Noten von 1 bis 5 können hier Themen wie Sicherheit, Komfort und Stellenwert des Radverkehrs bewertet werden. Mehr als 100 000 Bürger hatten 2014 mitgemacht und die Fahrradfreundlichkeit in 468 Städten beurteilt. Bautzen schnitt unter den teilnehmenden Kommunen mit der Note 4 mittelmäßig ab. Am meisten wurden die Verkehrsführung an Baustellen, der Winterdienst und die Werbung für den Radverkehr bemängelt. Auch die alte Einbahnstraßenregelung war damals ein wesentlicher Kritikpunkt.