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Vom Freischütz bis zum Pascherfriedel

Vor 60 Jahren begann der Spielbetrieb auf der Waldbühne Jonsdorf. Mit Parkbänken auf den Rängen fing es an.

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© Jens Böhme

Von Heike Schwalbe

In den Sommermonaten setzt in Jonsdorf an manchen Tagen eine stattliche Wanderung von Urlaubern, Tagesgästen, Einheimischen und Kindergruppen ein. Sie alle strömen zur Waldbühne, und das lange vor Vorstellungsbeginn. Erwartungsfroh nehmen sie die Plätze unter dem großen Zeltdach ein. Neben einem treuen Publikumsstamm sind viele Besucher zum ersten Mal hier – auf einer der schönsten Naturbühnen Mitteldeutschlands, die nun bereits seit 60 Jahren bespielt wird.

Auch zuvor hatte Jonsdorf eine Bühne. Sie befand sich auf dem Sportplatz, am Hauptzugang zu den Mühlsteinbrüchen. Die Bestuhlung für die Zuschauer wurde von Gaststätten geliehen. Hier zeigte das Zittauer Stadttheater Stücke, auch Volkskunstgruppen traten auf. Doch dieser Platz war zu sehr den Witterungsunbilden ausgesetzt, sodass die Gemeinde Jonsdorf den Bau eines Waldtheaters an geeigneter Stelle plante. Diese Stelle, an der sich das Theater noch heute befindet, war bald in der Nähe des Sportplatzes gefunden. Im tiefsten Winter vor 65 Jahren begann der Bau, den Einwohner und Heimatfreunde begeistert und ganz unentgeltlich bewerkstelligten. Bereits sechs Monate später, eine heute unvorstellbare Zeit, war die neue Spielstätte fertig und konnte am 1. Juli 1953 eingeweiht werden. 1 500 Zuschauer sahen die vom Zittauer Theater dargebotene Komische Oper „Hans Sachs“ von Albert Lortzing.

Der reguläre Spielbetrieb auf der Waldbühne begann allerdings erst 1957. Die Gemeinde gestaltete den Spielplan. Nicht nur das Zittauer Stadttheater, auch Heimatgruppen und Künstler von Funk und Fernsehen traten auf der Waldbühne auf, die eine Zeit lang auch Waldtheater genannt wurde. Anfangs standen lediglich Parkbänke auf den Rängen, die Platzkapazität reichte für 1 100 Besucher. Um Musikstücke besser darbieten zu können, wurde vor der Bühne durch Bodenaushub ein Orchestergraben geschaffen, der später ein Dach erhielt. Die größten Investitionen aber kamen auf die Gemeinde Jonsdorf in den 1990er Jahren und nach 2000 zu. So wurde 1991 für die Besucher eine neue Bestuhlung montiert, der Umbau des Orchestergrabens folgte. 2007 kamen Neubauten – Kassen, Kiosk und Toiletten – sowie nochmals neue Sitze hinzu. Das größte Bauvorhaben war ein 750 Quadratmeter großes wetterfestes Zeltdach, das über die Zuschauerplätze gespannt wurde. Die Montage der Masten und Halterungen für die Stahlseile war eine bauliche Höchstleistung. Auch die technischen Anlagen wurden modernisiert. Der Zuschauerbereich ist nun barrierefrei gestaltet.

Theaterfusionen waren auch zu DDR-Zeiten üblich. So musste sich 1963 das Zittauer Theater mit dem Görlitzer zum Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz/Zittau bis zur Saison 1988/89 zusammenschließen. In dieser Zeit spielte das Zittauer Schauspielensemble im Juli auf der Waldbühne Stücke wie „Diener zweier Herren“, „Abenteuer am Mississippi“, „Robin Hood“, „Winnetou“, „Schatz im Silbersee“, „Spur des Falken“ und „Weiße Wölfe“. In den 60er Jahren standen auch die durch das Fernsehen bekannt gewordenen Schauspieler Wolfgang Winkler und Rainer Schöne auf der Jonsdorfer Bühne. Und der sportlich agierende Rüdiger Sander wurde immer mit besonders viel Beifall für sein Spiel bedacht. Das Musiktheater aus Görlitz brillierte im August mit „Der Freischütz“, „Der Vetter aus Dingsda“, „Der Waffenschmied“ und anderen Werken.

Nach der Trennung von Görlitz spielte das Gerhart-Hauptmann-Theater Zittau auch weiterhin auf der Waldbühne. Und seit vielen Jahren stehen auch Stücke mit regionalem Bezug auf dem Spielplan. In diesem Jahr war „Der König der Schmuggler – Das Geheimnis des Pascherfriedel“ zu sehen. Nur das Görlitzer Musiktheater tritt nicht mehr in Jonsdorf auf, auch wenn beide Theater nach ihrer erneuten Fusion seit 2011 wieder zusammengehören.

Letztmalig war in dieser Saison am 13. August die Schmugglergeschichte vom Pascherfriedel zu sehen. Danach folgten wie in jedem Jahr noch einige Gastspiele. Mit dem Ende der Waldbühnensaison im September kehrt zwar Ruhe ein, aber hinter den Kulissen wird weitergearbeitet _– für viele weitere Naturbühnenjahre.