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Verspielter Werkzeugmechaniker

Einem Lehrling hat das Fräsen, Schleifen und Bohren so viel Spaß gemacht, dass er eine gewagte Idee realisiert hat.

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© Frank Baldauf

Von Maik Brückner

Glashütte. Die Idee kam Sergej Lobachov beim Schachspiel mit einer Kollegin. Als er einen Bauern in der Hand hielt, fragte er sich, wie dieser aus Metall aussehen würde.

Diese Frage ließ den jungen Ukrainer, der 2014 eine Lehre als Werkzeugmechaniker bei der Manufaktur Glashütte Original begann, nicht mehr los. Lobachov weihte seine Ausbilder ein. Er bot ihnen an, in einem Projekt ein Schachspiel aus Metall zu fertigen. Ausbilder Volker Struppe nahm das Angebot an. Sergej Lobachov begann, aus Stahl und Bronze Bauern, Läufer, Türme, Damen und Könige zu fertigen. Die meiste Arbeit machten die Pferde. „Hier war viel Handarbeit notwendig“, erzählt der junge Mann. Schließlich sollten auch seine Schachpferde einen Schweif bekommen. In den Bauch baute er ein Uhrwerk ein. Damit wollte er seine Verbundenheit mit dem Uhrmacherhandwerk zu zeigen. Schließlich ließ er sich in einer der bekanntesten Uhrfirmen ausbilden. Die Uhrwerke hat er aber nicht selbst gebaut. „Die haben mir meine Ausbilder zur Verfügung gestellt.“ Auch seine Türme hatten ausreichend Fläche. Hier ist es dem jungen Mann gelungen, kleine Uhren einzubauen.

Eigentlich wollte Sergej Lobachov sein Projekt mit dem Ende der Lehre im Februar 2016 abschließen. Ausbilder Volker Struppe hatte da von Anfang seine Zweifel. Und er sollte recht behalten. Als der Werkzeugmechaniker sein Facharbeiterzeugnis erhielt, war das Schachspiel längst noch nicht fertig. Sergej Lobachov entmutigte das nicht, er baute weiter. „Wir haben ihn weiter unterstützt, er konnte alle Maschinen nutzen, die er brauchte“, sagt Struppe. Gearbeitet habe der Mann aber selbst, nur zwei Freunde halfen ihm, unter anderem beim Konstruieren. Ausbilder Struppe lobt die Ausdauer seines Lehrlings, der selbstständig und verlässlich arbeitete.

In diesem Monat wurde nun auch das Schachbrett fertig. Damit konnte der junge Ukrainer, der früher in Glashütte und Schlottwitz wohnte und jetzt Dresdner ist, sein Meisterwerk abschließen. Für den 31-Jährigen war das auch die Bestätigung, den richtigen Beruf gefunden zu haben.

Denn zunächst ließ er sich zum Außenhandelskaufmann ausbilden. Nach der Lehre merkte er, dass die Büroarbeit nicht das Richtige ist. „Mir fehlte das Handwerkliche“, sagt er. Das spürte auch seine Mutter. Die rief ihn eines Tages an und berichtete ihm, dass sie einem Artikel über die Manufaktur Glashütte Original gelesen hatte. Uhrmacher – das wäre doch was, sagte sie. Sergej Lobachov fand die Idee gut. „Als Kind habe ich Modelle gebaut.“ Sergej Lobachov machte sich auf. Bei einem Tag der offenen Tür schaute er sich alles genau an. Die Uhrmacherei fand er zwar spannend, doch auch ein wenig abschreckend. Solche kleinen Teile wollte er nicht herstellen und montieren. Als er wenig später die Arbeitsplätze der Werkzeugmechaniker sah, ging ihm das Herz auf. „Hier arbeiten die Jungs für das Gröbere“, hört er.

Und genau das sprach ihn an. 2014 begann er seine Ausbildung, die er 2016 erfolgreich abschließen konnte. Inzwischen arbeitet er in diesem Beruf in der Manufaktur.

Leider könne man diesen Beruf auch in vielen anderen Firmen erlernen, sagt Ausbilder Volker Struppe. Deshalb falle es der firmeneignen Uhrmacherschule Alfred Helwig nicht so leicht, jedes Jahr alle vier Ausbildungsplätze zu besetzten. 2015 blieb einer frei, in diesem Jahr zwei. Das könnte sich jetzt ändern. Denn Ausbildungsleiter Dirk Hass möchte zur nächsten großen Ausbildungsstätte, der Karrierestart in Dresden, das Schachspiel von Sergej Lobachov mitnehmen. „Hier lässt sich gut erklären, was die Werkzeugmechaniker bei uns lernen können“, sagt er. Drehen, Fräsen, Sägen, Bohren und Schleifen. Und weil die Teile und Werkzeuge, die in der Uhrenmontage benötigt werden, vergleichsweise klein sind, brauche man auch „Feingefühl“. Sergej Lobachov hat gezeigt, dass er das hat. Bis zum großen Auftritt in Dresden steht sein Meisterwerk in einer Vitrine im Eingang der Uhrmacherschule.