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Von der Kunstschmiede zum Nutzfahrzeug-Service

Die Firma Bauer lädt zum Tag der offenen Tür ein. In 245 Jahren Betriebsgeschichte wurden Kutschen gebaut und Kunstschmiedearbeiten.

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© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Schönfeld. Private Handwerksunternehmen waren zu DDR-Zeiten nicht wohl gelitten. „Ich könnte eine lange Liste von Schikanen aufzählen, denen unser Familienbetrieb ausgesetzt war“, erzählt Gerald Bauer (59). Als der Schönfelder die Firma vor 30 Jahren von seinem Vater Heinz übernahm, stand beispielsweise das Finanzamt vor der Tür und präsentierte eine Forderung von 60 000 Mark. „Keine Ahnung, wie wir das Geld damals zusammengekratzt haben“, sagt Bauer. Die Behörden hielten die Privaten damals über Materialkontingente, die Verweigerung von Krediten und Abgaben kurz, so dass sie kaum finanzielle Rücklagen bilden konnten.

An herrschaftlichen Kutschen wie dieser bauten Bauers mit.
An herrschaftlichen Kutschen wie dieser bauten Bauers mit. © Archiv/Klaus-Dieter Brühl
Der schmiedeeiserne Zaun vorm Schloss stammt auch von der Firma.
Der schmiedeeiserne Zaun vorm Schloss stammt auch von der Firma. © Archiv/Klaus-Dieter Brühl

Immerhin war es zwei Jahre später vorbei mit dem SED-Staat. Ab 1990 konnte der traditionsreiche Handwerksbetrieb wieder ohne Repressalien wirtschaften, und das tut er bis heute mit gutem Erfolg. Am Freitag ab 14 Uhr und am Sonnabend von 9 bis 14 Uhr veranstaltet Gerald Bauer für alle Interessierten einen Tag der offenen Tür. Auf dem Firmenhof am Eichenweg werden viele Nutzfahrzeuge zu sehen sein, für die die Schönfelder Firma die Ausrüstung und den Service ausgeführt hat. Für das leibliche Wohl und musikalische Unterhaltung ist ebenfalls gesorgt.

245 Jahre ist es her, dass der in Oschatz geborene Johann Gottlob Bauer vom Schönfelder Schlossherren das benachbarte Handwerkerhaus erwarb. Johann Gottlob war von Beruf Huf- und Waffenschmied, und so nannte sich die Handwerker-Dynastie auch über die nächsten drei Generationen. Bis heute wohnt Gerald Bauer in dem Gebäude an der Großenhainer Straße, in dessen Hausflur einst der Amboss stand. Zunächst führten die Bauers all jene Arbeiten aus, für die ein Dorfschmied eben so gebraucht wurde: Hufbeschlag, Wagenbau, die Reparatur von Landwirtschaftsgeräten. Die Hohe Straße, die durch Schönfeld führte, war damals ein stark frequentierter Handelsweg, auf dem viele Fuhrleute unterwegs waren. Diese und das Schönfelder Rittergut verschafften den Bauers über viele Jahrzehnte ein vernünftiges Auskommen. Diese übernahmen beim Umbau des Schlosses im 19. Jahrhundert sogar die Kunstschmiedearbeiten.

Mit der technischen Entwicklung änderte sich auch das Handwerksprofil der Schönfelder Dorfschmiede. Nach dem 1. Weltkrieg wurden Kutschwagen und Stahlklammern für Baubetriebe hergestellt. Nach dem 2. Weltkrieg fertigte die Schmiede Ackerpflüge, Ackerwagen und Stahlträgerkonstruktionen. In der Zeit der Kollektivierung verlor die Firma die privaten Bauernhöfe als wichtige Kunden, weil die LPGs eigene Verbund-Werkstätten gründeten. Sie musste auf Industrieprodukte ausweichen, etwa die Fertigung von Autoanhängern, Zugvorrichtungen für den Pkw Trabant und baute einen Ersatzteilhandel auf.

Nach der politischen Wende führte Firmenchef Gerald Bauer das Unternehmen in die Marktwirtschaft. Er schloss Serviceverträge mit großen deutschen Nutzfahrzeug-Ausrüstern wie Meiller und Palfinger ab, rüstete seinen Fahrzeugbau technisch auf und erweiterte das Serviceprofil. „Der erste Boom in dieser Branche ist leider an uns vorbeigegangen, weil wir nicht die entsprechenden räumlichen Möglichkeiten hatten“, erklärt der Schönfelder.

Deshalb erwarb Bauer im Jahr 1997 eine Fläche mit Werkstattgebäuden auf dem Areal des abgewickelten Kreisbetriebes für Landtechnik am südlichen Ortsrand. Hier konnte sich die Firma ungestört ausbreiten – heute montiert sie die unterschiedlichsten Lkw-, Kran- und Kipperaufbauten und ein breites Sortiment an Zuggabeln. Außerdem führt sie Instandsetzungsarbeiten aus und nimmt sie die notwendigen technischen Prüfungen vor. Über all das können sich die Gäste beim Tag der offenen Tür am Freitag und Sonnabend ein Bild verschaffen. Der Schönfelder Fahrzeugbau zählt im Moment neun Beschäftigte. Mit Junior Anton Bauer (34), der derzeit seine Meisterausbildung absolviert, steht bereits die nächste Firmen-Generation am Startblock.

Freitag und Sonnabend Tag der offenen Tür