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Viele Fragen zum neuen Asylheim

Vertreter des Landkreises Bautzen erläutern die Pläne vor Anwohnern. Das Interesse ist groß.

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© Uwe Soeder

Von Stefan Schramm

Vertreter des Landratsamtes Bautzen nannten jetzt einige Details zum geplanten Asylbewerberheim an der Bautzener Fabrikstraße. Bei einem teils hitzigen Anwohnertreffen am Freitagabend sprachen sie vor rund 100 Interessierten. Sie folgten damit der Einladung einer Bürgerinitiative, die Aufklärung rund um das Vorhaben fordert.

Auf dem Gelände der abgerissenen Konsum-Bäckerei an der Bautzener Fabrikstraße will der Landkreis spätestens ab Dezember Flüchtlinge unterbringen. Dafür sollen Wohncontainer errichtet werden. Anwohner haben auf Transparente geschrieben, was sie von diesem
Auf dem Gelände der abgerissenen Konsum-Bäckerei an der Bautzener Fabrikstraße will der Landkreis spätestens ab Dezember Flüchtlinge unterbringen. Dafür sollen Wohncontainer errichtet werden. Anwohner haben auf Transparente geschrieben, was sie von diesem © Uwe Soeder

Wie viele und welche Asylbewerber kommen nach Bautzen?

Von den in Sachsen ankommenden Asylbewerbern müssen 7,65 Prozent im Landkreis Bautzen untergebracht werden. Das bedeutet: „Wir müssen noch in diesem Jahr über 450 zusätzliche Asylbewerber unterbringen“, sagte René Burk, Leiter des unter anderem für Asylangelegenheiten zuständigen Kreisordnungsamtes. Unter den vielen Menschen, die noch unterzubringen seien, sind seinen Angaben zufolge viele alleinstehende junge Männer und wenige Familien. Deshalb appellierte Bautzens Oberbürgermeister Christian Schramm (CDU) ans Landratsamt: „Sie sollten versuchen, den Anteil der Familien möglichst hochzuhalten.“ Anwohner fordern zudem, Angehörige verfeindeter Nationen nicht gemeinsam in einem Objekt unterzubringen, um das Konfliktpotenzial zu senken.

Warum sollen die Asylbewerber an der Fabrikstraße untergebracht werden?

Das Grundstück stellte die Stadt dem Landkreis kostenlos zur Verfügung. Und eine Alternative gebe es nicht. „Wir haben keine anderen Immobilien“, sagte René Burk. Die Immobilien, die von seiner Behörde auf Möglichkeiten zur Unterbringung von Asylbewerbern geprüft wurden, seien in der Regel Schrott oder der Eigentümer erteile kein Einverständnis für diese Nutzung. „Allein an der Fabrikstraße 190 Asylbewerber unterzubringen, ist ein Unding. Das wird definitiv nicht stattfinden“, schimpfte Frank Großmann, der Sprecher der Bürgerinitiative. Er übergab Bautzens OB eine Liste mit 3 000 Unterschriften gegen das Projekt.

Die von den Anwohnern geforderte dezentrale Unterbringung, verteilt auf viele kleine Standorte, bedeute René Burk zufolge einen höheren Aufwand bei der Betreuung und den Kosten. Langjährige Anwohner der Fabrikstraße hatten unter anderem kritisiert, dass der Landkreis ihre Belange gegenüber jenen der neu hinzukommenden Asylbewerber stark vernachlässige. So sehen einige den Wert ihrer Grundstücke schwinden. Außerdem gebe es im unmittelbaren Umfeld einen Kindergarten und eine Behindertenwerkstatt, mit deren Interessen ein Asylbewerberheim kollidieren könne, befürchten Anwohner.

Wann soll das neue Heim eröffnet werden?

Spätestens am 1. Dezember 2014 sollen die ersten Flüchtlinge einziehen. Derzeit läuft die Ausschreibung. Wann die Container angeliefert werden und wann genau der Bau startet, wisse er nicht, sagt René Burk.

Was kostet die Unterbringung der Flüchtlinge an der Fabrikstraße?

Konkrete Zahlen nannte René Burk nicht, versicherte aber: „Nicht der billigste Anbieter bekommt den Zuschlag, sondern der beste.“ Die Anwohner hatten sich darüber beschwert, dass dem Landratsamt die Finanzen offenbar wichtiger seien als die Meinung der Bürger.

Gibt es für das Heim schon ein Sicherheitskonzept?

Nein. Konzepte zu baulichen oder sozialen Dingen sowie zur Sicherheit innerhalb und außerhalb des Heims könnten nach Auskunft von René Burk erst dann erarbeitet werden, wenn ein Betreiber feststeht. Das sei erst nach der Ausschreibung der Fall. Während der künftige Betreiber für die Sicherheit im Heim zuständig ist, ist die Sicherheit außerhalb Sache der Polizei. Der Bautzener CDU-Landtagsabgeordnete Marko Schiemann will im Lauf dieser Woche ein Treffen mit der Polizeiführung zum Thema Sicherheit organisieren, an dem auch Vertreter der Anwohner teilnehmen sollen.

OB Schramm regt die Schaffung eines Bürgerbeirates an. Dieser könnte ein Ansprechpartner für die Stadt sein, falls es rund um den geplanten Asylheim-Standort zu Problemen kommt.

Warum wurden die Anwohner erst jetzt offiziell informiert?

Im Landratsamt war man ursprünglich davon ausgegangen, dass die 400 Plätze im Kamenzer Heim ausreichen. Infolge des Anstiegs der Asylbewerberzahlen habe die Behörde seit 2012 nach neuen Möglichkeiten der Unterbringung gesucht. Rund 150 Objekte kreisweit seien vorgeschlagen, 90 davon untersucht worden, hieß es auf der Versammlung. Dabei seien stets grundlegende baurechtliche und finanzielle Dinge auszuloten. „Wir hätten also 150 derartige Informationsveranstaltungen durchführen müssen. Deshalb machen wir das erst nach der Planung“, erläutert René Burk.

Anwohner kritisieren den Zeitpunkt kurz vorm Baubeginn als viel zu spät. „Hätten wir uns nicht um Auskunft bemüht, wäre bis jetzt gar nichts passiert“, sagt Frank Großmann. „Ein großer Teil der Bürger wurde vorab per Brief informiert“, kontert Geert Runge, Dezernent im Landratsamt. Bewohner der Wilthener Straße entgegneten dem wiederum, keinen Brief erhalten zu haben, obwohl sie in der Nachbarschaft des künftigen Heims wohnen.

Wer wird für die verfahrene Asyldebatte verantwortlich gemacht?

Aus Sicht der Bürger sind am Freitag viele Fragen nicht zufriedenstellend beantwortet worden. Initiativensprecher Frank Großmann kritisierte außerdem Landrat Michael Harig (CDU), der ihm versprochen habe, zu dem Anwohnertreffen zu kommen. „Jetzt ist er im Urlaub. Ich habe das Gefühl, dass wir dem Landrat völlig egal sind“, sagte Frank Großmann. Auch Oberbürgermeister Christian Schramm bemängelte, dass nicht zumindest ein Beigeordneter bei der Versammlung anwesend war.