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Vögel haben weiter Stubenarrest

Schutz verlängert: Wegen der Vogelgrippe darf das Großenhainer Zoogeschäft keine gefiederten Freunde verkaufen.

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© Anne Hübschmann

Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Marianne Oertel hat genug getrauert. Zumindest hat das die 74-jährige Rentnerin vergangene Woche für sich beschlossen. Gemeinsam mit ihrem Enkeljungen machte sich die rüstige Dame auf den Weg nach Großenhain. Ins Zoogeschäft von Peter Proschwitz. Endlich wollte Oertel bei ihm wieder das kaufen, was ihr bereits seit Jahren das Herz erwärmt: einen Wellensittich. Nachdem ihr grün gefiederter „Willi“ im November gestorben ist, sollte es nun so weit sein. Tatsächlich flatterten auch viele farbenprächtige und muntere Gesellen in der Proschwitz’schen Voliere umher. Aber die Enttäuschung war groß. Marianne Oertel musste an diesem Nachmittag unverrichteter Dinge nach Hause fahren. „Wegen der Vogelgrippe dürfen wir seit Januar schon keine Vögel mehr verkaufen“ , sagt Peggy Werner.

13 Jahre hat die erfahrene Züchterin von Wellen-und Nymphensittichen selbst eine Zoohandlung in Röderau betrieben. Sie weiß, dass die gefiederten Freunde insbesondere älterer Kunden sonst eigentlich nur einen kurzen Zwischenstopp im Laden einlegen. Auch in Großenhain, wo Peggy Werner seit vier Jahren arbeitet, sei das eigentlich nicht anders. „Wir bekommen unsere Vögel von erfahrenen Züchtern aus der Region. In der Regel sind sie vier bis acht Wochen alt“, erklärt die 47-Jährige. Zwar seien die hellblauen, grünen oder auch weiß gefiederten Wellensittiche eben nicht mehr wie zu Vorwendezeiten ein beliebtes Haustier von Kindern. Aber als gelehrige, aufgeweckte Gefährten von Rentnern oder alleinlebenden Menschen wären sie durchaus immer noch sehr beliebt. Lediglich drei, höchstens vier Wochen würden in der Regel vergehen, bis sie einen Besitzer fänden.

Nicht jedoch in diesen Wochen. Marianne Oertel muss ebenso unverrichteter Dinge wieder das Geschäft verlassen wie Freunde von Springsittichen, roten Kanarienvögeln oder Zebrafinken. Seitdem im Landkreis Meißen erstmalig am 17. Januar die Vogelgrippe festgestellt und obendrein im Februar bei einer Möwe auf dem Zabeltitzer Gondelteich das gefährliche H5N8-Virus nachgewiesen wurde, haben die Proschwitzer Vögel gewissermaßen Stubenarrest. „Einige Kunden haben uns nahezu angefleht, ob wir nicht doch eine Ausnahme machen könnten. Aber das dürfen wir natürlich nicht und haben seit Jahresbeginn keinen Vogel mehr verkauft!“

Munter fliegen die Tiere in der großzügigen Voliere umher. Kein Zweifel, ihnen geht es gut. Viel besser wahrscheinlich sogar als Ladeninhaber Peter Proschwitz, dem die Kosten bei gesunkenen Einnahmen einige Sorgenfalten ins Gesicht treiben. Wie viele andere Züchter und Verkäufer hatte er gehofft, dass die seit sechs Wochen geltende Quarantäne zu Wochenbeginn wieder aufgehoben wird. Doch Fehlanzeige! Wie das Veterinäramt des Kreises am Montag mitteilte, werden die Sicherheitsmaßnahmen bis zum 21. März verlängert. Das bedeutet praktisch: Geflügel darf wiederum für die Dauer von 21 Tagen im Sperrbezirk (unter anderem Priestewitz und Ebersbach) und 15 Tagen im Beobachtungsgebiet (unter anderem Priestewitz, Thiendorf, Ebersbach und Großenhain) nicht verbracht werden. Die genauen Grenzen der genannten Restriktionsgebiete und die Tierseuchen rechtlichen Verfügungen sind auf der Internetseite des Landkreises veröffentlicht.

Für Peter Proschwitz bedeutet das, weiterhin durchzuhalten und den kaufwilligen Kunden zu erklären, dass sie sich bitte noch bis zum 16. März gedulden mögen. Mit seinem Laden, so Dr. Sven Biereder, befinde sich der Zoohandel im Beobachtungsgebiet. Wie der Sachgebietsleiter Tierseuchenbekämpfung und Tiergesundheitsschutz bestätigt, dürften noch keine Vögel verkauft werden. „Ich kann die Sorgen von Herrn Proschwitz ebenso gut nachvollziehen wie die vieler Züchter im Landkreis. Aber eingedenk der landesweit erlassenen Aufstallungsverpflichtung müssen wir uns an die Anordnungen halten“, gibt Sven Biereder zu bedenken. Der Höhepunkt der Erkrankung sei zwar mittlerweile vorbei. Aber die Einschränkungen könnten noch eine Weile andauern. „Wann sie aufgehoben werden, ist nicht vorhersehbar.“