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Vom alltäglichen Theaterwahnsinn

Die Klitzekleinkunst in Kamenz hat sich für ihr diesjähriges Weihnachts-Stück eine echte Herausforderung gewählt.

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© Kerstin Unterstein

Von Kerstin Unterstein

Kamenz. Für die siebente Auflage von „Schwank und Schlemmen“ der Kamenzer Klitzekleinkunst, die am Freitag Premiere feierte, hat sich das Amateurtheaterteam ein besonderes Stück herausgepickt. Vielleicht nicht ganz so bekannt wie andere „Knaller“ der Vorjahre, aber schon häufig auf deutschen Bühnen gespielt: Das Lustspiel „Nichts als Kuddelmuddel“ von Jürgen Hörner. Und das Stück ist für die sieben Schauspieler auf der Bühne eine echte Herausforderung. Denn wie immer, wenn zig komische Dinge passieren, soll es für das Publikum leicht und spontan aussehen, das erfordert intensive Probenarbeit.

Der Start dieser Veranstaltungsreihe im Advent ist aber auch in diesem wieder ein kulinarischer. Denn nach der Begrüßung durch Theaterdirektor Steffen Lorenz wartet ein Drei-Gang-Menü im Saal des Hotels „Stadt Dresden“ auf die Besucher. Und wie der gesamte Abend wird das Menü durch die Tourneeband von Charlotte de Cognac, den Weinbrandbohnen mit Frank Hohlfeld, Karl-Heinz Kieslich, Henry Rasch und Steffen Lorenz, musikalisch untermalt. Das Quartett begeistert dabei besonders mit swingenden Weihnachtshits.

Dann öffnet sich der Theater-Vorhang. Und die Zuschauer tauchen ein in eine Generalprobe und in die Welt der Wahrsagerin Madame Kassandra. Genau dieses Geflecht galt es für die Akteure darzustellen, denn außer Günter Haberstroh, der den wunderbar beflissenen, aber leicht trotteligen Techniker Erich gab, und Manuela Busack als Souffleuse Lilli spielen hier alle Doppelrollen – und das ohne, sich dabei umzuziehen. Beinahe nonstop ist dabei Ina Förster als Madame Kassandra und Jolanthe im Einsatz, die als jede der beiden Frauen gern einen der Männer abbekommen hätte. Doch weder beim aufgeregten Fred oder beim genialen Telekom-Techniker, beide wunderbar verkörpert von Wieland Fuchs, noch beim Regisseur oder beim Fensterputzer (beide Sebastian Pieper) ist sie derzeit erste Wahl. Das sieht bei Gitti oder Frau Säuberlich (Ramona Prasse) und Tilda oder Frau Buchfink (Bärbel Fuchs) schon ganz anders aus. Deshalb ist es lustig zu sehen, wie sich vor allem im zweiten Akt, der eigentlichen Theateraufführung, die Rollen immer mal wieder vermischen. Gerade Ina Förster kann so brillieren, da sie ihrer Madame Kassandra einen besonderen Akzent verliehen hat, der beim Fluchen über den untreuen Mann immer wieder zur Darstellerin Jolanthe umschlägt. Neben dem turbulenten, doppelgleisigen Spiel sind aber ebenso das schöne Bühnenbild in violetten Tönen und einem Ausblick über die Dächer von Kamenz zum Roten Turm hin sowie die zahlreichen technischen Raffinessen hervorzuheben – von einer magischen Glaskugel bis hin zu zerfallenden Kulissen. Denn nach einer wirklich nicht gelungenen Generalprobe folgt die Premiere mit noch mehr Katastrophen. Da helfen auch die Souffleuse an ihrem neuen, ungewöhnlichen Arbeitsplatz und ein so unauffällig wie eben möglich helfender Techniker nicht viel. Natürlich gibt ein seinen Text nicht beherrschender Darsteller, der sich allerdings als Improvisationstalent hervortut, dem Ganzen den Rest … Vom ursprünglichen Plan des Regisseurs bleibt nicht viel übrig: ein großes Kuddelmuddel eben mit einer süßen Premierentorte.

Am Ende ist den Kamenzer Klitzekleinkünstlern die Erleichterung anzumerken, das herausfordernde Stück mit Bravour gemeistert zu haben. Und das Publikum ist hörbar begeistert von diesem unbedingt sehenswerten Abend.