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Verzicht auf Amazon

Online-Händler bieten vieles. Doch kann man noch ohne sie auskommen? Eine SZ-Redakteurin hat’s probiert.

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© Kristin Richter

Von Nicole Preuß

Kamenz. Ich gebe es zu. Ich kaufe gern mal online ein. Keine Lebensmittel, Schuhe oder Kleidung. Aber ab und zu mal ein Geschenk, ein Buch oder Kindersachen. Doch im neuen Jahr sollte für Recherchezwecke alles anders werden. Ich will im ganzen Januar kein einziges Mal online bestellen, sondern nur in der Stadt einkaufen. Und das ist gar nicht mal so einfach.

Denn so wie ich machen es viele. Jeder zehnte Euro wird inzwischen im Online-Handel ausgegeben. Geschäfts-Inhaber klagen gerade in den kleineren Städten über die Konkurrenz aus dem Internet. Denn die lockt nicht nur die Kunden, sondern drückt bei einigen Angeboten auch ein Stück weit die Preise. Denn wer nur ein Lager hat, muss natürlich auch kein Personal bezahlen, dass den ganzen Tag über im Laden steht und das spart oft Geld.

Der Geschäftsführer Standortpolitik der Industrie- und Handelskammer Dresden, Lars Fiehler, beschäftigt sich seit Langem mit den Tendenzen im Einzelhandel. Er hält nichts davon, den stationären Einzelhandel und den Online-Handel gegeneinander auszuspielen. „Denn letztlich haben beide Verkaufswege ihre Berechtigung und sind nicht ohne Grund entstanden.“

Beratung vor Ort überzeugt

Die erste Herausforderung sind Geschenke. Mein Schwager hat Geburtstag. Normalerweise würde ich jetzt wahrscheinlich ins Netz schauen und nach einem langen Arbeitstag stundenlang nach dem Passenden suchen. Aber nein, ich habe mir etwas vorgenommen. Die Schwägerin feiert ebenfalls ihren Ehrentag. Zwei Geschenke, zwei Probleme. Denn bevor man in die Läden geht, sollte man sich Gedanken machen. Der Wocheneinkauf bringt beim Schwager die Lösung. Der junge Familienvater bekommt ein Kinopaket für Zuhause mit aktuellen DVDs, Popcorn, Schnuller fürs Kind und Co. Der Schwägerin will ich ein Ideenbuch für Einrichtung schenken. Der Kamenzer Buchladen auf der Bautzner Straße hat nicht das Passende da – aber er kann es auf Nachfrage bestellen. Das dauert nur einen Tag. Und die Beratung der netten Verkäuferin gibt’s obendrauf. Das neugeborene Baby von Bekannten bekommt eine extragenähte Hose und ein Halstuch des Kamenzer Kinderladens Ellenlang. Das hat bestimmt nicht jeder und ist noch etwas aus der Region. Gut.

Die Herausforderung sind aber Dinge, die man nicht variieren kann. Die rote Kinderstrumpfhose zum Beispiel. Mein großer Sohn ist bei der Vogelhochzeit der Storch. Der braucht natürlich eine rote Strumpfhose und möglichst keine, auf der Herzchen und Sternchen zu sehen sind. Die Billig-Läden der Stadt Kamenz haben keine Lösung. Da werde ich nur entgeistert angeschaut. Was ich denn will, eine rote Strumpfhose zur Vogelhochzeit? Nee. Eine Leggins vielleicht? Auch nicht.

EC-Kartenzahlung teilweise ein Problem

Ich bin schon fast an meinem Laptop, da kommt mir noch eine Idee. Der Kinderladen am Klostertor hat immer ein schön dekoriertes Schaufenster. Und die Beratung ist auch topp, wie ich bald merke. Eine rote Strumpfhose gibt es natürlich. Auch eine, die ein Junge tragen kann. Federn, Pappe und Kleber gibt’s im Schreibwarenladen an der Bautzner Straße. Nur schade, dass man in einigen Läden nur ab einer bestimmten Höhe mit EC-Karte zahlen kann. Für neue Bettdecken muss ich auch nicht weit fahren. Das dänische Bettenlager hat eine Auswahl.

Zwischendurch muss ich ein paarmal Anlauf nehmen, um eine Absperrsicherung für die Treppe, die ich schon im Dezember bestellt hatte, wieder zurück zu schicken. Da lob ich mir doch den einfachen Gang in den Laden. Mein Fazit: In Zukunft werde ich wohl nicht mehr so konsequent auf die Bestellung im Internet verzichten. Aber ich werde noch mehr in die Geschäfte der Innenstadt gehen. Denn das spart oft Nerven – und sogar Zeit.