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Voller Einsatz bei der Feuerwehr

Die Gemeindewehr hat zum Mitmach-Tag eingeladen. Dabei kommt Redakteurin Sylvia Jentzsch ins Schwitzen.

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© Dietmar Thomas

Döbeln. Vor der ehrenamtlichen Arbeit der Feuerwehrleute habe ich schon immer große Achtung. Und ich konnte mir auch vorstellen, dass ihre Einsätze schwierig und kraftraubend sind und eine hohe Konzentration erfordern. Doch wie es wirklich ist, in einem Schutzanzug zu stecken, Handschuhe sowie Helm bei recht mäßigen Temperaturen anzuhaben und dabei noch sehr anstrengende Arbeiten zu erledigen – dass habe ich beim Action-Day der Döbelner Gemeindewehr erleben dürfen. Und ich kann schon eins verraten: So geschwitzt habe ich lange nicht mehr und ganz schön anstrengend ist es auch.

Ich habe mich für die technische Hilfeleistung entschieden, die die Limmritzer Ortswehr anbietet. Maximilian Paul erklärt den Zuschauern die Arbeitsschritte, um aus einem Unfallwagen Personen zu retten. Die Feuerwehrleute haben das Auto bereits gesichert und die Unfallstelle abgesperrt. Jeder Kamerad kennt seine Aufgaben. Der Schlauchtrupp legt die Werkzeuge, die für das Öffnen von Türen und Fenstern benötigt werden, bereit. Andere Feuerwehrleute, die Angriff-Truppe, kümmern sich im Ernstfall um die Verletzten, bis der Rettungsdienst eintrifft und beginnt, das Fahrzeug zu öffnen. Einige Kameraden stehen bereit, um zu löschen, falls es während der Rettungsarbeiten anfängt zu brennen. Das nennt man dreifachen Brandschutz. Das erfahre ich alles von Andreas Jentzsch, der mir für Erklärungen zur Seite gestellt wird.

Dann kommt mein Einsatz. Doch dafür muss ich erst einmal die Feuerwehrschutzjacke anziehen, die einer Wattejacke gleicht – dick und steif. Dann hilft mir Andreas Jentzsch, mit dem ich weder verwandt, noch bis zu diesem Tag bekannt bin, den Helm aufzusetzen. Und die Handschuhe müssen auch noch sein. Denn der Selbstschutz der Feuerwehrleute steht beim Einsatz an erster Stelle. Nach kurzer Zeit spüre ich, wie die ersten Schweißtropfen den Rücken herunterlaufen. Über meine Frisur brauche ich gar nicht nachzudecken. Später erfahre ich, dass ich aussehe, als wäre ich ungeschützt in einen Regenguss gekommen. Und das war noch geschmeichelt.

Die erste Aufgabe ist, wie sich später herausstellt, die leichteste. Zuerst müssen die Seitenscheiben entfernt werden. „Dafür wird ein sogenannter Federkörner eingesetzt. Er sieht aus wie ein Stift. Die Feder, die gespannt wird, bewirkt, dass der Stahlstift mit hoher Geschwindigkeit gegen die Scheibe gedrückt wird, und diese durch das Anschlagen zerspringt“, erklärt Maximilian Paul. Doch bevor das passiert, müssen die Leute im Fahrzeug geschützt werden. Eine Plexiglasscheibe sorgt dafür.

