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Verteidiger der Mauer

Mit der Rechtfertigung des Mauerbaus stößt Fritz Streletz auf Protest. Nun wird der frühere NVA-Generaloberst 90.

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© dpa

Von Jutta Schütz, Berlin

Noch immer hält er Kontakt zu den alten Genossen. Fritz Streletz, einst Vize-Verteidigungsminister der DDR, werde Ende Oktober bei einem Treffen mit früheren Grenzsoldaten ein Referat halten, sagt Verleger Frank Schumann. „Streletz ist sehr vital und unverändert politisch aktiv.“ Am Mittwoch wird der einstige Generaloberst 90 Jahre alt. Interviews will er nicht geben. Er überlässt Schumann das Wort, der auch sein Buch „Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben“ herausgegeben hat.

Erst kürzlich sei der damalige Stellvertreter von DDR-Verteidigungsminister Heinz Keßler in China bei der dortigen Kommunistischen Partei zu Gast gewesen, berichtet Schumann. Der 64-Jährige verantwortet in der Berliner Eulenspiegel-Verlagsgruppe die edition ost. Und jedes Jahr fliege Streletz auch nach Kuba. Bis zu ihrem Tod habe er von dort aus auch Margot Honecker in Chile besucht.

Streletz, der im brandenburgischen Strausberg lebt, hatte 2011 zusammen mit seinem einstigen Chef Keßler das Buch präsentiert, in dem der Bau der Mauer als notwendig und richtig dargestellt wird. Keßler ist mittlerweile 96 Jahre alt und lebt in einer Pflegeeinrichtung in Berlin. Nach Ansicht der beiden DDR-Spitzenmilitärs hätten sich ohne die Mauer die Konflikte zwischen den Militärbündnissen in Ost und West weiter zugespitzt. „Die Arbeiter und alle Werktätigen der DDR atmeten nach dem 13. August 1961 erleichtert auf, weil dem Treiben der Bonner Menschenhändler und Revanchepolitiker ein schnelles Ende bereitet wurde“, schrieben sie.

Bei der Buchvorstellung zum 50. Jahrestag des Mauerbaus hatte es Proteste von SED-Opfern gegeben. Streletz sagte damals, DDR-Soldaten hätten auf „Grenzverletzer“ nur als „absolute Ausnahme“ geschossen. Die Zahl der Mauertoten werde aufgebauscht. Streletz sprach von unverminderter Hetze, Verleumdung und Kriminalisierung der Grenztruppen.

Streletz war nach der Wiedervereinigung zu fünfeinhalb Jahren Haft wegen Totschlags von DDR-Flüchtlingen verurteilt worden. Er musste aber nur einen Teil im Gefängnis verbüßen. Streletz sah sich als unschuldig, einen Schießbefehl an der Mauer leugnete er. (dpa)