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Vielfalt statt Einfalt

Fast vergessene alte Sorten von Nutzpflanzen sind wieder gefragt. Die Anbieter auf dem Naturmarkt in Wartha freut’s.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Wartha. Wenn der Frühling kommt, juckt es allen Kleingärtnern in den Fingern: Die Pflanzen müssen in die Erde! Wo man diese kauft, ist nicht egal. Deswegen zieht es viele Leute alljährlich auf den Naturmarkt im Hof der Biosphärenreservatsverwaltung in Wartha. Auch am Sonnabend war das wieder der Fall. Dank des schönen Wetters strömten die Besucher zu Tausenden auf den Markt, wo weit über 80 Anbieter ihre Waren offerierten. Mit dem Naturmarkt tragen die Organisatoren auch dazu bei, die Artenvielfalt bei den heimischen Nutzpflanzen zu erhalten.

Kathrin Passoni (l.) und Sabine Reuter von der Gärtnerei Wagner aus Görlitz haben alte Tomatensorten im Angebot, unter anderem die Wildtomate, die sehr beliebt ist.
Kathrin Passoni (l.) und Sabine Reuter von der Gärtnerei Wagner aus Görlitz haben alte Tomatensorten im Angebot, unter anderem die Wildtomate, die sehr beliebt ist. © Carmen Schumann
Peter Schostek kultiviert in seiner Gärtnerei in Zittau seltene Kartoffelsorten und bietet Pflanzkartoffeln zum Verkauf an. Besonders gefragt ist die DDR-Sorte Adretta.
Peter Schostek kultiviert in seiner Gärtnerei in Zittau seltene Kartoffelsorten und bietet Pflanzkartoffeln zum Verkauf an. Besonders gefragt ist die DDR-Sorte Adretta. © Carmen Schumann
Klaus Schwarz von der gleichnamigen Baumschule aus Löbau verkauft Apfel-, aber auch Birn- und Kirschbäumchen von alten Sorten, die in der hiesigen Region besonders gut gedeihen.
Klaus Schwarz von der gleichnamigen Baumschule aus Löbau verkauft Apfel-, aber auch Birn- und Kirschbäumchen von alten Sorten, die in der hiesigen Region besonders gut gedeihen. © Carmen Schumann

So hat es sich Klaus Schwarz von der gleichnamigen Baumschule aus Löbau zur Aufgabe gemacht, alte Obstbaumsorten vor dem Vergessen zu bewahren. Er hat 500 Apfelbaumsorten im Angebot. Darunter sind viele, die nicht einmal mehr in der Gen-Bank in Pillnitz vorhanden sind. Gefährdet seien zum Beispiel die Apfelsorten Goldrenette oder Croncells. Deren Früchte wurden früher gern zum Einkochen und für Apfelmus genommen. Doch dies mache heute kaum noch jemand. Dennoch sei die Nachfrage nach den alten Sorten groß und wachse auch weiter. Viele, die sich ein Einfamilienhaus bauen, pflanzen gern ein Apfelbäumchen, weiß Klaus Schwarz aus Erfahrung. Um den heutigen Bedürfnissen entgegenzukommen, züchtet er die sogenannten „Familienbäume“, die mehrere Apfelsorten tragen, sodass man zeitlich gestaffelt ernten kann.

Der Landwirtschaftsbetrieb Löhnert aus Zockau betreibt neben konventioneller Landwirtschaft auch Öko-Landbau, und zwar auf rund 20 Hektar. Verantwortlich dafür ist Eric Löhnert, der Sohn von Heike und Matthias Löhnert. Auf den Öko-Feldern werden die alten Getreidesorten Emmer, Dinkel, Nackthafer und Champagnerroggen angebaut. Ein Teil dieses Getreides wird für den Endverbraucher aufbereitet, das heißt, in kleine Tüten abgefüllt. Wie Heike Löhnert sagt, wachse unter der Kundschaft das Bewusstsein, dass die alten Getreidesorten schmackhafter und bekömmlicher sind. Viele backen deshalb ihr Brot oder ihren Kuchen selbst aus den von Löhnerts produzierten Mehlen. Doch auch die Bäckerei Richter aus Kubschütz und die Brennerei Lindner aus Neukirch nehmen die Ernte von Löhnerts ab und kreieren daraus leckere Backwaren und Branntweine.

Sabine Reuter von der Gärtnerei Wagner aus Görlitz hat unter anderem samenfeste Tomatensorten im Angebot. „Wir sind bio-zertifiziert und dürfen deshalb gar keine Hybriden anbauen“, sagt sie. Dank der samenfesten Sorten können sich die Kunden selbst aus Samen Pflanzen ziehen. Das Interesse an alten Sorten sei von Jahr zu Jahr gewachsen. Der Renner sei die Wildtomate, die man nicht ausgeizen muss. Überhaupt seien Sorten gefragt, die kleine Früchte tragen, weil die nicht so anfällig für die Braunfäule sind. – Peter Schostek baut in seiner Gärtnerei in Zittau auf acht Beeten zu je 100 Metern Länge seltene Kartoffelsorten an, von denen er auch Pflanzkartoffeln auf dem Naturmarkt anbot. Unter anderem kultiviert er die Bamberger Hörnchen, die Rosa Tannenzäpfchen sowie zwei violette Sorten. Am meisten gekauft werde jedoch die alte DDR-Sorte Adretta, weil die perfekt an das hiesige Klima angepasst ist.