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Viel Ärger um die Mieterhöhung

Ein renitenter Rentner hat versucht, seinen Vermieter zu erpressen. Ein klarer Fall von Selbstjustiz.

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© dpa (Symbolfoto)

Von Alexander Schneider

Nein, dieser Bericht ist kein Plädoyer für die Sorgen geldgieriger Vermieter. Auch Mieter müssen Mehrkosten akzeptieren, im Rahmen natürlich. Wer seine Mieterhöhung anfechten will, hat viele Möglichkeiten. Tipps im Internet oder von Mietervereinen, Hilfe vom Anwalt und – wenn es sich nicht vermeiden lässt – eine Klage vor Gericht. Ein 69-jähriger Rentner aus Hellerau hatte die denkbar schlechteste aller Strategien gewählt: Selbstjustiz.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Mann versuchte Nötigung vor. Laut Anklage hat er im Mai 2015 damit gedroht, die Frau des Vermieters anzuzeigen, sollte der Hauseigentümer nicht von seiner Mieterhöhung absehen. Die Frau kassiere – angeblich – Leistungen für eine Pflegestufe, die ihr gar nicht zustehe. Der 69-Jährige schrieb wörtlich von einem „unverfrorenem Verhalten“ seiner Vermieter, die sehr beflissen darin seien, an Geld zu kommen. Das Schreiben steckte er in den Briefkasten. Dafür wurde der Rentner per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 900 Euro verdonnert. Der Mann legte Einspruch dagegen ein und saß am Dienstag vor Strafrichterin Annegret Lissel.

Geständnis in letzter Sekunde

Der 69-Jährige sagte, Ende März 2015 hätten die Vermieter noch mit ihm den Geburtstag seiner Frau gefeiert – „und am 1. April lag die Mieterhöhung im Briefkasten“. Er sagte, er habe keine andere Möglichkeit gesehen, sich zur Wehr zu setzen, weil die Vermieter ihm aus dem Weg gegangen seien. „Für mich ist das keine Nötigung in dem Sinne“, sagte er, sichtlich ungehalten. „Die sind vor mir geflüchtet.“ Er habe dem Paar extra sechs Monate Bedenkzeit gelassen, ehe er sie anzeigen wolle. Es sei eine „Wahrheit“, dass die Frau eine Pflegestufe von der Krankenkasse „ergaunert“ habe, sagte er. Richterin Lissel hob die Hände, als der Mann nun auch noch ein Foto herauszog, um diese „Wahrheit“ zu „beweisen“. Es zeigte wohl die Vermieter-Gattin ohne Gehhilfe im Vorgarten. Lissel: „Dieses Foto will ich nicht sehen.“ Sie machte dem Rentner klar, dass er wegen seiner eigenen Straftat vor ihr sitze.

Die bedrohte Vermietergattin sagte als Zeugin, der Angeklagte habe eine Warm-Miete von 500 Euro für gut 70 Quadratmeter gehabt, jedoch nur 450 Euro gezahlt. Nach zwei Jahren habe ihr Mann die Warmmiete auf 600 Euro erhöht, angepasst an den Mietspiegel. Seitdem ist die Freundschaft im Haus passé. Sie werde beschimpft, man treffe sich regelmäßig vor Gerichten. Siebenmal schon.

Klare Worte sagte Staatsanwältin Liane Pospischil zum Angeklagten: Es sei mies, gemeinsam mit den Vermietern zu feiern, „gut Freund zu machen“ und deren angebliche Straftaten zu billigen – aber wenn es Probleme gibt, sie zu erpressen. Dem uneinsichtigen Rentner drohte nun eine höhere Strafe. Erst während des Plädoyers der Staatsanwältin bemerkte der Mann offenbar, dass er aufgrund seiner geringen Rente mit einer niedrigeren Summe rechnen kann. Zuvor hatte er, noch voller Zorn, ein solches Angebot ausgeschlagen. Nun flötete er plötzlich zuvorkommend, aber wenig glaubwürdig, er sehe ein, einen Fehler gemacht zu haben. Richterin Lissel verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 600 Euro.