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Verstümmelte Bäume sorgen für Frust

Die Linden in einem Sebnitzer Wohngebiet stehen plötzlich ohne Äste da. Der Vermieter verfolgt damit ein Ziel.

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© privat

Von Dirk Schulze

Sebnitz. Ein Baum besteht aus Stamm, Wurzel und Krone – so lernt es jedes Kind spätestens im Grundschulalter. In Sebnitz könnten Lehrer bei diesem Thema demnächst in Erklärungsnot geraten. Dort gibt es seit Kurzem Bäume, die ganz ohne eine Krone auskommen müssen. Im Wohngebiet an der Ringstraße hat der Säger zugeschlagen. Im gesamten Karree stehen rund 15 Bäume gänzlich ohne Äste da, nur die kahlen Stämme ragen gen Himmel.

Für Anwohnerin Ina Hoffmann ist das ein mehr als trauriger Anblick. „Ich nenne so was Vandalismus“, schreibt sie in einem Leserbrief an die Sächsische Zeitung. Dem, der das getan habe, müsse der Sinn für alles Schöne abhanden gekommen sein. Wenn sie diesen Kahlschlag sehe, blute ihr das Herz. Mitsamt den Ästen seien auch die Vögel verschwunden, die vorher noch in Bäumen saßen, erklärt Ina Hoffmann: „Und dies in einem Wohngebiet, es ist eine Schande.“

Der Mann mit der Säge heißt in diesem Fall Reinhard Dienel und betreibt einen Hausmeisterservice in der Stadt. Er hat eine Erklärung für den radikalen Beschnitt. Seine Firma hat die Linden im Auftrag der privaten Hausverwaltung gestutzt, einer in Dresden ansässigen Immobiliengesellschaft, welche die in den 1990er-Jahren errichteten Mehrfamilienhäuser mitsamt den Grundstücken und damit auch allem, was darauf wächst, betreut. Schon im Sommer wurden die Linden zuletzt stark verschnitten. Damals gab es ein Schreiben aus dem Rathaus, dass die Äste der Linden zu weit über die Fahrbahn ragten. „Die Müllautos sind schon dran hängengeblieben“, sagt Reinhard Dienel. Das vorgeschriebene Lichtraumprofil musste freigesägt werden.

Danach habe sich die Hausverwaltung dazu entschlossen, die verbliebenen Äste ganz abschneiden zu lassen. Das ist nun passiert. „Die Linden sollen so wachsen, wie man es von Kopfweiden kennt“, erklärt Hausmeister Dienel. Also ein dicker Stamm, aus dem dünne Äste sprießen. Die frischen Zweige würden schon bald austreiben. Der Vorteil dieser Methode sei, dass die Bäume dann in Zukunft nicht so oft verschnitten werden müssten. Zudem wären die Linden zuvor so dicht gewesen, dass die Lichtausbeute beeinträchtigt war. Gerade die Bewohner der unteren Etagen hätten tagsüber kaum noch genügend Sonnenlicht in ihren Wohnungen gehabt.