Federkörner im Einsatz

Maximilian Paul fordert Zuschauer auf, den Federkörner zum Einsatz zu bringen. Meist sind es Kinder, die sich freiwillig melden. Und eben ich, der die Aufgabe zuteil wird, die Frontscheibe zu entfernen. Wie sich herausstellt, ist das ziemlich schwierig. Hier muss richtig Hand angelegt werden, denn die Scheibe ist doppelt verglast und nichtleicht kaputt zu bekommen. Andreas Jentzsch erklärt mir, was zu tun ist. Ich soll mit der Glassäge, die auch eine Hammerfunktion hat, ein Loch in die obere rechte Seite schlagen. Schon das kostet ganz schön viel Kraft. Das Loch muss so groß sein, dass ich die Glassäge ansetzen kann. Was ich erst später erfahre, die Säge schneidet nur auf Zug, also immer beim Herausziehen „Sie ist auch nicht scharf. Die Zähne haben eher eine Splitterwirkung“, so Andreas Jentzsch. Kein Wunder, dass die Säge immer einmal steckenbleibt. Mit voller Kraftanstrengung meistere ich meine Aufgabe. Doch der Schnitt entlang der A-Säule auf der rechten Scheibenseite war nur der Anfang. Teil zwei und drei folgen. Das heißt, die linke Seite muss ebenfalls aufgesägt werden. Danach schaffe ich es noch, ein Loch in die obere Mitte zu schlagen. Dann bin ich mit meinen Kräften und auch wegen meiner Größe am Ende. Ich schaffe es erst gar nicht, die Säge in das Loch in der Mitte der Scheibe zu stecken. So lang ist mein Arm nicht. Deshalb übernehmen die Feuerwehrmänner.

Bei denen sieht das mit dem Sägen wesentlich flüssiger aus. Drei Seiten der Scheibe sind aufgeschnitten. Viel Kraft fordert es nun von den Männern, die Scheibe nach außen zu drücken. Um auch die gesamte Vorderscheibe bis zum Armaturenbrett herauszubekommen, wird wieder die Glassäge eingesetzt. Während ich auf meinen nächsten Einsatz warte, denke ich darüber nach, wie es ist, diese Aufgabe im Dunklen, im Regen, mit vor Schmerzen wimmernden Menschen oder vielleicht auch noch bei Kälte zu erledigen. „Ja, es herrschen immer wieder andere Bedingungen und Situationen, wenn wir am Unfallort eintreffen. Unsere Aufgabe ist es, uns sofort darauf einzustellen. Da muss jeder Griff sitzen. Deshalb sind auch solche Tage, an denen wir das üben können, wichtig“, sagt Andreas Jentzsch.

Er erklärt mir noch, dass es einfacher ist, ältere Fahrzeuge aufzuschneiden. Bei moderneren ist viel Stahl verbaut und es gibt an sehr vielen Stellen Airbags, die nicht aufgehen sollen, um den im Auto sitzenden Personen keinen weiteren Schaden zuzufügen. Für die neuen Modelle gibt es vom Hersteller eine Anleitung, an welchen Stellen das Auto aufgeschnitten werden kann. Diese befindet sich als QR-Code im Tankdeckel.

Jetzt kommt meine letzte Aufgabe. Mir wird gezeigt, wie das Kombinationswerkzeug zum Spreizen und Schneiden funktioniert. Da es sich um ein hydraulisches Werkzeug handelt, ist ein Schlauch mit zwei Leitungen angebracht, mit dem das Öl entweder mit Druck hineingepumpt oder abgesaugt wird. Voller Tatendrang nehme ich das Spreiz- und Schneidwerkzeug entgegen – und gehe kurz in die Knie. Immerhin wiegt das Teil, das einem riesigen Seitenschneider ähnelt, 15 Kilogramm. Dabei, so Andreas Jentzsch, handelt es sich um eine kleine Schere. Leichter hingegen ist die Bedienung.

Maximilian Paul hat mir eine Markierung aufgezeichnet. Hier setze ich die Schere an. Und wieder ist ihr Gewicht merklich zu spüren. Ich bin froh, als ich das Material der Säule knacken höre und den starken Männern das Spreiz- und Schneidwerkzeug überlassen kann.

Ganz so schlecht muss ich mich nicht angestellt haben, denn Andreas Jentzsch schlägt mir vor, einen Aufnahmeantrag bei der Limmritzer Wehr zu stellen. „Wir sind eine lustige Truppe“, verspricht er.