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Vorlesekönigin hält Hof in Graupa

Ellen Schaller erfreut die Grundschüler mit Geschichten. Die Kabarettistin hat einen persönlichen Bezug zum Ort.

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© Kristin Richter

Von Mareike Huisinga

Graupa. „Was bedeutete, dass Auguste den Vater Löwenhaupt schnatternd mit ihrem Schnabel an der Nase zwickte. “ Ellen Schaller muss mit dem Vorlesen einen Moment innehalten, denn ihre kleinen Zuhörer brechen bei diesem Bild in fröhliches Gekicher aus. Erst nach einer Weile kann die Kabarettistin und Schauspielerin „Die Weihnachtsgans Auguste“ zu Ende vorlesen. Das macht sie sehr geschickt, mit viel Betonung, gekonnt gesetzten Pausen und unterschiedlichen Stimmen. Aufmerksam folgen die Mädchen und Jungen ihren Worten; in den kleinen Köpfen entstehen immer wieder neue Bilder. Dass die Grundschule Graupa am bundesweiten Vorlesetag der Stiftung Lesen teilnimmt, ist nichts Neues. Dass Ellen Schaller kommt, ist jedoch eine Premiere gewesen. „Die Mutter einer Grundschülerin war Gast bei mir im Kabarett. Sie sprach mich an, ob ich nicht in der Grundschule Graupa vorlesen möchte“, erinnert sich die Dresdenerin, die nicht lange überlegen musste und spontan zusagte.

Am 18. November fuhr sie nach Graupa und hatte für die ersten und zweiten Klassen den Klassiker Auguste und für die größeren „Der kleine Prinz“ von Saint-Exupéry im Gepäck. „Ich habe die Bücher nach dem Alter der Kinder ausgewählt“, erklärt Schaller. Sie begrüßt die Vorlese-Aktion uneingeschränkt. „Denn Lesen gerät immer mehr in Vergessenheit“, bedauert sie und erinnert sich gerne daran, als sie ihrer Tochter abends immer eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hat. „Dieses Ritual gab Ruhe und bedeutet, sich Zeit für den anderen zu nehmen“, erklärt die Mutter. Schon jetzt steht für sie fest, dass sie auch im nächsten Jahr bei der Aktion wieder mitmachen wird. Ob erneut in Graupa, ist jedoch noch nicht sicher. Dabei hat Ellen Schaller zu Graupa einen ganz persönlichen Bezug. Aufgewachsen ist sie nämlich in Pillnitz und das Schwimmen lernte sie im ehemaligen Graupaer Borsbergbad, das in diesem Jahr renaturiert wurde.

Bei ihren kleinen Zuhörern kam die Vorleserin jedenfalls prima an. „Ich finde die Auguste klasse. Bei uns gibt es allerdings keine Gans zu Weihnachten, sondern Grützwurst“, sagt Thomas und muss lächeln. Sein Freund Till meint, dass die Aktion „cool“ war. Er selber liest übrigens am liebsten Märchen. „Aber auch der Lesethron gefällt mir gut“, erklärt der Siebenjährige.

Selbst gebauter Lesethron

Stimmt, der bunte Holzstuhl mit breiten Armlehnen und Krone, auf dem Ellen Schaller Platz nimmt, ist ein Unikat. Die Geschichte dazu erzählt Schulleiter Holger Häse. „Vor einigen Jahren war eine Lehramtsanwärterin bei uns, die im ersten Studienfach Architektur belegt hatte. Zum Abschied wollte sie uns etwas Besonderes hinterlassen“, sagt Häse. Mit viel Liebe zum Detail entwarf die junge Frau den Lesethron, der dann von einer Graupaer Tischlerei gezimmert wurde und heute Hingucker bei jeder Vorleseaktion ist.

Was öfter vorkommt, denn die Schule legt besonderen Wert auf Lesekompetenz. „Vorlesen ist der beste Zugang zur Literatur. Es animiert die Kinder, selber ein Buch in die Hand zu nehmen“, erläutert Lehrerin Silke Peters. Deshalb besteht auch eine Kooperation zwischen der Grundschule Graupa und der Pirnaer Stadtbibliothek. Höhepunkt für alle Graupaer Leseratten und künftigen Schriftsteller ist immer das Lesecafé im Januar. Dann dürfen die Grundschüler persönlich den Lesethron erklimmen und ihren Mitschülern die selbst geschriebenen Geschichten oder Gedichte vorlesen.