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„Vollmeise“: Linke fordern Disziplinarverfahren

Heftiger Streit im Stadtrat: Finanzbürgermeister Vorjohann beleidigt Linken-Fraktionschef Schollbach. Das soll Folgen haben.

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© Archivbild: Steffen Füssel

Von Julia Vollmer

„Sie haben eine Vollmeise!“ Diese verbale Entgleisung im Stadtrat könnte für Finanzbürgermeister Hartmut Vorjohann (CDU) ein Nachspiel haben. Die Linken fordern, dass gegen den Beigeordneten ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird. Ursprung war eine Frage von Linken-Fraktionschef André Schollbach. Dieser warf Vorjohann vor, er blockiere die Freigabe von mit Flüchtlingen belegten Turnhallen, weil das am billigsten für die Stadt wäre.

„Vorjohann hat nicht nur das für Beamte geltende Sachlichkeitsgebot, das sich aus seiner Stellung als kommunaler Wahlbeamter ergibt, in grober Weise verletzt, sondern auch den Tatbestand der Beleidigung erfüllt“, sagte Linken-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Feske.

Seine Fraktion fordert Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) auf, disziplinarische Konsequenzen zu prüfen. So ein Handeln sei nicht akzeptabel. Ein normaler Bürger müsse sich nach so einer Beleidigungen einem Polizisten gegenüber auch vor dem Strafrichter verantworten. „Ein Amtsträger muss Vorbild sein und darf sich nicht auf das Niveau von Pegida und Co. hinabbegeben“, so der Geschäftsführer. Der Ausfall ist nicht die erste Verbalattacke im Stadtrat. Vor einigen Jahren beschimpfte Stadtrat Hans-Joachim Brauns (CDU) den Linken-Stadtrat Tilo Wirtz, mit den Worten: „Dir sind sie wohl mit dem Pflug durch’s Gehirn gefahren!“

Beleidigungen sind kein guter Stil, bestätigt auch die Stadt. „Einem Stadtrat zu unterstellen, er hätte eine Vollmeise, ist nicht richtig, und Detlef Sittel hat dies auch deutlich gemacht“, erklärte Sprecher Kai Schulz. Oberbürgermeister Dirk Hilbert werde sich „zu gegebener Zeit“ mit dem Wortduell beschäftigen. „Im Moment beanspruchen wirklich wichtige Themen die Zeit des OB“, hieß es aus dem Rathaus. Allerdings müsse dabei auch gesehen werden, was zu diesem emotionalen Ausbruch führte. Schollbach habe keine Frage gestellt, sondern behauptet, Vorjohann würde persönlich und aus finanziellen Gründen dafür sorgen, dass in Dresden nach wie vor Turnhallen als Unterkünfte für Asylbewerber genutzt werden, so Schulz. Für diese Behauptung habe Schollbach keine Beweise gehabt. „Eigentlich müsste man auf solche Unterstellungen nicht eingehen, aber das Thema ist zu ernst für politische Spielchen und persönliche Profilierung.“

Dresden betreibt im Moment drei Turnhallen als Notunterkünfte, in denen 170 Menschen untergebracht sind. Eine der Turnhallen soll in den nächsten Wochen definitiv vom Netz gehen. Ziel der Verwaltung sei, die anderen Notunterkünfte so schnell wie möglich aufzugeben, sagte Schulz. Hilbert habe einen entsprechenden Auftrag an die zuständigen Fachbereiche erteilt. Der Stadtrat habe sich aus guten Gründen gegen Container entschieden.