Merken

Vom Klempner zum Millionär

Carl Eschebach erlebte als Küchenprofi einen rasanten Aufstieg. Er wurde vor 175 Jahren geboren.

Teilen
Folgen
NEU!
© Sammlung Holger Naumann

Von Lars Kühl

Emaille-Geschirr war mal der Renner. In vielen Haushalten finden sich heute noch solcherlei Tassen, Teller oder Kannen, hübsch dekoriert und mit einem markanten Logo: der Raute auf einem Rechteck mit dem großen Schriftzug „Eschebach“. Das war mal eine bekannte Dresdner Marke und ist heute nach wie vor eine Firma mit Weltruf, obwohl das Unternehmen seit 2014 im ostwestfälischen Rödinghausen sitzt. Stichwort: Küchen.

140 Jahre ist es her, dass ein gewisser Carl Eschebach am 1. Mai 1877 zusammen mit dem Kaufmann Julius Haussner die späteren Eschebach'schen Werke gründete. Zunächst als Klempnerwerkstatt, denn als solcher hatte der am 4. Mai vor 175 Jahren Geborene in seiner Geburtsstadt Wittenberg danach in Hannover, Köthen und Berlin gearbeitet, bevor er nach Dresden zog. Wann genau, ist nicht bekannt. Nur so viel: 1872 heiratete er in der Kreuzkirche seine Bertha Emma. Zunächst schlugen sich Eschebach und drei Angestellte mit einer „Blechwaaren-Fabrik“ durch. Später, als Klempnergeschäft, ging es aufwärts.

Die Haushaltserzeugnisse verkauften sich so gut, dass es mehrere Erweiterungen und Umzüge gab. Dazu kam der enorme industrielle Fortschritt im ausgehenden 19. Jahrhundert, die Produktionsbedingungen verbesserten sich rasant. Um mitzuhalten, fand Eschebach mit seinen mittlerweile 150 Beschäftigten ab 1880 im ehemaligen Garnisonslazarett am Hospitalplatz, den es heute nicht mehr gibt, in der Neustadt eine geeignete Stätte (vgl. Dresdner Geschichtsbuch, Band 7). Außerdem vergrößerte das Unternehmen fortlaufend sein Portfolio. Zu den einfachen Haushaltsartikeln kamen komplexere Erzeugnisse wie Eisschränke, Badewannen, Petroleum-Messapparate, Klosettbecken, Waschtoiletten, Ofenschirme oder Blumentische.

Die Produktionsgebäude in der Neustadt reichten bald nicht mehr aus. Nicht weit weg von Dresden, direkt an der Bahnstrecke nach Görlitz fand der Fabrikant in einer Bierstadt die Voraussetzungen für seine Zweigstelle, die ab 1886 zunächst „Radeberger Guß- und Emaillierwerke Carl Eschebach & Co.“ hieß. Vier Jahre später gab es die Fusion beider Standorte und die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Dresden blieb Hauptsitz. Über 800 Personen waren inzwischen in verschiedenen Sparten, die mit Abstand meisten für Metallwaren, angestellt. Das Sortiment war so umfangreich, dass es zwei Musterkataloge gab. Die Hälfte der Erzeugnisse wurde in Deutschland vertrieben, der Rest nach Italien, Spanien und Südamerika exportiert. Kaum von der Konjunkturkrise zu Beginn des letzten Jahrzehnts im 19. Jahrhundert berührt, florierte das Geschäft bei der „Vereinigte Eschebachsche Werke AG“ weiter. 1899 betrug der Reingewinn über eine Million Mark. Mit der Einführung der Küchenherdproduktion wurde ein innovativer Trend gesetzt. Die Nachfrage hielt unvermindert an, auch durch den immensen Bevölkerungsanstieg in Dresden. Selbst die Erweiterung der Radeberger Werke reichte bald nicht mehr aus.

In weiser Voraussicht hatte das Unternehmen bereits 1894 ein riesiges Grundstück in Pieschen, bis 1897 noch Vorort, gekauft. Wieder an der Bahnlinie, dieses Mal nach Leipzig, groß genug für einen Fabrikneubau. An der Riesaer Straße entstand unter strengen Auflagen wegen der befürchteten stinkenden und krank machenden Dämpfe eine moderne Stätte nach neuestem technischen Standard, die im Juni 1900 ihre Produktion aufnahm. Damals sehr fortschrittlich, sicherte Eschebach die Pausenversorgung für seine Arbeiter. Überhaupt kümmerte er sich, inzwischen einer der reichsten Dresdner, um seine Beschäftigten, indem er ihnen beispielsweise Sozialwohnungen zur Verfügung stellte.

Er selbst residierte ab 1903 in einer bald nach ihm benannten Villa am Albertplatz. Die steht heute noch und ist seit 1993 Hauptsitz der Dresdner VR-Bank. Lange genießen konnte Eschebach das Leben in dem herrschaftlichen Neobarock-Bau nicht mehr. Im Winter 1905 weilte er an der Riviera, eigentlich, um sich zu erholen. Doch die Grippe erwischte ihn so sehr, dass er am 8. Februar starb. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigten seine vereinigten Werke 2 000 Mitarbeiter. Trotz zahlreicher Rückschläge hat die Firma bis heute überlebt – nur eben in Dresden und der Region nicht.