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Viele verwahrloste Schafe

Lothar R. will auch in seinem zweiten Prozess nicht einsehen, dass er seine Herde massiv vernachlässigt hat. Er spricht von „natürlicher Auslese“ und uneinsichtigen Ärzten.

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Von Alexander Schneider

Er spricht von „natürlicher Auslese“ und uneinsichtigen Ärzten in den Veterinärämtern, denen er noch zeigen werde, „wo es langgeht“ – doch mit seinen langen Reden bestätigt Lothar R. (61) aus Sadisdorf bei Schmiedeberg nur, was ihm die Anklage vorwirft: Dass er seine Schafherde und eine Ziege massiv vernachlässigt hatte.

Bereits in zweiter Instanz kämpft der Freizeit-Schäfer am Freitag vor dem Landgericht Dresden gegen die Vorwürfe. Er betreibe eine „ganzjährige Freitierhaltung“, was die Veterinärämter nicht anerkennen würden. Bei dieser Haltung sei es normal, dass die Tiere nicht wie in der Mast im Saft stünden. Ein totes Schaf? Natürliche Auslese: „Es war blind und krank.“

Die Zeugen von mehreren Veterinärämtern sehen das anders. Seit 2006 gebe es Streit mit dem uneinsichtigen Schäfer, bei dem ungewöhnlich viele tote Tiere zu beklagen seien. Schafe sind Wiederkäuer und brauchten daher regelmäßigen Nachschub an Heu. Ohne das Raufutter könnten sie keine Wärme erzeugen, was jedoch bei der Haltung im Freien besonders wichtig sei.

Laut Anklage hatten 19 Schafe und eine Ziege auf einer Dresdner Weide keinen Unterstand, kein Wasser und kein Futter – kleine Kamerun-Schafe standen Anfang Dezember 2010 bis zur Brust im Schnee. Einen Monat später wurden sieben Ostfriesische Milchschafe auf einer Weide bei Sadisdorf sichergestellt. Ein Tier war tot und hatte Plastik im Magen, die anderen waren stark unterernährt. Dort gab es einen Unterstand, aber weder Futter noch Wasser.

„Ein Tier in Dresden hat an Alufolie geknabbert, was belegt, dass es erheblich gelitten haben muss“, sagte der Vorsitzende Richter Murat Gorial in seiner Urteilsbegründung. Auch das tote Schaf und die abgemagerten Artgenossen in Sadisdorf hätten tagelang gelitten. Bei dem toten Tier sei sogar das Herzkranzfett aufgezehrt gewesen – ein untrügliches Zeichen einer lang anhaltenden Hungerphase. Lothar R. habe die Pflege seiner Tiere aufgegeben und hingenommen, dass sie „kurz vor dem Verrecken“ waren, so Gorial. Er verurteilte den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 850 Euro. Außerdem darf R. für drei Jahre keine Klauentiere mehr halten.