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Vom Kongo nach Görlitz

Der Traum von einer Profikarriere in Europa dürfte wohl vielen jungen afrikanischen Fußballspielern in den Köpfen schweben.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Steffen Schreiber

Der Traum von einer Profikarriere in Europa dürfte wohl vielen jungen afrikanischen Fußballspielern in den Köpfen schweben. Auch Khaddy Kazadi folgte mit Anfang 20 dem verheißungsvollen Ruf des fernen Kontinentes. Mit acht Jahren hatte er in seinem Geburtsort Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, mit Fußballspielen angefangen. „Ein Freund hatte einen Onkel, der Spielermanager in Europa war. Der verhalf uns zum ersten Probetraining in Polen, und das war der Start meiner Fußballkarriere.“

Khaddy Kazadi bei einem Ligaspiel des NFV gegen Bad Muskau im vergangenen Jahr. Der Liberospieler ist seit zweieinhalb Jahren ein wichtiger Teil der Görlitzer Traditionsmannschaft.
Khaddy Kazadi bei einem Ligaspiel des NFV gegen Bad Muskau im vergangenen Jahr. Der Liberospieler ist seit zweieinhalb Jahren ein wichtiger Teil der Görlitzer Traditionsmannschaft. © H.-E. Friedrich

Die führte den heute 28-Jährigen über viele Stationen vor knapp drei Jahren letztlich nach Görlitz. Obwohl er anfangs fast wieder in den Kongo zurückgekehrt wäre. „Beim ersten Team in Polen saß ich für sieben Monate nur auf der Bank. Das war eine harte Zeit, und ich war kurz davor, aufzugeben“, erinnert sich Kazadi. Doch der Wechsel zu einer neuen Mannschaft brachte den Durchbruch. „Bei Flota Swinoujscie wurde ich wirklich Teil der Mannschaft, und wir schafften den Aufstieg von der dritten in die erste polnische Liga, der zweithöchsten Spielklasse des Landes.“

Neben dem sportlichen Erfolg brachte seine Zeit beim polnischen Erstligisten auch privates Glück: Khaddy Kazadi lernte Beata Leonowicz, die Tochter des Hauptsponsors, kennen und lieben. 2008 wurde geheiratet, und im gleichen Jahr kam Jonathan, das erste der beiden gemeinsamen Kinder zur Welt. Doch auf den sportlichen und persönlichen Erfolg folgte eine Durststrecke, verbunden mit ständigen Transfers zwischen verschiedenen polnischen Fußballklubs. Vor allem für seine Frau, die lange Zeit in Karlsruhe wohnte, war die räumliche Trennung schwierig. „Wir waren teilweise 700 Kilometer voneinander entfernt“, erzählt Kazadi.

So entschieden sich die beiden, in Görlitz einen neuen gemeinsamen Mittelpunkt zu finden. Während seine Frau als Rezeptionistin in einem Görlitzer Hotel arbeitet, kam der Innenverteidiger beim Niederschlesischen Fußballverein Gelb-Weiß Görlitz 09 (NFV) unter. Sein Trainer Fred Wonneberger ist von dem Stammspieler überzeugt. „Khaddy ist zweikampfstark und tut der Mannschaft gut, spielerisch sowie menschlich.“ So sei er immer offen für einen Spaß und fungiere dank seiner Viersprachigkeit oft als Dolmetscher im Team, das neben deutschen auch polnische, tschechische, brasilianische und ukrainische Spieler vereint. Entsprechend sagt Wonneberger: „Wir setzen auch in Zukunft auf Kazadi.“

Dass Kazadi auch in Görlitz selbst angekommen ist, zeigte ein Fußballnachmittag in der Kita seines Sohnes an der Lutherkirche im vergangenen Jahr. Kindergärtnerin Silvana Jansen erinnert sich: „Ich hatte Herrn Kazadi gefragt, ob er mit den Kindern mal Fußball spielen würde, und er hat sofort zugesagt.“ Zwar sei das angedachte Spiel zweier Mannschaften im kindlichen Chaos untergegangen. „Aber alle Beteiligten hatten eine Menge Spaß“, so Jansen.

Kazadi gibt die Komplimente gern zurück und lobt die Freundlichkeit der Görlitzer. „Ich hatte hier noch nie Probleme“, sagt der Kongolese mit polnischem Pass. Nur ein Wermutstropfen trübt die Freude. „Ich vermisse meine Familie und Freunde in Afrika“, sagt der Fußballer. Zwar telefoniere er regelmäßig mit seiner Mutter und bleibe mit den drei Geschwistern über Facebook in Kontakt. „Aber besonders zu meiner Mutter habe ich ein enges Verhältnis und würde sie gern mal wiedersehen.“