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Vier tote Tiere in wenigen Stunden

Im Großenhainer Land häufen sich die Zusammenstöße mit Reh oder Wildschwein.

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© Brühl

Von Catharina Karlshaus

Großenhainer Land. Sie haben sich wieder auf die felligen Beine gemacht: Füchse, Wildschweine und anderes Getier, welches sich momentan häufiger aus dem Wald hervortraut und auf den dicht befahrenen Straßen im Landkreis Meißen dann häufig mit Fahrzeugen kollidiert. Allein am vergangenen Dienstag stieß auf der Bundesstraße 98 ein Mercedesfahrer mit einem Reh zusammen.

Nur gut 15 Minuten später erfasste ein Peugeot am Ortseingang von Strauch ein weiteres Tier, und am Abend kollidierten ein VW bei Ebersbach sowie ein Ford auf der Bundesstraße 101 mit Wildschweinen. Traurige Bilanz: Alle Vierbeiner starben, während an den betroffenen Fahrzeugen erheblicher Sachschaden im fünfstelligen Bereich entstand. Die beteiligten Fahrer blieben glücklicherweise unverletzt.

„Die Häufung der Unfälle an einem Tag in dieser einen Region ist natürlich bemerkenswert. Aber da es sich um eine waldreiche Gegend handelt und wir wissen, dass wir uns gerade jetzt in der kritischen Phase befinden, ist das durchaus nichts Ungewöhnliches“, sagt Marko Laske. Wie der Sprecher der Polizeidirektion Dresden betont, seien laut Statistik besonders April und Mai jene Monate, in denen ebenso wie im Oktober und November die meisten Unfälle mit Wildtieren zu verzeichnen sind.

Im Zuständigkeitsbereich der Polizeidirektion Dresden mussten im Jahr 2016 allein 327 Zusammenstöße mit Reh, Wildschwein oder anderen tierischen Gesellen registriert werden. Eine Person sei dabei schwer verletzt worden. Und auch 2017 gab es einige Kollisionen. 223 Wildunfälle habe es bis jetzt rund um Großenhain gegeben. „In den nächsten Wochen lauert tatsächlich die eine oder andere Gefahr auf der Straße! Die Autofahrer sollten unbedingt damit rechnen, dass ihnen ein Tier vor das Fahrzeug läuft“, weiß Marko Laske.

Das Geschehen im Landkreis Meißen ist indes absolut nichts Ungewöhnliches. Im Freistaat Sachsen sind beispielsweise laut Wildunfall-Statistik 2015/2016 des Deutschen Jagdverbandes (DJV) 8 340 Wildtiere „durch nicht-jagdliche Einwirkungen“ zu Tode gekommen. Der Großteil davon durch den Straßenverkehr. Deutschlandweit habe es im vergangenen Jahr laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) gar 264 000 Zusammenstöße mit Wildtieren geben. Allerdings: Bei den Zahlen handele es sich aber nur um jene Zusammenstöße, die den Versicherungen gemeldet worden sind. Die Dunkelziffer liege wahrscheinlich mindestens fünfmal so hoch.

Da sich Rehe, Wildschwein und Co entsprechend ihrer Gewohnheiten zu bestimmten Zeiten auf die Pirsch begeben, könne man sich jedoch durchaus auf einen Wildwechsel einstellen. All jene Autofahrer, die ihren Weg zur Arbeit beispielsweise zwischen 5 und 6 Uhr zurücklegen, müssten unbedingt vorausschauend und vorsichtig fahren. Ebenso wie in den Abendstunden zwischen 21 und 22 Uhr passierten hier nämlich die meisten Unfälle.

Das bedeutet praktisch: „Wenn ein Wild zu sehen ist, sollten unbedingt der Fuß vom Gas genommen und das Licht abgeblendet werden. Auch lautes Hupen ist nicht falsch“, rät Marko Laske. Das Geräusch würde das Tier – häufig seien sie zu mehreren unterwegs – am ehesten vertreiben. Ausweichen sollten Autofahrer nur dann, wenn dies auch wirklich gefahrlos möglich ist. So traurig es für das Tier auch sei: Es müsse im Fall der Fälle lieber der Aufprall mit ihm in Kauf genommen werden, als ein lebensgefährlicher Zusammenstoß mit einem Baum oder anderen Fahrzeugen zu provozieren.

Wenn es zur Kollision gekommen ist, sollten Autofahrer aber auch nicht den Helden spielen. Ganz im Gegenteil. Abgesehen davon, dass zunächst die Unfallstelle abgesichert und die Polizei gerufen werden müsse, sollten sich Betroffene nicht dem angefahrenen Tier nähern. „Gerade Wildschweine neigen dazu, selbst unter größten Verletzungen noch anzugreifen“, rät Jörg Köhler, Vorsitzender des Jagdverbandes Großenhain. Besonders vorsichtig sollten Autofahrer nach seiner Erfahrung dieser Tage an unübersichtlichen, kurvenreichen Strecken oder an der Bundesstraße 101 fahren. Auch an der neuen Umgehung der B 98 zwischen Wildenhain und Folbern sowie zwischen Schönfeld und Thiendorf wäre Vorsicht vor Rehen und Wildschweinen durchaus angebracht.