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Vierseithof im Wartemodus

Dazu, was aus dem Vorwerk Korbitz werden soll, ergeht sich die Stadtverwaltung bislang nur in vagen Andeutungen.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Die Stadt ist in den letzten Wochen auf Einkaufstour gegangen: Für 210 000 Euro wurde das Grundstück der ehemaligen Kfz-Werkstatt an der Höroldtstraße 3 gekauft. Ebenfalls im Triebischtal gelegen, ist das Grundstück der einstigen Molkerei an der Karl-Niesner-Straße, es wurde im Tausch gegen ein anderes Grundstück erworben. Und auch der ehemalige Kohlelagerplatz zwischen dem S-Bahn-Haltepunkt Meißen-Triebischtal und dem Aldi wurde gekauft. Immerhin 2,3 Hektar groß, wollte der Vorbesitzer Deutsche Bahn für das Areal in Innenstadtlage nur 12 150 Euro haben. Auf alle drei Grundstücke trifft zu, dass nicht klar ist, wie stark sie aufgrund der vorangegangenen Nutzung kontaminiert sind. Auf die Korbitzer Straße 21 trifft das sicher nicht zu. Der riesige Vierseithof wurde landwirtschaftlich genutzt. Was ihn mit den anderen drei jüngst gekauften Grundstücken verbindet, ist die Tatsachen, dass nicht klar ist, was die Stadt damit anfangen will.

Das bewog den Linken-Stadtrat Andreas Graff, bei der Stadtverwaltung nachzufragen. In seiner Anfrage erklärte er, dass er mit Anwohnern das ehemalige Vorwerk besichtigt habe, was den „den gefährdenden Zustand des Grundstückes“ bestätigt habe. Für die Stadtverwaltung antwortete Laura Koppe vom Büro des Stadtrates: „An die Stadtverwaltung wurden weder durch die Mieter, Pächter noch Nachbarn Beschwerden, Sorgen, Nöte oder Hinweise herangetragen.“ Und: „Wir haben keine Erlaubnis zum Betreten unseres Grundstücks erteilt. Diese erfolgte auch nicht durch unsere Mieter und/oder Pächter.“

Ob der Stadtverwaltung der Zustand des Grundstückes bekannt sei, wollte Graff wissen und führte defekte Dächer mit zum Teil verschobenen Wellasbestplatten an, durch die schon bei mäßigem Sturm die Gefahr bestehe, dass sie Menschen gefährden könnten. „Wenn Schäden am Gebäude auftreten, werden uns diese durch Mieter und Pächter benannt und gegebenenfalls beseitigt“, schrieb Laura Koppe. Auf Graffs Frage, wann die letzten Begehungen durch das Stadtbauamt stattgefundenen hätten, erklärte sie, dass diese im März 2017 gewesen sei.

Fortschrittliches Versuchsgut

1954 erhält die neu gegründete Hochschule für Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften (LPG) Meißen die Möglichkeit, im Gut Korbitz Versuche für Lehre und Forschung durchzuführen.

Von 1956 bis 1963 erfolgt die Profilierung in der Futterwirtschaft und Tierzucht. So erreicht der Tierbestand 1962 auf einer Fläche von 120 Hektar 91 Rinder, 171 Schweine und zehn Pferde. Ergebnisse aus Acker- und Pflanzenbau, Tierzucht- und Fütterung werden für die DDR-Landwirtschaft verallgemeinert.

1967 wird die erste Zentrale Bullenaufzuchtstation errichtet, um damit den Zuchtfortschritt, besonders der Milchproduktion, schneller und effektiver zu nutzen. Alte Ställe werden umgestaltet bzw. neue gebaut, Laboreinrichtungen geschaffen. Bis 350 Jungbullen zur Aufzucht und Prüfung sind im Bestand.

Nach 1990 werden Boden und Gebäude des Gutes Korbitz an die Stadt Meißen rückübertragen.

Quelle: SZ

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Zum Vierseithof gehören nicht nur Scheunen, Ställe und Werkstattgebäude, sondern auch ein Wohnhaus. Dieses werden von Feistauer Immobilien verwaltet, so Laura Koppe. „Sofern die Mieter hier Probleme oder Sorgen haben, werden diese direkt von der Firma Feistauer bearbeitet. Zuletzt ging es hier um eine Fensterreparatur. Die anderen Pächter haben uns gegenüber keine Beanstandungen formuliert.“

Die anderen Pächter, das sind die Firma Fichtner, die die Autowerkstatt nutzt, die Firma Kudell, die eine Garage hat, wobei der Inhaber aus gesundheitlichen Gründen zum Juli 2017 gekündigt hat. Und Vorplatz, Freifläche und Scheune und ein Lagerraum im Seitengebäude sind an die Firma R+S Bau verpachtet.

Auf SZ-Nachfrage, was aus dem Vorwerk Korbitz einmal werden soll, ob vielleicht die Seeg ja Interesse hätte, dort Wohnungen einzubauen, erklärte Geschäftsführerin Birgit Richter: „Uns sind Objekt wie Eigentümer nicht bekannt. Insofern haben wir als Seeg niemals derartige Überlegungen vorgenommen. Derzeit haben wir mittelfristig auch keine freien Reserven für Bautätigkeit, wir forcieren die Entwicklung unserer eigenen Bestandsobjekte und Grundstücke.“ Und Stadtsprecherin Katharina Reso sagte. „Eine aktive Vermarktung des Vorwerkes Korbitz findet derzeit nicht statt. Es gibt jedoch mittlerweile Pläne, das Grundstück langfristig und gemeinnützig zu nutzen. Der Hof in Korbitz bietet dazu optimale Bedingungen. So fanden bereits Begehungen und mehrere Beratungen mit Interessenten statt. Ein kurzgedachter Verkauf an eine Privatperson ist dagegen nicht vorgesehen.“