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Warum gibt es so viele Lkw-Unfälle auf der A4?

Der Unfall am Dienstag ist nicht der erste mit Todesopfern unter Lkw-Fahrern auf der A 4 in Dresden. Unfallforscher Lars Hannawald kennt die Stelle am Brabschützer Berg.

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© Roland Halkasch

Ein 39-jähriger Pole und ein 51-jähriger Deutscher sind am Dienstagmorgen auf der A 4 am Dreieck Dresden-West in ihren Lkw gestorben. Ein 51-Jähriger erlitt schwere Verletzungen. Der getötete Pole war mit seinem Brummi ungebremst in ein Stauende gerast. Wegen Unachtsamkeit oder einem technischen Defekt, ist noch unklar. Es ist nicht das erste Mal, dass am Brabschützer Berg zwischen der Abfahrt Altstadt und dem Dreieck West Menschen sterben. Zwölf ließen bei Unfällen in den vergangenen zwei Jahren ihr Leben. Professor Lars Hannawald von der Verkehrsunfallforschung Dresden erklärt im SZ-Gespräch, warum an dieser Stelle vor allem Laster in Unfälle verwickelt werden.

Fotos vom Unfallort

Die Bergung der Lkw

Eine der zwei zertrümmerten Zugmaschinen.
Eine der zwei zertrümmerten Zugmaschinen.
Sicherung eines Aufliegers.
Sicherung eines Aufliegers.
Der eingeklemmte Sattelzug.
Der eingeklemmte Sattelzug.
Glimpflich davongekommen.
Glimpflich davongekommen.
Die zerstörte Zugmaschine hängt an den Haken,
Die zerstörte Zugmaschine hängt an den Haken,
Ein Kran wuchtet die Trümmer auf die Abschlepphänger.
Ein Kran wuchtet die Trümmer auf die Abschlepphänger.
Ein Wrack nach dem anderen wird geborgen.
Ein Wrack nach dem anderen wird geborgen.
Die Ladung kann säckeweise geborgen werden.
Die Ladung kann säckeweise geborgen werden.
Ein Gabelstapler hilft bei der Arbeit.
Ein Gabelstapler hilft bei der Arbeit.
Viele engagierte Helfer.
Viele engagierte Helfer.

Herr Hannawald, warum kracht es am Dreieck Dresden-West so oft?

Die A4 ist eine Transitautobahn und sehr stark befahren. Es sind viele Transporter aus osteuropäischen Ländern unterwegs. Wegen der Vielzahl der Lkw ist die Wahrscheinlichkeit einfach höher, dass solche Unfälle passieren. Außerdem wechseln auf einem Autobahndreieck die Fahrzeuge häufiger die Spur, es wird öfter gebremst. Das steigert die Unfallgefahr.

Schwere Unfälle auf der A4

Juli 2014

Elf Menschenleben forderte das Busunglück auf der A4 in der Nacht zum 19. Juli 2014. Am Brabschützer Berg zwischen der Anschlussstelle Dresden-Altstadt und dem Dreieck Dresden-West war ein polnischer Reisebus, der nach Düsseldorf unterwegs war, auf einen Reisebus aus der Ukraine aufgefahren.

Durch die Wucht des Aufpralls schleuderte er über die Autobahn, raste durch die Leitplanke auf die Gegenfahrbahn und stieß mit einem Kleinbus zusammen. Dann stürzte er eine Böschung hinunter. Alle neun Insassen des Kleinbusses und zwei des Reisebusses starben. 67 Menschen wurden verletzt.

Juni 2014

Dresdens langjähriger Feuerwehrsprecher Thomas Mende starb 2014, drei Monate nach einem schweren Unfall auf der A4. Am 4. Juni war er mit einem Kollegen unterwegs nach Chemnitz. Am Brabschützer Berg rammte ein Kleintransporter den Opel Corsa.

Mai 2014

Schwer verletzt wurde ein Mann im Mai 2014, nachdem er mit seinem Renault-Sattelzug nach der Anschlussstelle Altstadt in das Heck eines anderen Lasters krachte. Er musste von der Feuerwehr aus dem Fahrerhaus befreit werden.

Juni 2012

27 Menschen sind am 6. Juni 2012 ebenfalls auf der A4 am Brabschützer Berg verletzt worden. Ein mit Pendlern und Touristen besetzter Bus aus Polen war zwischen der Anschlussstelle Altstadt und dem Dreieck West in das Heck eines Lasters gefahren.

Juni 2008

Zwei schwere Unfälle an einem Tag legten die A4 im Juni 2008 lahm. Zunächst stießen am Brabschützer Berg in Richtung Chemnitz zwei Autos zusammen. Wenig später fuhren auf derselben Höhe zwei polnische Lastwagen aufeinander auf. Ein Mensch wurde verletzt. Der Zusammenstoß war so heftig, dass der aufgefahrene Lastwagen sein Getriebe verlor und die Front völlig zerstört wurde. Bei dem Unfall wurde ein Mensch verletzt.

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Ist der Brabschützer Berg ein Unfallschwerpunkt?

Ich kann nicht sagen, dass die A4 zwischen Dresden-Altstadt und dem Dreieck West besonders unsicher wäre. Am Brabschützer Berg verlieren aber voll beladene Lkw Geschwindigkeit. Das heißt, es wird häufiger überholt durch Autos und leichtere Laster.

Welche Schuld trifft die Brummifahrer? Sind sie zu unvorsichtig?

Eigentlich müssen Lkw einen Sicherheitsabstand von 50 Metern zueinander einhalten. Die Laster müssten also beim Überholen anderer Lkw 50 Meter vor dem Vordermann ausscheren und minutenlang überholen, bevor sie auf die rechte Spur zurückkehren. Das machen sie nicht. Tatsächlich rücken viele dicht zum Vordermann auf und scheren dann aus, um den Überholvorgang zu verkürzen. Kritisch ist dabei schon das dichte Auffahren, vor allem, wenn der Vordermann bremsen muss. Ich glaube, vielen Lkw-Fahrern ist gar nicht bewusst, wie gefährlich das ist.

Kann der Brabschützer Berg überhaupt sicherer gemacht werden?

Viele fordern eine zusätzliche Spur. Das ergibt aber überhaupt keinen Sinn. Das größte Problem an Autobahnkreuzen sind die häufigen Spurwechsel. Diese würde man durch einen zusätzlichen Fahrstreifen nur erhöhen. Auch die Geschwindigkeit ist bei Lkw nicht das Problem. Am Dreieck fahren sie mit 80–90 km/h. Das wahrscheinlich wirksamste Mittel wären mehr Abstandsmessungen. Die Fahrer wissen, dass sie ihren Führerschein riskieren, wenn sie kontrolliert werden.

Welche Rolle spielt die Baustelle bei dem schweren Unfall am Dienstag? Hätten die Fahrspuren besser in der Nacht markiert werden sollen?

Viele Lkw-Fahrer legen nachts ohnehin eine Pause an den Raststätten ein und sind gar nicht unterwegs. Davon abgesehen wird die Autobahn nicht automatisch sicherer, wenn Bauarbeiten in die Nacht verlegt werden. Es ist richtig, dass weniger Fahrzeuge unterwegs sind. Allerdings sind die Fahrer dann auch unaufmerksamer. Hinzu kommt, dass für Mäharbeiten Tageslicht gebraucht wird.

Die Fragen stellte Sandro Rahrisch.