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Vier Jahre Haft für Brandstiftung

Das Landgericht Bautzen hat einen 30-Jährigen verurteilt. Er hatte in einer Firma in Hoyerswerda Feuer gelegt. Er sagt, er hatte zwei Komplizen.

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© dpa

Von Mirko Kolodziej

Hoyerswerda. Zwischen Recht und Gerechtigkeit, zwischen Justiz und Fairness, das ist keine neue Diagnose, besteht ein Unterschied – manchmal ein ziemlich großer. Das Landgericht Bautzen hat am Dienstag in einem zweiten Prozess um die Zerstörung der ehemaligen Molkerei im Hoyerswerdaer Industriegelände Anfang 2014 Recht gesprochen: Wegen schwerer Brandstiftung und Körperverletzung wurde ein 30-Jähriger zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Balkantürke mit bulgarischen Wurzeln hatte gestanden, am 21. Januar 2014 in den Räumen der Imperator-Dönerspieß-Produktion Feuer gelegt zu haben – und zwar als Handlanger seines Chefs, des Imperator-Eigentümers, sowie eines zweiten Helfers. Nach fünf Prozesstagen und der Vernehmung von elf Zeugen hatte Staatsanwalt Matthias Müller nicht den Hauch eines Zweifels an den Angaben des Angeklagten, nämlich, dass er mehr oder minder lediglich ein Handlanger beim Feuerlegen war: „Ich bin überzeugt, dass der Angeklagte nicht allein gehandelt hat.“

Dessen Verteidiger Thomas Baumann wiederholte, was von Anfang an im Raum gestanden hatte: Imperator sei es finanziell schlecht gegangen, der Eigentümer habe sich mithilfe der Versicherungssumme sanieren wollen und habe seinen beiden Angestellten versprochen, ihnen etwas davon abzugeben. Später empfahl ein Versicherungsgutachter, insgesamt 550 000 Euro auszuzahlen. Dem 30-Jährigen sollen zunächst zwischen 3 000 und 5 000 Euro in Aussicht gestellt worden sein.

Der Balkantürke sagt, weil er die Summe aber nicht bekommen habe, habe er im schon völlig zerstörten Imperator-Gebäude ein paar Tage später ein zweites Mal gezündelt, um auf sich aufmerksam zu machen. Danach setzte er sich vor die Tür und wartete seelenruhig auf die Polizei. Die Sparkassenversicherung stoppte daraufhin das Verfahren zur Schadensregulierung.

Vor dem Gesetz steht der 30-jährige Mann nun allerdings faktisch als Alleintäter da. Vielleicht hätte das Gericht unter dem Vorsitz von Richterin Carmen Becker die Umstände ja gern berücksichtigt. Allein waren ihm die Hände gebunden. Denn der Imperator-Eigner und der zweite vermeintliche Helfer waren vor gut einem Jahr in einem separaten Prozess mangels Beweisen rechtskräftig freigesprochen worden. „Mit diesem Freispruch hat es auch sein Bewenden“, erklärte Gerichtssprecher Reinhard Schade. Denn neue Ermittlungen könnte es nur dann geben, wenn entweder die beiden Männer ein Geständnis ablegen würden oder ein neues Beweismittel auftauchte. Die Aussagen des Balkantürken sind kein solches Beweismittel.

Seine Angaben waren seit dem Februar vor drei Jahren bekannt, konnten beim Verfahren im vorigen Jahr bei der Beweisaufnahme aber nicht berücksichtig werden. Denn zu diesem Zeitpunkt war er nicht auffindbar. Nach einer ersten Untersuchungshaft war er im Sommer 2016 wieder freigelassen worden. Schließlich gab es ja auch sein Geständnis. Der vom Gericht mit einem Gutachten beauftragte Psychiater Jörg Kühne (er stellte keine Störungen fest) erklärte, der Mann habe geglaubt, das Verfahren gegen ihn sei beendet: „Er dachte, er ist ein freier Mann.“ Und so dauerte es bis zum Sommer des vorigen Jahres, bis er im bulgarischen Russe auf Basis eines Interpol-Haftbefehls erneut dingfest gemacht wurde, als er dort seinen Pass verlängern lassen wollte. Es könnte nun gut sein, dass er seine Haftstrafe in Bulgarien absitzen muss, denn die Auslieferung war mit der Bedingung einer Rückführung verbunden.

Anwalt Thomas Baumann erklärte allerdings, sein Mandant fürchte die Bedingungen bulgarischer Gefängnisse. Das letzte Wort in der Sache scheint aber noch nicht gesprochen – auch generell nicht. Denn noch ist das Urteil nicht rechtskräftig und es scheint nicht ausgeschlossen, dass sowohl Verteidigung wie auch Staatsanwaltschaft in Revision gehen – für wenigstens ein klein wenig mehr Gerechtigkeit.