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Vorfreude bei den Bauers

Die Familie hat die Zukunft ihres Goldschmiedegeschäftes in Bischofswerda geplant. Im Internet findet sie nun nicht statt. Es kommt viel besser.

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© Steffen Unger

Von Gabriele Naß

Bischofswerda. Die lange Tradition des Geschäfts der Goldschmiedefamilie Bauer in Bischofswerda wird weiterleben. Dafür stehen Axel Bauer (46), Inhaber in fünfter Generation und seine Frau Doreen (41). Beide haben sich entschlossen, den Laden am Altmarkt zu behalten, nicht woanders hinzugehen oder künftig nur noch das Internet für den Verkauf zu nutzen. Monatelange Bedenkzeit hatten sich die beiden dafür gegeben. Und nun kommt es viel besser.

Bauers haben eine neue Ladeneinrichtung bestellt. Am langen letzten Oktoberwochenende erwarten sie zuerst die Maler, dann die Möbelbauer. Anschließend werden Auslagen mit Uhren, Ketten, Armbändern, Eheringen und alldem bestückt, was die Goldschmiede ihren Kunden bietet. Weiß bei den Möbeln und LED-Lichter sollen die neue Optik bestimmen. Ihr Geschäft so am 1. November wieder eröffnen zu können, darauf freut sich die Familie. „Wir begrüßen unsere Kunden mit Sekt und haben einen Schnellzeichner zu Gast. Wer will, kann sich von ihm porträtieren lassen“, sagt Axel Bauer.

Ausgesucht waren die neuen Möbel schon lange. Nur lange wurden sie nicht abgerufen. Bauers haben sich Zeit gelassen mit der Entscheidung, weil sie nicht sicher waren, ob eine Investition in einen Laden in Bischofswerda jetzt noch Sinn macht. Ob es nicht besser wäre, den Standort zu wechseln, in eine größere Stadt zu gehen. Axel Bauer räumt ein, er habe auch kurz darüber nachgedacht, nur die Werkstatt zu lassen, aber keinen Laden mehr zu haben und den Verkauf allein übers Internet abzuwickeln. Der 46-Jährige, hineingeboren in eine Handwerkerfamilie, entschied sich schließlich für das Geschäft im Haus der Familie am Altmarkt. Hier wird er jetzt rund 35 000 Euro investieren. Dafür hat er einen Kredit aufgenommen. „Ein Laden hat Berechtigung. Wir sind eine sehr beratungsintensive Branche und spüren, dass unsere Kunden unsere Beratung auch zu schätzen wissen“, sagt Axel Bauer. Außerdem habe Bischofswerda Fortschritte gemacht. Er spüre etwas vom neuen Geist, vom Willen, dass Bischofswerda in der Liga der Städte, von denen man spricht, mitspielen will, seit der neue OB da ist. Er glaubt, dass sich hier etwas entwickelt, auch wenn er sich gerade ärgern muss über die erhöhten Gebühren für Händler, die Werbung oder Ware vors Geschäft stellen. Axel Bauer, auch Chef der Werbegemeinschaft, hält es für vernünftig, wenn das gar nichts kostet.

Zusammen einen guten Geschmack

Maßgeblich beteiligt an der Entscheidung für den Ladenumbau ist Frau Doreen. Sie hat zwar ihren eigenen Job und hilft nur aus im Laden. Aber irgendwie, sagt sie, bleibe es nicht aus, dass sie die Geschäftsfrau an der Seite ihres Mannes ist, wie es schon ihre Schwiegermutter und alle Bauer-Damen zuvor waren. „Er bringt ja alles, was den Laden betrifft mit nach Hause. Und das ist auch gut so. Hier haben wir die Zeit zum Reden und können in Ruhe überlegen“, sagt sie. Sie habe Freude daran, ihrem Mann zur Seite zu stehen, sie halte es auch für selbstverständlich. Dass es ihr Spaß macht, merkt man, vor allem, wenn es darum geht, auszusuchen, was den Kunden gefallen könnte. Immer begleitet Doreen Bauer ihren Mann zu Messen, und wenn es sich anbietet, verbinden sie die Fahrt mit einem Familienurlaub. Er ist froh. Es erleichtere das Selbst und Ständig des Handwerksmeisters natürlich sehr, sagt er. Wenn sie unterwegs sind, um Ware zu ordern, hat meist sie einen Zettel dabei, auf dem steht, was sie denkt, wonach man schauen sollte. Und was unbedingt mitgebracht werden muss, weil die Kunden danach gefragt haben. Dass sie zusammen einen ziemlich guten Geschmack haben und damit den Nerv der Leute treffen, belegt die Bilanz. „So lange wir den Laden haben, haben wir beim Umsatz immer etwas zugelegt, obwohl wir nie an der Preisschraube gedreht haben“, sagt Axel Bauer. Allerdings treffen die Bauers auch durch ihre Art den Geschmack. Eine Familie wie du und ich.

