Von Miriam Schönbach
Bautzen. Der schwarze Flügel steht mitten auf der Bühne im Burgtheater. Die vier großen leuchtenden Säulen tauchen die Szenerie in warmes Licht. Am Klavier sitzt Thomas Ziesch. Sein jüngstes Programm „Herzensangelegenheiten“ ist erst wenige Sekunden alt. Doch schon ab dem ersten Augenblick nimmt der Schauspieler sein Publikum zu einem Zwiegespräch über „Das Gefühl aus vollstem Herzen und tiefster Seele“ mit. Mit diesem Lied beginnt er den neuen Bodo-Wartke-Abend.
Der bekannte Musikkabarettist und der Bautzener Schauspieler begegnen sich vor gut zehn Jahren zum ersten Mal. Im Netz stößt Thomas Ziesch auf den Wortakrobaten. „Bodo Wartke ist für mich ein Chronist unseres Alltags. Sein Publikum verführt er mit feinstem, humorvollem Esprit“, sagt der 50-Jährige. Die hervorragenden Texte, subtilen, exzellent gereimte Wortspielereien mal pragmatisch, mal verträumt, immer mit Liebe zur Sprache und zur Musik lassen ihn fortan nicht mehr los. Wohl auch deshalb entsteht peu à peu das Programm „KlavierKabarett in Reimkultur“.
Wieder gern am Klavier
Seine Premiere feiert 2010 dieser kabarettistische Abend am Klavier. 50 Mal hat sich bisher das Publikum von den Alltagsbeschreibungen verführen lassen, die Bodo Wartke mit „feiner Florett statt mit der Streitaxt“ verteilt, wie Thomas Ziesch sagt. Sein großes Vorbild am Klavier und im Reim gab mit 19 Jahren im Jahr 1996 sein erstes abendfüllendes Konzert. Von 2000 bis 2005 studierte der gebürtige Hamburger Klavier und Gesang an der Universität der Künste in Berlin. Inzwischen gehört der „Gentleman-Kabarettist“ längst zur ersten Liga der Kleinkunstsatiriker und ist regelmäßig Gast beim 3satfestival oder Schleswig-Holstein Musik Festival.
Während beim ersten Bodo-Wartke-Abend vor allem die Lachmuskeln auf ihre Kosten kamen, schlägt Thomas Ziesch bei seinem zweiten Projekt ein paar andere Saiten der vertonten Geschichten an – jene Komplikationen, die das zwischenmenschliche Miteinander aufwirft. „Bodo Wartke ist älter geworden. Herzensangelegenheiten wird ein sehr ehrlicher Abend mit Humor und Witz. Ich bin dabei. Was ich sage, kann ich vertreten“, sagt Thomas Ziesch. Die Beschäftigung mit dem Kabarettisten hat für ihn einen schönen Nebeneffekt. Er setzt sich gern wieder ans Klavier und übt. Dieses Musikinstrument begleitet den Bautzener schon fast sein gesamtes Leben.
Der Traum von Papageno
Die ersten Töne auf dem Klavier lernt der Sorbe in der Musikschule. Etwas intensiver beschäftigt ihn das Instrument während seiner Zeit als Dresdener Kapellknabe an der Hofkirche. Durch einen Hinweis in einer Kirchenzeitung erfährt er von der Suche nach jungen Stimmen. Seinerzeit träumt er davon, den Papageno in Mozarts „Zauberflöte“ auf der Opernbühne zu singen. So setzt er alles daran, zum Knabenchor zu kommen.
Nach der zehnten Klasse 1983 enden aber vorerst diese musikalischen Ambitionen. Stattdessen absolviert Thomas Ziesch eine Tischlerlehre beim VEB Waggonbau Bautzen. Der Gesang begleitet den Schauspieler trotzdem weiter. Zuerst singt er als Laie im Chor des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters, 1986 engagiert ihn das Haus fest. Drei Jahre später beginnt er das Gesangsstudium an der Dresdener Musikhochschule und macht nach einem Wechsel an die Hochschule für Musik und Theater in Leipzig seinen Abschluss im Gesangs- und Schauspielfach. Seit 1996 gehört der zweifache Vater zum festen Ensemble des Bautzener Schauspielhauses.
Gemütlicher Quatschabend
Auf seine Kollegen musste Thomas Ziesch in den vergangenen sechs Wochen weitestgehend verzichten. Denn für die „Herzensangelegenheiten“ hat er sich zuerst das Lied-Repertoire ausgesucht und dann die Moderation zusammengestellt. „Ich war mein eigener Regisseur. Vor allem aber bin ich im vergangenen halben Jahr immer wieder ans Klavier, um die Lieder zu üben“, sagt der Schauspieler. Sein großes Idol hat er übrigens schon live mit seinem Ödipus-Programm gesehen. Zudem hat Bodo Wartke dem Bautzener die Welt zum Kabarett geöffnet.
Wenn es die Zeit erlaubt, schaut er inzwischen gern die politische Kabarett-Sendung „Die Anstalt“. Für solche Aus-Zeiten bleiben bis zum Jahresende wohl wenige Möglichkeiten. Stattdessen lädt Thomas Ziesch sein Publikum zu einem gemütlichen Quatschabend, der liebevoll und im Reim die „Schlaglöcher des Lebens“ betrachtet. „Die Zuschauer dürfen sich über Geschichten freuen, die aus dem Herzen kommen und – direkt ins Herz gehen. Deshalb ist mir das neue Programm eine Herzensangelegenheit, ja ein Bedürfnis“, sagt der Schauspieler.
Nächste Vorstellungen „Herzensangelegenheiten“ am 2., 13., 16., 26. Dezember und am 13. Januar jeweils um 19.30 Uhr im Burgtheater Bautzen (kleiner Saal)