Von Dirk Schulze
Neustadt. Jörg Oehme kennt den Bank-Bus, in dem kurz nach der Wende die ersten Konten eröffnet wurden, noch aus eigenem Erleben. Bei Minusgraden sind im Winter manchmal die Türen eingefroren, erzählt er. Die Kunden mussten dann auf der Fahrerseite einsteigen und über den Sitz klettern, um an den mobilen Schalter zu gelangen. Heutzutage undenkbar.
Nach dem Abitur hat Jörg Oehme 1991 seine Ausbildung bei der damaligen Dresdner Bank begonnen. Er ist damit von Anfang an dabei in der Neustädter Filiale, die 2008 wie die gesamte Dresdner Bank von der Commerzbank übernommen wurde. Die Filiale feiert ihr 25-jähriges Bestehen jetzt mit einer Ausstellung.
Der Bank-Bus stand von Juli bis Dezember 1991 zweimal wöchentlich vor dem Neustädter Schwimmbad. Von der Stadt hatte die Bank damals eine Sondergenehmigung dafür erhalten. Zuvor existierte bereits eine Zahlstelle für Löhne und Gehälter in den Räumen des Fortschritt-Kombinats in Neustadt.
Bankengeschichte
Die eigentliche Geburtsstunde der Dresdner Bank in Neustadt datiert auf den 15. Dezember 1991. Ab diesem Tag wurden zwei Räume im „Roten Ochsen“ angemietet. Die Einrichtung war spartanisch: Es gab Schreibtische und Stühle, aber noch keine Technik, keinen Wasseranschluss und nur eine Gemeinschaftstoilette. Drei Jahre später zog die Filiale dann in das nach einem Brand neu aufgebaute Gebäude am Markt 10, in dem sie bis heute sitzt.
Aktuell betreuen Filialleiter Sandro Karsch und seine vier Mitarbeiter nach Unternehmensangaben rund 5 000 Kunden. Die Geschäfte laufen: Bis Ende Oktober konnte das Geldhaus in diesem Jahr über 250 Neukunden gewinnen. Wenn die Konkurrenz neue Kontomodelle einführt und an den Gebühren dreht, dann mache sich das schon bemerkbar, sagt Filialleiter Karsch. Die Commerzbank vertreibt ein Girokonto ohne Kontoführungsgebühren – allerdings nur ab einem monatlichen Mindestgeldeingang von 1 200 Euro. In einem Online-Angebot bewirbt die Privatbank das Modell auch ohne Mindesteingang.
Bankgeschäfte online oder mobil
„Das Bankgeschäft hat sich in den vergangenen 25 Jahren natürlich stark verändert“, sagt Sandro Karsch. In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung sei der Beratungsbedarf besonders groß gewesen. Überweisungen wurden in den Filialen noch ausschließlich auf Papier abgegeben. Mittlerweile erledigen viele Kunden ihre Bankangelegenheiten online oder mobil. Die Commerzbank sieht sich als Vorreiter, hat eine Kontostand-App für den schnellen Überblick und eine für Überweisungen im Angebot. Der Beratungsbedarf habe sich verschoben hin zu Themen wie der Altersvorsorge oder der Baufinanzierung. „Für die Kunden ist es wichtig, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben“, sagt Karsch.
Das soll laut Aussage der Bank auch so bleiben. Die Neustädter Filiale verfügt neben einem Geldautomaten und Überweisungsterminal nach wie vor über eine Kasse, an der sich Kunden die Scheine persönlich vorzählen lassen können.
Trotz der fortschreitenden Digitalisierung steht die Filiale am Neustädter Markt nicht zur Diskussion. Das erklärt Gero Franke von der Niederlassungsleitung in Cottbus, die für die Region verantwortlich ist. „Wir bleiben vor Ort.“ Mit einem Geschäftskundenanteil von rund 20 Prozent sei die Neustädter Filiale ein starker Standort in diesem Bereich. Bei Kundenbefragungen erziele sie zudem überdurchschnittliche Zufriedenheitswerte.
Die Strategie der Bank sei es, künftig auch größere Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro in der Filiale zu betreuen. Aktuell liegt der Wert bei 2,5 bis 3 Millionen Euro.