Doreen Bauer hat, als vor 14 Jahren Sohn Alec geboren wurde, die Arbeitszeit in ihrem Beruf verkürzt. In Schichten und an Wochenenden arbeitet sie zwar immer noch, „aber ich habe trotzdem die Zeit für mein Kind, die ich immer haben wollte“, sagt sie. Das ist ihr auch jetzt noch wichtig, obwohl der Sohn inzwischen ziemlich selbstständig geworden ist. Aber da sein zu können, wenn jemand zum Zuhören gebraucht wird, bleibe wichtig. Fürs Auto- oder Mopedfahren ist der Sohn noch zu jung. Sie richten es sich daher auch ein, dass jemand Zeit hat, ihn zu fahren zwischen Schule in Bischofswerda, Freizeitinteressen und dem Zuhause in Putzkau.

Erster Berufswunsch: Lokführer

Die Bauers haben sich ein kleines Einfamilienhaus in Putzkau gebaut. Dort, weil da die Grundstückspreise günstiger waren als zum Beispiel in Bischofswerda. „Vom Laden können wir leben, aber reich geworden sind wir nicht“, sagt Axel Bauer. Ein Haus für sich und seine Familie sei ihm aber wichtig gewesen. Er habe als Kind auch in einem Haus mit Garten groß werden dürfen, als seine Eltern sich zunächst bei Berlin Geschäft und Wohnsitz aufbauten, bevor sie den hiesigen Besitz übernahmen. Als Axel Bauer seine Frau in den 1990iger Jahren kennenlernte, wohnten sie zuerst in einer Wohnung im Haus von Patenonkel Steffen Grafe, dem Buchbinder. Sie hätten sich beide nicht wohlgefühlt. Zu wenig Auslauf. „Wenn du einen Garten hast und mal raus kannst, auch mal grillen, ist das schon schöner“, sagt Axel Bauer.

Als er so alt war wie sein Sohn jetzt, wollte Axel Bauer Lokführer werden. Aber bald merkte er, dass das Handwerk des Vaters, des Opas und deren Vorfahren, die alle Goldschmiede geworden waren, auch ihm liegt. Er habe Freude daran, wenn Kunden ihn bitten, aus dem Bernstein, den sie gefunden haben, einen Anhänger zu machen. Oder er für Brautpaare die Eheringe entwerfen und gestalten kann. „Manche kommen und machen in der Werkstatt mit“, sagt Doreen Bauer, stolz schauend in Richtung ihres Mannes. Knapp ein Drittel des Umsatzes machen die Neuanfertigungen von Axel Bauer aus.

Betrieb 2008 übernommen

Nach dem langen letzten Oktoberwochenende wird der renovierte Laden mit neuen Möbeln wieder eröffnet –  und gleichzeitig das 140. Jubiläum des Familienbetriebes begangen. Goldschmied Carl-Ernst Bauer hat die Tradition 1876 begründet. Er begann mit Werkstatt und Laden an der Kirchgasse in Bischofswerda und zog später an die Dresdener Straße um. Den heutigen Familienbesitz am Altmarkt schuf Heinz Bauer. Er ließ das Wohn- und Geschäftshaus 1908 errichten. Dessen Sohn, Axel Bauers Opa Paul Bauer, kam danach. Er musste hier während der DDR zeitweise improvisieren und eine Wohnung im Obergeschoss als Geschäft nutzen, weil den Platz unten die staatliche HO beanspruchte. Nach der Wende gehörten die Bauers zu den ersten, denen die Rückübertragung ihres Eigentums ermöglicht wurde. Axel Bauers Vater Wolfgang und dessen Frau eröffneten das heutige Geschäft im November 1992. Axel Bauer übernahm den Familienbetrieb 2008. Die Eltern helfen aber immer noch, wenn nötig.

www.kauf-lokal-sachsen.de