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Von der Anklagebank in die Einzelzelle

Einbrüche und Diebstähle in Riesa, Zeithain und Nünchritz gehen auf das Konto zweier Teenager. Die sitzen nun im Jugendknast.

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© Wolfgang Wittchen

Von Antje Steglich

Regis-Breitingen. Zwölf Quadratmeter. Bett, Schreibtisch, Wandschrank, Nasszelle mit Toilette und Waschbecken. Das ist seit Kurzem das Zuhause von zwei Jugendlichen aus Riesa und Nünchritz. Die 14 und 15 Jahre alten Teenager sitzen in der Jugendvollzugs- anstalt Regis-Breitingen südlich von Leipzig ein. Der Jüngere voraussichtlich für drei Jahre, der Ältere erst einmal höchstens sechs Monate. Die beiden gehören zu der Teenager-Bande, die vor allem seit November vergangenen Jahres zwischen Riesa, Zeithain und Nünchritz ihr Unwesen trieb.

Zuletzt wurde das Duo Anfang März auf frischer Tat ertappt, wie es einen Snackautomaten auf dem Riesaer Bahnhof knacken wollte. Die Polizei nahm die beiden in Gewahrsam und brachte sie am Morgen danach direkt auf die Anklagebank von Amtsgerichtsdirektor Herbert Zapf. Der verurteilte den 14-Jährigen, gegen den sowieso ein Verfahren angesetzt war, unter anderem wegen versuchten Raubes zu drei Jahren Haft. Bei dem 15-Jährigen wurde zudem aufgrund akuter Wiederholungsgefahr Untersuchungshaft angeordnet. Noch am selben Tag kamen beide nach Regis-Breitingen.

Dort sitzen aktuell knapp 300 Jugendliche bis zu einem Alter von 27 Jahren ein, sagt die stellvertretende Anstaltsleiterin Anna Gürtler. Die größte Gruppe davon sind die verurteilten Jugendstrafgefangenen, die zum Tatzeitpunkt nicht älter als 21 Jahre als waren. Zu denen zählt auch der 14-Jährige aus Riesa.

Er muss in Regis-Breitingen zunächst ein Diagnoseverfahren durchlaufen, sich mit Sozialpädagogen und Psychologen auseinandersetzen, die herausfinden wollen, warum er auf die „schiefe Bahn“ gelandet ist. Sie erstellen dann für ihn ein Behandlungsangebot, das von der Aggressions- über die Kunsttherapie bis zur schulischen Maßnahme sehr umfangreich sein kann. Der Jugendliche könnte in den nächsten Jahren also zum Beispiel seinen Real- oder Hauptschulabschluss machen – sogar das Abitur kann übrigens im Knast abgelegt werden –, er könnte aber auch Theater spielen oder malen. „Wir wollen die Gefangenen befähigen, ein Leben ohne Straftaten zu führen“, so Anna Gürtler zum Ziel all dieser Maßnahmen, „bei den Jugendlichen steckt natürlich auch ein erzieherischer Gedanke dahinter.“ 180 Bedienstete arbeiten dafür in der JVA.

Kontakt zu Familien und Freunden ist dabei durchaus erlaubt, die Besuche sind auch erst einmal nicht begrenzt und werden nur unter bestimmten Voraussetzungen untersagt, erklärt die Regierungsrätin. Beispielsweise, wenn negative Auswirkungen zu befürchten sind. Seinen ein Jahr älteren Kumpel wird er deshalb vorerst nicht sehen dürfen.

Der ist sowieso in einem ganz anderen Haus der JVA Regis-Breitingen untergebracht, zurzeit sitzen dort insgesamt 42 Jugendliche bis 21 Jahre in Untersuchungshaft. Da sie noch nicht verurteilt sind und zunächst die Unschuldsvermutung gilt, gibt es für sie allerdings auch kein Behandlungsprogramm, so Anna Gürtler. Baulich sind sie zwar in der Regel in denselben Einzelzellen wie die anderen Gefangenen untergebracht. Neben der Stunde Hofgang am Tag verbringen sie allerdings viel mehr Zeit auf ihrer Station und in ihrer Zelle. Am späten Nachmittag wird dort bereits der Riegel vor die Stahltür geschoben.

Anklage hatte die Staatsanwaltschaft gegen den 15-Jährigen bereits erhoben, ob und wann es zur Verhandlung kommt, ist noch unklar. Bis zu sechs Monate könnte die Untersuchungshaft dauern.