Merken

Volldampf voraus

Das Dampfmaschinentreffen im Nieskyer Autohaus Henke hat sich über die Jahre zu einem Volksfest gemausert.

Teilen
Folgen
© André Schulze

Von Alexander Kempf

Bis zum Sonntag wird sich das Nieskyer Opel-Autohaus verwandeln. Wo am Mittwoch noch verschiedene Vorführwagen stehen, drehen sich Ende der Woche bis zu 200 Miniaturdampfmaschinen. Mit einigen Tausend Besuchern rechnet der Gastgeber. Das Einzugsgebiet ist riesig. Einzelne Liebhaber kommen aus Berlin, Dresden oder aus dem niedersächsischen Gifhorn. Schon beim Betreten des Autohauses werden die Besucher einen ganz besonderen Duft wahrnehmen, verspricht Karl-Günter Brusch aus Erfahrung. Der 83-jährige Nieskyer hat als Organisator des Treffens einen maßgeblichen Anteil daran, dass die Veranstaltung seit dem Jahr 2000 enorm gewachsen ist.

Dabei schlägt das Herz von Karl-Günter Brusch eigentlich für Modelleisenbahnen. Viele Jahre hat er für sich und andere in Niesky Treffen organisiert. Als er einmal Autohändler Lothar Henke dafür begeistern will, bei einer Veranstaltung dessen Dampfmaschine auszustellen, entsteht die Idee zum ersten Dampfmaschinen-Treffen. Ein Dutzend solcher Miniaturmaschinen werden damals ausgestellt. Heute reisen sogar Gäste aus Tschechien für das Treffen nach Niesky. Die Veranstaltung hat längst Volksfestcharakter und ist doch sehr familiär geblieben.

So wird den Teilnehmern beispielsweise Jahr für Jahr ein Film von der Veranstaltung nach Hause geschickt. „Es braucht Vertrauen. Denn nicht jeder gibt sein Schmuckstück freiwillig her“, sagt Lothar Henke. In den oft wertvollen Maschinen stecken teils viele Stunden Bastelarbeit. Denn alles sollte einwandfrei funktionieren. „Wir legen Wert darauf, dass die Ausstellungsstücke keinen musealen Charakter haben“, so Lothar Henke. Alles soll am Sonntag rotieren. Weniger wichtig ist es den Machern, ob die Maschinen mit Strom, Kompressorluft oder tatsächlich Dampf betrieben werden.

Wenn Großväter ihren Enkeln dann die Wirkungsweisen der Maschinen erklären, geht gerade Karl-Günter Brusch das Herz auf. Seine eigene Familie und auch die Nachbarschaft hat er bereits für die historische Technik begeistert. Ob sein 30-jähriger Enkel oder sein 56-jähriger Sohn – beide sind mit Leidenschaft dabei. Darum ist ihm auch nicht bange um die Zukunft der jährlichen Dampfmaschinenausstellung im Autohaus. Zumal dort mittlerweile auch wieder Spielzeugdampfmaschinen verkauft werden.

Lothar Henke, der aus Attendorf stammt, hat seine erste Dampfmaschine einst bei einem Schullehrer gesehen. Die Miniaturen begeistern ihn bis heute so sehr, dass sein Autohaus für drei Tage de facto stillsteht. Doch aus dem Kulturkalender der Kleinstadt ist das Treffen kaum mehr wegzudenken. Schon vergangenes Jahr hat er der Oberbürgermeisterin versprochen, damit Teil der Nieskyer Jubiläumsfeierlichkeiten zu sein. „Das machen wir sehr gerne für Niesky. Es ist eine wunderbare Stadt, in der es sich super leben lässt“, sagt der Unternehmer.

Am Sonntag werden nicht nur im Nieskyer Autohaus Dampfmaschinen rotieren, auch davor soll es qualmen. So fahren etwa verschiedene Lanz Bulldogs vor. Gegen den Kohldampf gibt es verschiedene Stände. Besonders beliebt ist die sogenannte „Diesel-Bockwurst“. Dann wird das Kühlwasser einer Dampfmaschine genutzt, um Würstchen heiß zu machen. Ein anderes Schmankerl sind in einer Miniaturküche gebrutzelte Wachteleier, erzählt Karl-Günter Brusch. Auf die Kinder wartet ein Bassin mit Dampfschiffen und eine kleine Eisenbahnstrecke. Denn weder bei den Enkeln noch ihren Großvätern soll am Sonntag in der Jänkendorfer Straße Langeweile aufkommen.