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Von der Ostsee auf den Neumarkt

Eine Rennyacht erreicht ihren Ankerplatz vor der Frauenkirche. Dafür hat eine Glashütter Firma gesorgt.

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© René Meinig

Von Lars Kühl

Glashütte/Dresden. Keine steife Brise weht, die See ist nicht rau. Dafür säuselt ein äußerst laues Lüftchen, bei schönstem Kaiserwetter. Und trotzdem ist die Yacht gestrandet. Sie steht auf Pflastersteinen, anstatt hohe Wellen zu durchpflügen. „Ihr seid wohl nach Navi gesegelt?“, ruft ein Passant dem Aufbautrupp spöttisch zu. Keineswegs. Verfahren hat sich hier niemand. Die Landung auf dem Trockenen ist planmäßig. Mitten in Dresden, vis-à-vis der Frauenkirche, genau vorm Juwelier Wempe steht seit Dienstag die „Tutima“ auf dem Neumarkt. Zur Einheitsfeier am Wochenende ankert die Rennyacht, vom gleichnamigen Glashütter Uhrenhersteller 2009 übernommen, für einige Tage an diesem für sie so außergewöhnlichen Ort. „Das ist schon etwas Besonderes“, erzählt Katharina Groß, die die Aktion koordiniert. Die beginnt bereits vorigen Donnerstag. Gegen 22 Uhr macht sich eine Kolonne in Kiel auf den Weg. 550 Kilometer für den 28 Meter langen, über vier Meter breiten und 43 Tonnen schweren XXL-Transport – das geht nur nachts, mit einer Polizeieskorte, größter Vorsicht und maximal 80 Stundenkilometern. Von der Ostsee nach Sachsen. Das dauert. Am Dienstag erreicht der Schwerlaster um 3.30 Uhr den Neumarkt. Durch die Landhausstraße fährt er mit einer Sondergenehmigung im Schritttempo über die Pflastersteine. Bis das Auto mit seiner wertvollen Fracht richtig steht, vergeht eine geschlagene Stunde. Die kniffligste Aufgabe liegt da allerdings noch vor Bootsmann Jan Dabelstein. Am Mittag muss er erst den 23 Meter hohen Mast in Position bringen und anschließend montieren. Das geht nur mit einem Kran. Dieser hebt den Mast vorsichtig an, der richtet sich auf und schwebt über der 14 Meter langen „Tutima“, die 8,3 Tonnen wiegt. Dabelstein führt geübt seine Handgriffe aus, und der Rumpf hat den wichtigsten Teil seiner Takelage zurück.

Nachdem der Schwertransport in der Nacht auf dem Neumarkt angekommen war, wurde die wertvolle Fracht ausgepackt.
Nachdem der Schwertransport in der Nacht auf dem Neumarkt angekommen war, wurde die wertvolle Fracht ausgepackt. © René Meinig
Ein reines Frauenteam vertritt „Tutima“ bei Segelwettkämpfen – selbstbewusst und mit großem Erfolg.
Ein reines Frauenteam vertritt „Tutima“ bei Segelwettkämpfen – selbstbewusst und mit großem Erfolg. © PR

Doch noch liegt die Yacht auf Rädern, statt Wellen zu reiten. Das bleibt auch so, wenn sie von Sonnabend bis Montag begangen werden kann. Allerdings bekommt der Unterbau bis dahin in den nächsten Tagen noch einen „Wassermantel“, sodass die Betrachter den Eindruck haben, sie schwimmt, erklärt Katharina Groß. Für die Firma Fairnet, für die sie arbeitet, ist die Aktion eine Herausforderung. „Das machen wir zum ersten Mal.“ Die „Tutima“ stand schon einmal in Hamburg vor einem Messegelände, aber das sei nicht mit dem Aufwand für Dresden zu vergleichen. So eine Aktion werde so schnell nicht mehr passieren, sagt Groß. Schon am Dienstag bleiben viele Schaulustige beim Aufbau stehen. Bei der Einheitsfeier können die Besucher die Yacht, die die ganze Zeit bewacht wird, auch besichtigen. Selbst ein Blick unter Deck in die Kajüten könnte möglich sein. Dann sind außerdem die „Pink Ladys“ vor Ort und geben Seglerlatein zum Besten. Sie gehören zur 15-köpfigen Crew, die seit 2010 als einziges reines Frauenteam Deutschlands bei Hochseeregatten, Welt- und Europameisterschaften antritt, vor allem gegen Männermannschaften.