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Vom Lanzbulldog bis zum Dampffahrrad

Oldtimer-Fan Jens Schubert veranstaltete am Sonntag wieder in Döschütz seine historische Technikschau.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Manfred Müller

Döschütz. Eigentlich sind alte Landmaschinen ja eher ein Männerding. Man kann ausgiebig über Baujahr, Hubraum, Kraftübertragung und Zusatzfunktionen fachsimpeln und dabei seine Kompetenz herausstreichen. Nicht so bei Beatrix Reiche. Die Winzerin fuhr in Döschütz mit ihrem Deutz-Ackerschlepper vor und parkte ihn mustergültig in die lange Reihe von historischen Landmaschinen ein. „Das Technische macht tatsächlich mein Mann; und ich fahre dann das schöne Gerät“, erklärt die Weißigerin. Auch Tochter Michelle hat schon für den 60 Jahre alten Traktor Feuer gefangen und sitzt stolz neben ihrer Mutter auf dem Bock. Privat haben die beiden eigentlich nichts mit Ackerbau zu tun, ebenso wenig wie Ehemann und Vater Sebastian, der als Polier beim Straßenbau arbeitet. Es ist einfach die Faszination an alter Technik, die die Familie umtreibt. „Früher haben wir alte Mopeds zusammengebastelt und sind damit herumgedüst, heute ist es eben ein heruntergewirtschafteter Traktor“, sagt Sebastian Reiche. Pures Hobby sei das und allemal interessanter, als am Wochenende angeln zu gehen. Er habe schon als Kind am Straßenrand gestanden und gehofft, dass ihn einer der Traktoristen von der LPG mal mitfahren lässt.

Bilder zur Technikschau

Etwas ganz spezielles und nur ein Prototyp ist dieses Dampffahrrad von Heinz Hoppstock aus Meißen.
Etwas ganz spezielles und nur ein Prototyp ist dieses Dampffahrrad von Heinz Hoppstock aus Meißen.
Männer, die auf Motoren starren... Ein mobiler Motor aus den Kamenzer Motorenwerken, zum Antrieb diverser Maschinen und Geräte in der Landwirtschaft.
Männer, die auf Motoren starren... Ein mobiler Motor aus den Kamenzer Motorenwerken, zum Antrieb diverser Maschinen und Geräte in der Landwirtschaft.
Finn (3) aus Naunhof sitzt hier ganz stolz am Steuer eines Famulus-Traktors.
Finn (3) aus Naunhof sitzt hier ganz stolz am Steuer eines Famulus-Traktors.
Immer wieder ein Hingucker: die berühmte "Dieselameise" mit Fußlenkung.
Immer wieder ein Hingucker: die berühmte "Dieselameise" mit Fußlenkung.
Friedrich Schade aus Blattersleben mit einem in den 50er Jahren nachgebauten Lanz aus den polnischen Ursus-Werken.
Friedrich Schade aus Blattersleben mit einem in den 50er Jahren nachgebauten Lanz aus den polnischen Ursus-Werken.
Traktorentreffen, sinniger Spruch an einem alten Traktor...
Traktorentreffen, sinniger Spruch an einem alten Traktor...

Ein bisschen Kindskopf muss man schon sein, wenn man seine Liebe zu alten Landmaschinen so richtig ausleben will. Andreas Schmidt zum Beispiel schwang sich voriges Jahr auf seinen Mc Cormick-Traktor kuppelte einen Wohnwagen an und tuckerte drei Wochen lang durch Sachsen. Und das mit 70 Jahren. 600 Kilometer legte er dabei zurück, und wo er auch hinkam – die Aufmerksamkeit der Leute war ihm gewiss. „Einmal habe ich sogar im Kloster übernachtet“, erzählt er begeistert. Eigentlich stammt Schmidt ja aus dem Preußischen, aus Plessa in Brandenburg. Als Zeichen der Verbundenheit mit dem südlichen Nachbarn hat er seinen Traktor mit beiden Landesfahnen geschmückt.

Zum siebten Mal hatte der Döschützer Kfz-Meister Jens Schubert zum Oldtimer- und Traktorentreffen eingeladen. Normalerweise kommen um die 80 bis 100 Fahrzeuge zusammen, aber gestern war die Koppel neben Schuberts Werkstattgebäude bereits um die Mittagszeit gut gefüllt. Alles deutete auf eine neue Rekordbeteiligung hin. Im Unterschied zu den Traktorentreffen, die in vielen Dörfern der Großenhainer Pflege veranstaltet werden, ist die Schau in Döschütz von der Technik her breiter angelegt. Hier kann man auch eine Straßenbaumaschine aus den 1960ern bestaunen, ein 100 Jahre altes Cabriolet oder diverse historische Motorräder. Sogar ein dampfgetriebenes Fahrrad war diesmal dabei. „Das ist ein Unikat“, erklärt Besitzer Heinz Hoppstock stolz. „Da hat ein Tüftler vom Bodensee neun Jahre lang dran gebaut. Begeistert erklärt der Meißner den Besuchern die technischen Details des etwas sperrigen Fahrzeugs: Propangasflasche und Wasserbehälter am Hinterrad sorgen für die Antriebsenergie, Kolbenpumpe und Reifenrolle am Vorderrad setzen es in Bewegung. „Bei Steigungen muss man allerdings den Allradantrieb einschalten“, lächelt Hoppstock. Sprich: da geht es ohne Muskelkraft nicht weiter.

Den größten Schauwert aber haben nach wie vor die Ackerschlepper. Und nicht nur das. Ein Lanzbulldog etwa kündigt sich mit einem behäbigen, basslastig blubbernden Auspuffgeräusch an, das bereits auf einen halben Kilometer jeden Verkehrslärm übertönt. Der Erfolg des Lanz lag jahrzehntelang in seiner Einfachheit und Robustheit begründet. Darüber hinaus fuhr der zuverlässige und mit Rohöl betriebene Schlepper bereits, als es dieselgetriebene Traktoren noch nicht gab und die benzingetriebenen Maschinen im rauen Betrieb der Landwirtschaft regelmäßig den Geist aufgaben.

Alte Landtechnik wieder aufzubauen, hat Tradition in der Großenhainer Pflege. In vielen Dörfern gründeten sich kleine Vereinigungen, deren Herz für Mc Cormick, Eicher, Kramer, Ursus oder Lanz schlägt. Das umso mehr als von den 300 Traktorenherstellern, die es in Deutschland einmal gab, kein Einziger überlebt hat. Sie gingen entweder pleite oder wurden von ausländischen Firmen aufgekauft. Die Landtechnik-Schrauber aus dem Röderland aber bringen jeden historischen Schleppertyp wieder zum Laufen. Jens Schuberts Oldtimer- und Traktorentreffen werden in Zukunft wahrscheinlich nicht mehr in Döschütz stattfinden. Der Oldtimer-Fan hat die alten Rittergutsgebäude im benachbarten Zottewitz erworben und will seine stattliche Sammlung historischer Landmaschinen und -gerätschaften dort unterbringen. Auch die Gründung eines Heimatvereins ist geplant.