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Verwirrung um die Todesnachricht

Im Fall der lange als vermisst geglaubten Gabriele Rolle aus Nünchritz stellen sich viele Fragen.

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Von Jens Ostrowski

Nünchritz. Fassungslosigkeit herrschte gestern auf der Facebookseite der SZ Riesa über die Geschichte der 61-jährigen Gabriele Rolle, die drei Wochen lang als vermisst galt, weil ihrer Familie nicht mitgeteilt wurde, dass sie nach einem Zusammenbruch in der Leipziger Innenstadt am 28. März ins Krankenhaus eingeliefert wurde und dort verstarb.

Die Stadt Leipzig weist die Verantwortung eindeutig dem Uniklinikum Leipzig zu: „Bei einem Todesfall ist das Klinikum zuständig, den Sterbefall den bekannten Angehörigen oder der Stadt Leipzig bekanntzumachen.“

Krankenhaus-Sprecherin Helena Reinhardt hatte der SZ gestern zwar versichert, dass noch am Todestag ein Schreiben an den Ehemann versendet worden sei. Das ist aber offenbar nie angekommen. Und auch die Polizei wurde über Behördenwege nicht informiert. Ein Datenabgleich von vermissten Personen mit den Einwohnermeldeämtern ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht so einfach möglich. Deshalb fahndete die Polizeidirektion Dresden auch noch drei Wochen nach deren Tod nach der 61-jährigen Nünchritzerin.

Ehemann Karl-Heinz Rolle ist fassungslos über den Fall. Er fordert von den Beteiligten sofortige Aufklärung. „Denn Sie können sich nicht vorstellen, was einem in diesen drei Wochen alles durch den Kopf gegangen ist. Welche Szenarien man sich ausmalt, was mit dem Partner geschehen sein könnte. Das war eine sagenhaft grausame Erfahrung. Ich möchte wissen, wer dafür verantwortlich ist“, sagte er der Sächsischen Zeitung.

Der Totenschein ist aber wie erwartet der Stadt Leipzig zugegangen. „Am 31. März lag die Anzeige beim Standesamt vor. Es ist jedoch für die Beurkundung von Sterbefällen zuständig, nicht für die Information der Angehörigen“, betont Stadtsprecher David Quosdorf. Weil sich aber nach über zwei Wochen kein Angehöriger bei der Stadt gemeldet habe, um den Nachlass abzuholen, sei schließlich das Ordnungsamt eingeschaltet worden. „Das passiert im Normalfall dann, wenn es keine Angehörigen mehr gibt. Es übernimmt dann die Funktion einer ermittelnden Behörde“, sagt Quosdorf.

Beurkundung steht noch aus

Über die Klinik habe das Amt schließlich die Adresse von Karl-Heinz Rolle erfahren und ihn angeschrieben. So erfuhr der Ehemann erst drei Wochen danach vom Tode seiner Frau, die er als vermisst gemeldet hatte.

Auch das zuständige Meldeamt in Nünchritz hatte von dem Tod nichts erfahren. Die Behörden verständigen sich erst, wenn die Beurkundung des Todes stattgefunden habe, das gehe aber nur mithilfe des Bestatters, der wiederum von der Familie beauftragt werden müsse.

Am Ende bleiben nur zwei Erklärungsansätze. Entweder hat das Klinikum – was es allerdings bestreitet – versäumt, die Angehörigen zu benachrichtigen. Oder aber der Brief ist auf dem Postweg verloren gegangen. Ob Karl-Heinz Rolle jemals Klarheit erhält, muss zu diesem Zeitpunkt offenbleiben.